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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
Autoren: Ann Benson
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würden weggehobelt; zu seiner großen Enttäuschung war das Holz noch nicht verfault genug, um die eisernen Stacheln freizugeben. Bald, das wußte er, würden sie verrostet und leicht zu entfernen sein; doch leider konnte er sich den Luxus, darauf zu warten, daß die Natur seine Arbeit vollendete, nicht leisten.
    Zusammen übten sie heftigen Druck auf den Griff der Schaufel aus, und der Deckel öffnete sich mit einem lauten Krachen. Sie packten ihn und zogen ihn mit aller Kraft hoch, während sie mühsam auf dem freigelegten Rand der Kiste balancierten und vor Anstrengung ächzten und keuchten. Alejandros Schultern und Arme waren vor Erschöpfung fast nicht mehr zu gebrauchen, aber er würde jetzt nicht aufgeben, wo der Erfolg so nahe war und die Zeit so schnell verging.
    Mit einer letzten mächtigen Kraftanstrengung rissen sie den Deckel ab und legten ihn auf den festen Grund neben dem offenen Grab. Auf einer Seite der Kiste kauernd, während Erde neben seinen Füßen herunterrieselte, beugte Alejandro sich vor, so weit er konnte, packte den Leichnam unter den Schultern und hievte ihn hoch. Der Junge zog nun einen langen Streifen grob gewebtes Tuch unter dem Rücken durch und auf der anderen Seite wieder heraus. Sie vollführten dasselbe unter den Knien und kletterten dann zum Rand des Loches zurück. Alejandro packte die Enden eines Tuchstreifens, der Junge die des anderen; ächzend und fluchend zogen sie, bis der Leichnam endlich hochkam. Sobald er den Rand des Loches erreicht hatte, schoben sie ihn zur Seite und legten ihn auf unberührten Boden.
    Keuchend vor Anstrengung, lehnte Alejandro sich einen Moment zurück, um wieder zu Atem zu kommen. Als er wieder sprechen konnte, tätschelte er den schmutzigen Leichnam mit so etwas wie Zuneigung und sagte: »So, Señor Alderon, mein verstorbener Freund, sehen wir uns also wieder. Ich habe mich auf dieses Zusammentreffen gefreut.« Er beugte sein Gesicht dicht über den Kopf der Leiche und flüsterte: »Und bevor ich Euch wieder in die Erde lege, das schwöre ich Euch bei den Knochen meiner eigenen Vorfahren, werde ich wissen, was Euch getötet hat.«
    Er hatte diesen Mann gekannt und in seiner qualvollen tödlichen Krankheit mit einem Mangel an Erfolg behandelt, der ihn bitter schmerzte. Carlos Alderon war Schmied in Alejandros Heimatstadt Cevere in der spanischen Provinz Aragon gewesen, ein tüchtiger Mann, der genau die Schaufel geschmiedet hatte, mit der jetzt sein Sarg wieder geöffnet wurde; höchstwahrscheinlich hatte er auch den Hammer und die Nägel hergestellt, mit denen er verschlossen worden war.
    Alejandro erinnerte sich an den einst massigen Mann, der vor seiner Krankheit stark und gesund gewesen war, eine Gnade, die der Arzt für Gottes Belohnung für ein anständiges Leben mit ehrlicher Arbeit hielt. Obwohl sie vor Carlos’ Krankheit nur selten miteinander in Berührung gekommen waren, hatte Alejandro von ferne die Art bewundert, wie Carlos seiner hart arbeitenden bäuerlichen Familie in Cervere liebevoll Bequemlichkeit und Wohlstand verschafft und ihr so ermöglicht hatte, sich weit über ihre bescheidenen Anfänge zu erheben. Er hatte seine Tochter gut verheiratet, und in der Schmiede gab es reichlich Arbeit für die Söhne; die Ehefrau war ansehnlich rund geworden und hatte das cholerische Temperament angenommen, das ihrer gehobenen sozialen Stellung entsprach.
    Als der hingebungsvolle Familienvater begann, Blut zu husten, war er daher um sich selbst nicht sonderlich besorgt. Schließlich, so hatte er Alejandro einmal gesagt, war Gott gut zu ihm gewesen, und er hatte keinen Grund zu der Annahme, sein Glück werde nicht von Dauer sein. Doch nach den üblichen vierzehn Krankheitstagen hatte sein Husten nicht abgenommen, und das Sputum wurde mit jedem Tag blutiger. Seine Frau behandelte ihn mit Kräuteraufgüssen und Eukalyptustee, doch der Erfolg war nur vorübergehend. Widerstrebend ging Carlos zum örtlichen Bader, der nach kurzer Untersuchung des Auswurfs weise genug war, Carlos zu sagen, diese Krankheit liege außerhalb seiner begrenzten Erfahrung.
    Noch immer neben dem geschrumpften Leichnam keuchend, erinnerte Alejandro sich an den Tag, an dem der große Mann an seiner Tür erschien, den Hut in der Hand, und um Behandlung seiner erschreckenden Symptome bat. Carlos war sichtlich nervös gewesen, da er nicht wußte, wie man sich in einer solchen Situation richtig verhielt. Es war jüdischen Ärzten verboten, Christen zu behandeln, und obwohl man
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