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Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood

Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood

Titel: Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood
Autoren: Dennis Bauers , Johnson Carl
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Jungs eine solche Tat nicht lange geheim halten konnte. Eine Woche später hatte mein alter Herr Besuch vom Huntington Beach Police Department. Die Zeit bis dahin war für mich die Hölle. Ich kam mir vor wie ein Kaninchen, dass zitternd vor der Schlange sitzt und nur darauf wartet, dass die Schlange zupackt. Mein Dad hatte den Vorfall zwar mitbekommen und mich dazu auch befragt, aber ich war schon damals ein guter Schauspieler und so glaubte er mir, dass ich mit der ganzen Sache nichts zu tun hätte. Schnell widmete sich Dad wieder der Sauferei und Mister Ward war für ihn vergessen. Als dann die Cops vor unserer Tür standen, konfrontierten sie ihn mit den Zeugenaussagen der anderen Eltern. In seinem völlig besoffenen Zustand musste er zunächst kotzen und fiel dann der Länge nach besinnungslos auf den Boden. Am nächsten Tag stand danndie Jugendfürsorge in unserem Wohnwagen und nahm mich mit. Dad hat von all dem nichts mitbekommen, er schlief noch seinen Rausch aus. Es sollte nicht das letzte mal gewesen sein, dass ich meinen leiblichen Vater gesehen habe, und die Gedanken an ihn als Alkoholiker, der sein und mein Leben nicht im Griff hatte, verflogen schnell. Für mich blieb er immer der Mann, der alles für seine Familie tat, mich in den Arm nahm, wenn ich traurig war und der eine falsche Schlange zur Frau genommen hatte.
    Nachdem ich einige Tage in der Obhut der Fürsorge verbracht hatte, eröffneten die Beamten mir, dass ich von nun an bei Pflegeeltern in Costa Mesa leben würde. Meine neuen Eltern waren Alfred und Elise Shepherd, Deutsche, die nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA gekommen waren und hier eine Bäckerei betrieben. Sie waren ganz in Ordnung, aber mehr auch nicht. Ich meine, ich war acht Jahre alt und sollte plötzlich zu wildfremden Menschen „Mum“ und „Dad“ sagen? Scheiße, das konnten die vergessen. Naja, jedenfalls verlief mein Leben jetzt wieder in geordneten Bahnen. Meine Ziehmutter Elise war die Person, mit der ich den meisten Kontakt hatte. Mister Shepherd arbeitete nachts in der Bäckerei, kam morgens, wenn ich zur Schule ging nach Hause, sagte „Hallo“ und das war alles, was ich bis zum nächsten Morgen von ihm sah. Der Mann hatte keine Vorbildfunktion für einen Jungen in meinem Alter. An den Wochenenden bekam ich ihn etwas länger zu Gesicht, aber irgendwie wurde ich nicht warm mit ihm. Ständig erzählte er mir Gesichten aus Deutschland, von der Flucht vor den Russen und von der harten Zeit, die er hier in Amerika gehabt hatte. Ganz ehrlich, sollte mich das beeindrucken? Nein, geistig hatte ich diesen Typen schon abgehakt. Irgendwann schien das auch bei ihm angekommen zu sein und unser Verhältnis kühlte sich deutlich ab.
    Das Verhältnis zu Elise war war auch nicht grade liebevoll, aber immerhin etwas, was man als herzlich bezeichnen konnte. Ich glaube, Mister Shepherd hat das gestört. Als ich zehn oder elf Jahre alt war, hatte sich die Stimmung im Hause meiner Zieheltern deutlich verschlechtert. Alfred beschuldigte seine Frau immer wieder, mich viel zu lasch zu erziehen und gab ihr die Schuld, wenn es Ärger in der Schule oder mit den Nachbarskindern gab. Ich habe sie in den Jahren, die ich bei ihnen verbrachte nicht einmal küssen oder sich umarmen sehen, sie gingen nie Arm in Arm oder Hand in Hand. Ich lernte schnell, das alles auszunutzen. Wenn ich etwas haben wollte und es von Mister Shepherd nicht bekam, fragte ich Elise am nächsten Tag hinter seinem Rücken danach. Von ihr sollte ich es bekommen. Als Gegenleistung dafür gab ich ihr das Gefühl zurück, sie als Mutter zu lieben. Keines dieser Gefühle von mir war jemals echt. Aber wer kann es mir verdenken? Ich war ein Kind, verstehen Sie? Es gehörte zu meinem Lernprozess, zu meinem Weg des Erwachsenwerdens.
    In meiner Nachbarschaft gab es nicht viele gleichaltrige Kinder und mit den wenigen, denen ich über den Weg lief, gab es oft Raufereien. Ich lernte, auf mich selbst aufzupassen, nahm den Ärger hin, der auf mich zukam und lernte dabei, meine Gefühle auszuschalten. Durch manche Dinge muss man einfach durch, auch als Kind. In der Schule lief es nicht besonders, vor allem Mathe machte mir Schwierigkeiten. Kurz und bündig, ich konnte mich in meiner neuen Umgebung nicht wirklich gut anpassen, gab mir aber auch nur wenig Mühe.
    Mit 11 Jahren brach ich in das Haus eines Nachbarn ein und klaute Knaller und Feuerwerkskörper. Das war mein zweiter Kontakt mit der Polizei. Ein Richter ordnete an, dass ich den
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