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Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel

Titel: Alejandro Canches 01 - Die siebte Geissel
Autoren: Ann Benson
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mit den Juden in der Stadt Cervere nicht sonderlich wohlwollend verfuhr, duldete man sie immerhin ohne unbillige Bosheit. Alejandros wohlhabende und erfolgreiche Familie war innerhalb der jüdischen Gemeinde sehr angesehen, was zu vorteilhaften Heiraten seiner jüngeren Schwestern geführt hatte (ihm selbst allerdings war es gelungen, sich dem Zugriff des Ehevermittlers zu entziehen). Er zögerte, ihre Stellung zu gefährden, indem er sich auf eine verbotene Handlung einließ.
    Und so war Alejandro verständlicherweise auf der Hut vor seinem neuen Patienten, als dieser an seiner Tür erschien. Er hatte noch nie einen Christen behandelt oder auch nur berührt, außer auf der Medizinschule in Montpellier, und selbst damals hatte er nie einen anständigen Christen angerührt, nur Sträflinge und Huren, die keine andere Wahl hatten, als stillzuhalten. Wenn der lokale Klerus davon Wind bekam, würde seine Familie in schrecklichen Schwierigkeiten stecken. Er war ein überaus tüchtiger Arzt, aber viel zu mitfühlend und jugendlich unwissend, was die Folgen seines Verhaltens betraf; es fehlte ihm die harte Weisheit, Carlos Alderon einfach wegzuschicken. Törichterweise hieß er ihn willkommen und beschloß, dem großgewachsenen Mann nach Kräften zu helfen.
    Er probierte jede bekannte Behandlungsmethode für Lungenkrankheiten aus, darunter Aderlaß, Abführmittel, Einläufe und feuchte Dämpfe, aber nichts wirkte. Er hatte ein Pergament zusammengerollt und ein Ende der Röhre auf die Brust des Mannes gestützt, wie man es ihn gelehrt hatte, und dann am anderen Ende gelauscht. Was er hörte, war schrecklich verwirrend für ihn, denn einer von Alderons Lungenflügeln hörte sich sauber an, während die Luft in dem anderen zu gurgeln und zu wimmern schien. Alejandro begann zu argwöhnen, daß einer der Lungenflügel etwas enthielt, was der andere nicht enthielt, doch er hätte seinen Verdacht nur bestätigen können, indem er in die Brust des Mannes schaute. Wenn ich doch nur in ihn hineinsehen könnte, hatte er damals enttäuscht gedacht. Hilflos mußte er zusehen, wie Carlos’ Körper gebrechlich wurde und sein Lebensmut schwand; als der einstige Riese schließlich starb, hatte er das Aussehen eines zusammengeschrumpften Ledersacks voll geknickter und gebrochener Zweige.
    Während er und sein Lehrling den Leichnam jetzt auf ihren Karren luden, schien er noch immer schwer, und Alejandro fragte sich, ob sie das wohl auch geschafft hätten, wenn der Mann ohne vorherigen Verfall an irgendeiner Verletzung gestorben wäre. Sie bedeckten die Leiche mit frischem Heu und legten die Schaufel und ein paar andere Werkzeuge daneben. Dann zogen sie ihre Kapuzen so weit herunter, daß ihre Gesichter teilweise verborgen waren und hofften, wie Bauern auszusehen, die früh auf dem Weg zu einem Markt durch die Stadt zogen.
    Sie waren beide erhitzt und schmutzig und erbärmlich ängstlich, erwischt zu werden, und der gefährliche Rückweg zu Alejandros Praxis würde auf den holperigen Wegen fast eine Stunde in Anspruch nehmen. Trotzdem weinte der Junge bitterlich wegen der Wunde in seiner Hand, die jetzt schmerzhaft pochte; sein Jammern und Klagen hatte die unerwünschte Wirkung, den ohnehin störrischen Maulesel noch weiter zu reizen. Alejandro zog unter dem Sitz eine Flasche starken Rotwein hervor und wies den Jungen an, kräftig davon zu trinken, da er wußte, daß die betäubende Wirkung des Weins vergangen sein würde, bevor sie den Leichnam erneut bewegen mußten. Der Junge wehrte sich nicht, sondern schüttete den Wein in sich hinein, als sei er aqua vitae, das Wasser des Lebens, und der letzte, den er jemals trinken würde. Danach kamen sie ungestörter voran, je nachdem, wie gut das schwindende Mondlicht ihren Weg erhellte. Der nervöse Maulesel scheute, weil er ohne Laterne durch die Dunkelheit trotten sollte, und der Arzt dachte unterwegs viele Male, er selbst hätte den Karren schneller ziehen können.
    Kurz vor der Morgendämmerung langten sie endlich in dem Stall neben Alejandros Haus an und schlossen die schweren Türen hinter sich zu. Sie hinterließen ihre gräßliche Fracht sicher im Stall versteckt und nahmen im Licht einer Laterne den dunklen Durchgang ins Haus. Jeder Schritt erinnerte schmerzhaft an die Anstrengungen der Nacht, doch der Arzt hatte nun einmal versprochen, sich die Wunde des Jungen anzusehen, sobald sie sicher in seiner Praxis waren, und seine eigenen Beschwerden würden ihn nicht daran hindern.
    Er hielt
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