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Alba und Albion

Alba und Albion

Titel: Alba und Albion
Autoren: Petra Fentross
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fleischige Hand legte sich warm auf meine Stirn.
    „Nein, Fieber hast du nicht. Aber vielleicht hast du“, sie sah mich mich herausfordernd mit ihren großen braunen Kulleraugen an, „ Liebeskummer?“
    Ich verdrehte die Augen. „Jetzt reicht’s aber! Ich bin nicht krank und ich habe auch keinen Liebeskummer! Wegen wem denn?“
    Ich wusste, wen sie damit meinte. Einen der jungen Männer, die häufig bei uns vorsprachen. Stephen Miller zum Beispiel.
    Wir kannten uns seit einer Ewigkeit und so mancher Unfug lastete auf unser beider Schultern. Doch Liebe? Nein, so was war nicht im Spiel. Jedenfalls nicht von meiner Seite.
    Immer noch vor mich hin grummelnd, stand ich nun doch auf, in der Hoffnung, dass Mary es nicht hörte.
    „Das hellgrüne Kleid passt mir nicht mehr. Dafür bin ich schon viel zu groß!“ Genervt zog ich die Unterröcke an.
    „Nein, nein. Das passt noch! Zieh’ es über und benimm’ dich nicht wie ein störrisches Kleinkind!“
    Sie rauschte an mir vorbei, griff sich das besagte Kleidungsstück und begann, es mir über den Kopf zu ziehen.
    „So, nun noch die Haare frisieren und du siehst wieder richtig süß aus“, schnurrte sie mir ins Ohr und hatte bereits die Haarbürste geschnappt.
    „Ich will nicht süß aussehen, sondern hübsch und erwachsen.“
    Bockig lehnte ich mich zurück, während Mary versuchte, eine anständige, meinem Alter gerechte Frisur auf meinen Kopf zu zaubern. Sie seufzte erneut und wechselte auch gleich das Thema, als zwei grüne, sehr gefährlich funkelnde Augen sie im Spiegel fixierten.
    „Dein Vater ist vor einer Stunde zu den neuen Bewohnern gefahren, um ihnen seine Aufwartung zu machen und er meinte, vielleicht wäre es gut, wenn du mit deiner Schwester auch gleich nachkommen würdest … So, deine Haare sind fertig und du siehst ausgesprochen hübsch damit aus. Zufrieden?“
    Mary grinste mich breit über das Spiegelbild an und ich verzog mein Gesicht, als ich mich im Spiegel betrachtete, aber nun durfte ich wirklich nicht mehr zu trödeln.
    „Wie heißen die neuen Nachbarn? Sie sollen mit Doreens Verlobten bekannt sein“, sagte ich, während ich mir die Schuhe anzog. Nach einigem Nachdenken hellte sich Marys Gesicht auf und sagte: „Ich glaube Templeton oder so ähnlich. Aber da frag‘ mal besser deine Mutter. So, nun aber los!“ Sie drückte mir noch einen Kuss auf die Stirn und schob mich sanft die Tür hinaus.
     
    Bereits in der großen Eingangshalle konnte ich die Stimmen meiner Mutter und meiner Schwester hören. Leise öffnete ich die Türe zum Salon. Es duftete herrlich nach frischem Bisquit, Schinken und heißem Tee, dass mir das Wasser im Mund zusammen lief und durch die geöffneten Fenster drang der fröhliche Gesang der Vögel herein.
    „Guten Morgen, Mamma.“
    Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange und setzte mich dann zu ihrer Rechten an der schmalen Seite des langen Esstisches.
    „Und guten Morgen, du Gans! Dein Geschnatter kann man bis zum Buckingham Palace hören.“
    Meine Schwester, die mir nun gegenüber saß, funkelte mich an. Sie öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, aber ein ermahnender Blick von Mamma ließ uns beide erröten und ich senkte beschämt den Kopf.
    „Susanna! Nun ärgere deine Schwester nicht ständig!“
    Kopfschüttelnd setzte sie ihr Frühstück fort.
    „Mamma“, rief Darleen, „nur weil sie jünger ist, lässt du ihr ständig alles durchgehen. Sie kann sich doch nicht so aufführen. Wann lernt sie endlich, wie man sich in ihrer Position zu benehmen hat! Wer weiß, was ihr für Unsinn an meiner Hochzeit einfällt. Sie ist manchmal so peinlich!“
    Mit einem Ruck und einem noch mehr entsetzteren Gesicht setzte sie sich kerzengerade hin und starrte meine Mutter entrüstet an. Doch dafür erntete sie nur einen genervten Blick. Interessiert wartete ich auf die Antwort.
    „Sie ist eben noch ein kleines wildes Ding!“ Liebevoll strich sie mir über die Haare und hielt mein Kinn in ihrer Hand.
    „Und wenn es darauf ankommt, dann kann sie sich auch benehmen.” Sie nippte an ihrem Tee, während mich ihre Augen anlächelten. „Nicht wahr, meine Kleine?“
    Mit einem leisen Klirren setzte sie ihre Tasse wieder ab.
    „Ja, Mamma.“ Verlegen und mit Unschuldsmiene begann ich mit meinem Frühstück.
    Meine Mutter Catherine Taylor war eine wirklich schöne und elegante Frau in mittleren Jahren, mit einem äußerst guten Geschmack, was Kleidung und Auftreten betraf. Stets traf sie die richtige Wahl und das leicht
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