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Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood

Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood

Titel: Alice Baker: Mein Leben in der Aryan Brotherhood
Autoren: Dennis Bauers , Johnson Carl
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erinnern sich vielleicht: Pritsche und Oberlicht, von einer Toilette war nicht die Rede.
    Nun ja, der Samstag, an dem man mich nach Newport Beach gebracht hatte, war nach dem kurzen Eingangsgespräch mit dem Psychologen und einer Einweisung in das System schnell vorüber. Am Sonntag hatte ich genügend Zeit, mich mit meinen Leidensgenossen bekannt zu machen. Nach dem Frühstück warf ich einen Blick in den Gemeinschaftsraum. Als ich in der Tür stand und mich umsah, hatte ich alle Aufmerksamkeit für mich. Alle 50 Jungs unterbrachen ihre Beschäftigung und starrtenmich an. Ein älterer Junge, der etwa doppelt so groß war wie ich, sprach mich an.
    „Hey Neuer, welche Schuhgröße hast du?“ fragte er mich.
    „Keine Ahnung, man!“ war meine Antwort.
    Sein Name war Bobby Rice und ich sollte ihn einigen Jahren wieder treffen. Doch dazu später.
    Höflich fragte er mich, ob er mal einen Schuh anprobieren könne.
    Sie ahnen sicher, was jetzt kommt, aber damals war ich einfach zu blöd und zu unsicher. Ich öffnete meinen linken Schuh und kickte ihn zu Bobby rüber. Nachdem er ihn anprobiert hatte, schaute er mich prüfend an und fragte „Meinst du, ich könnte den anderen auch mal anprobieren?“ Also zog ich auch den rechten aus und drückte ihm den Schuh in die Hand. Bobby schlüpfte hinein, schnürte ihn zu und ging zurück an den Billardtisch um weiterzuspielen. Erst als alle anderen anfingen zu lachen, merkte ich, dass Bobby mich abgezogen hatte.
    Vertun Sie sich nicht, im Jugendheim geht es zu wie im Knast, keinen Deut besser. Und ich hatte grade meine erste Lektion gelernt.
    Als ich noch ein Kind war, etwa vier Jahre alt, wartete ich jeden Abend auf die Rückkehr meines Vaters. Wenn er von der Arbeit nach Hause kam, stand ich schon in unserem Trailer, hatte meinen Cowboyhut auf, die kleinen Stiefel an und meine Spielzeugpistolen bereit. Als er die Tür öffnete, drückte ich ihm eine meiner Waffen in die Hand und er rief dann „Zieh“. Sicherlich können Sie sich vorstellen, dass mein alter Herr mich jedes mal schlug und die Waffe eher gezogen hatte als ich. Aber was mich wirklich beeindruckt hatte, war die Tatsache, dass er mich jeden verfickten Tag dazu brachte, nach diesem Ritual die Hände zu heben undmich zur Wand zu drehen. Dann „schoss“ er mir in den Rücken. Eines Tages fragte ich ihn „Dad, warum muss ich immer die Hände heben und mich umdrehen? du erschießt mich doch sowieso.“ Er grinste mich an und sagte „Ja, aber vielleicht werde ich das morgen nicht tun“. Er hat es immer getan. Tag für Tag musste ich die Hände heben und mich umdrehen, worauf er mich dann mit der Spielzeugwaffe erschoss. Es gab keinen einzigen Tag, an dem er mich verschont hätte.
    Ich habe lange drüber nachgedacht, was er mir damit sagen wollte und ich glaube, ich habe seine Botschaft verstanden. Anstatt auf ihn zu warten und ihm die Waffe zu überreichen, hätte ich mich hinter der Tür oder der Couch verstecken sollen und dann sofort, wenn er reinkam auf ihn schießen sollen. Ich hätte ihm nicht die Knarre und nicht die Gelegenheit geben sollen. Ich glaube, Dad wollte mir etwas beibringen. Im Leben kannst du nach den Regeln der anderen spielen oder nach deinen eigenen. Wenn du die Regeln der anderen befolgst, wirst du verlieren, denn es sind ihre Regeln, nicht deine. Das mag sich jetzt vielleicht merkwürdig anhören, aber ich glaube, mein alter Herr hatte Recht.
    Ich schnappte mir einen Billardstock und rannte auf Bobby zu. Der versuchte noch auszuweichen, aber es gelang ihm nicht. Ich schlug ihm den Stock mit voller Wucht in seine Fettfresse, so dass er in zwei Teile splitterte. Blut spritzte aus einer Platzwunde und Bobby lag auf dem Boden. Ich wollte mit dem abgebrochenen Ende weiter auf ihn einprügeln, als mir der Queue von hinten aus der Hand gerissen wurde. Eine Ohrfeige traf mich am so hart, dass auch ich zu Boden ging. Es war eine der Wachen, die mich überwältigt hatte. Die nächsten sieben Tage sollte ich nach meiner zehnstündigen Schicht auf den Feldern noch vierzusätzliche Stunden als Strafe abarbeiten - barfuß, genauso, wie mich die Wache vorgefunden hatte. Abends sperrte man mich in den Kuhstall, wo ich zum Gestank meiner eigenen Pisse einschlafen musste. Es sah so aus, als ob man mich direkt von der besten Seite kennengelernt hatte, oder?
    Nach einer Woche durfte ich zurück in mein Zimmer in Gebäude B. Als ich die Treppen hinauf lief, kam mir Bobby entgegen.
    „Hier sind deine Schuhe,
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