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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
Autoren: Ann Benson
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»Nein.«
    »Dort unten ist ein Stück von mir.«
    »Das weiß ich. Und dort sollte es auch bleiben, bitte. Du hast überall auf der Welt Spuren hinterlassen. Keine physischen, natürlich«, ergänzte sie, »aber ideelle. Du hast genau an der Stelle weitergemacht, an der Alejandro Canches aufgehört hatte, und hast dich an Probleme gewagt, vor denen alle anderen zurückgeschreckt waren, du hast neue Techniken und neue Verfahren entwickelt … MedGlobe leistet fantastische Arbeit, und es ist dein geistiges Kind. Und durch dich auch seines. Lass es damit genug sein.«
    Sie senkte die Stimme und fügte noch ein Letztes hinzu.
    »Das wäre ein besseres Ende.«
    Alex Thomas Macalester stand reglos an der Stelle, an der mehr als dreißig Jahre zuvor seine »Mutter« Janie Elizabeth Crowe das kleine Stück kontaminierten Stoffes ausgegraben hatte, das beinahe eine Pestepidemie in London hervorgerufen hätte. Das Hemd, von dem es stammte, war dort zur Zeit
des Schwarzen Todes vergraben worden, und zwar von ebenjenem Mann, dessen Genmaterial dazu gedient hatte, ihm das Leben zu schenken.
    Damit hatte sich der Kreis geschlossen.
    »Lass uns nach Hause gehen«, sagte er.

37
    August 1394

    Sir Geoffrey Chaucer brachte sein Pferd mit einem leisen »Arrête!« zum Stehen, da das Tier an französische Befehle gewöhnt war, anders als sein Lieblingspferd zu Hause in England. Es blieb auf dem schattigen Pfad stehen, der einige Meilen östlich der Stadt Nantes am nördlichen Ufer der Loire entlangführte. In der Hand hielt Chaucer ein zerknittertes Pergament mit dem Gedicht, das ihn hierhergeführt hatte, geschrieben von einer Hand, die er selbst nach so vielen Jahren sofort wiedererkannt hatte.
    Eine Dame, schon alt und mit grauem Haar,
Die denkt oft an längst vergangene Jahr’;
Ob der Freund, der ihr damals zu Hilfe geeilt,
Wohl noch immer auf dieser Erde weilt.
Viel wär’ zu berichten von Leid und Lust,
Denkt sie, und ein Seufzer entfieht ihrer Brust.
Kann sie ihn, der ihr einst die Freiheit geschenkt,
bitten, dass er seine Schritte zu den verschlungenen Eichen
lenkt?
Doch nein, sie selbst darf sie ja nicht wiedersehen,
Aus Furcht, es könnt’ ihr dort schlecht ergehen.
Soldaten, dem neuen König ergeben,
Könnten ihr trachten nach Leib und Leben,
Wie einst, als Hunde sie jagten durchs halbe Land,

Bis sie ihren Verfolgern schließlich entschwand.
Doch dem Freund gewährt sie bei sich ein Stelldichein,
Sollte er ihrem Wunsche gewogen sein.
Nach Osten vom Chateau de Rais drei Meilen,
Wo sie so manchen Tag wird verweilen.
    Neben ihm floss friedlich der Fluss dahin, und die Stille des Waldes wurde nur vom Gesang der Vögel unterbrochen. In Gedanken versunken, vernahm er die Hufschläge eines sich nähernden Pferdes erst, als es schon beinahe bei ihm angelangt war. Als er sich schließlich nach dem Geräusch umdrehte, erblickte er eine Gestalt, die eine Kapuze trug und sehr aufrecht im Sattel einer grau gescheckten Stute saß.
    Er lenkte sein Pferd zu dem Reiter und blieb neben ihm stehen.
    Der Reiter nahm die Kapuze ab und lächelte.
    Bei ihrem Anblick verschlug es ihm schier die Sprache. »Madam … Karle.«
    Sie nickte anmutig. »So heiße ich noch immer, Sir Geoffrey.«
    Das brachte ihn zum Lachen. »Ich hätte nicht gedacht, dass meine Ritterwürde sich so weit herumspricht.«
    »Alle Neuigkeiten sprechen sich herum, wenn man ihnen nur Zeit lässt«, erwiderte Kate.
    Er betrachtete sie. Obwohl ihr Haar mittlerweile von grauen Strähnen durchzogen war, zeigte es noch immer etwas von dem goldenen Schimmer, an den er sich aus der Jugendzeit erinnerte. Auf ihrem Gesicht waren Falten zu sehen, aber weniger, als er erwartet hätte. Ihre Wangen waren noch rund und ihre Lippen voll, und ihre blauen Augen funkelten wie eh und je, das war selbst im Dämmerlicht des Waldes zu erkennen.
    »Ah, Madam, Ihr raubt mir den Atem, denn Ihr seid noch immer so schön wie früher. Aber das sollte mich wohl nicht überraschen.«
    »Reines Glück«, erwiderte sie lächelnd, auch wenn ihre
Wangen sich dabei mit einer leichten Röte überzogen. »Die Zeit meinte es gut mit mir. Mein Vater brachte mir bei, wie man sich seine Gesundheit bewahrt, und ich habe seine Anweisungen stets gehorsam befolgt. Selbst jetzt noch, da er nicht mehr ist.«
    »Oh, wie traurig«, sagte Chaucer. »Ich wagte nicht zu fragen …«
    »Letztes Jahr, er starb am Schlagfluss.«
    »Das bedaure ich sehr. Er war ein bemerkenswerter Mann.«
    Sie lächelte erneut
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