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Alba und Albion

Alba und Albion

Titel: Alba und Albion
Autoren: Petra Fentross
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hörte. Wenn er jemanden nicht mochte, so konnte er mit Doreens vollster Unterstützung rechnen.
    „Wenn du ihn erst kennengelernt hast, weißt du, was ich meine. Er ist hässlich wie die Nacht, und einfach nicht zu ertragen.“ Sie hob unbehaglich die Schultern und holte tief Luft. „Außerdem hat er etwas Schmieriges und Aufdringliches an sich. Aber wie gesagt, auch er ist sehr einflussreich und es ist besser, ihn sich zum Freund statt zum Feind zu machen. Er hat einige Jahre bei den Offizieren in Norwich gedient, wo er sehr viele Auszeichnungen für seinen Mut erhalten hat. Das hat ihn auch ein größeres Anwesen als Anerkennung eingebracht, das er vom hiesigen Duke of Gutteridge erhalten hat.“
    Sie zwinkerte in die Sonne und beschattete schnell wieder ihr Gesicht mit dem Schirm. „Doch das wirst du alles noch selber hören, wenn du ihm begegnest. Am Liebsten hört er sich nämlich selbst reden.“
    Und so kutschierten wir in leichtem Geplapper weiter und erreichten schließlich das Anwesen der Templetons.
    Sofort liefen zwei Bedienstete heraus, als wir vor dem Entre anhielten, um Doreen und mir aus der Kutsche zu helfen.
    „Bitte sagen Sie Lady Templeton, Miss Doreen Taylor und Miss Susanna Taylor sind angekommen.“
    Ein älterer, bezopfter Butler in tadelloser Kleidung verbeugte sich vor uns, ohne seine gleichmütige Miene zu verziehen.
    „Sehr wohl, die Damen. Wenn Sie mir nun in den Salon folgen wollen.“ Er machte eine ausladende Geste, kombiniert mit einer tiefen Verbeugung und bat uns ins Haus.
    Schweigend geleitete er uns über die riesige Empfangshalle, in der unsere Schritte dumpf an den Wänden widerhallten.
    Das Zentrum des Hauses schien die riesige, gewundene Marmortreppe zu sein, die von zwei Seiten in die oberen Etagen führte. Von der Decke, die sich über die ganzen Stockwerke ausdehnte, hing ein Kronleuchter von ungeheuerem Ausmaß mit zahllosen Kristallen, während an den Wänden dutzende Portraits und Landschaftsbilder in wuchtigen vergoldeten Holzrahmen hingen. Hier und da konnte ich noch Kisten und Truhen an der Wand sehen, die anscheinend noch nicht ausgepackt waren, während einige Mägde geschäftig umher liefen.
    „Ich werde der Herrin sofort sagen, dass Sie eingetroffen sind. Wenn Sie in der Zwischenzeit im roten Salon Platz nehmen möchten -“ und öffnete lautlos eine wuchtige Tür. Mit einer erneuten Verbeugung trat er zurück.
    „Wo ist Sir Taylor?“, fragte Doreen den Butler im Vorübergehen. „Unser Vater“, erklärte sie ihm mit wohlwollendem Blick.
    Er starrte sie erst einmal an, dann hellte sich seine Miene auf, erleichtert darüber, eine Antwort auf diese Frage geben zu können.
    „Ihr Herr Vater befindet sich, soweit ich informiert bin, zusammen mit Lord Templeton auf den angrenzenden Waldstücken - östlich von Daronhall“, verbeugte sich noch mal und verschwand. Ich verkniff mir ein Lachen, als ich Doreens Blick sah, die seinen Abgang anscheinend zu hastig und als nicht sehr höflich empfand.
    Langsam ging ich in dem Raum hin und her, bestaunte dieses und jenes. Es war ein anheimelnder Raum. Ich konnte das Bienenwachs und das gelöschte Kaminfeuer riechen und schwaches Licht drang durch die schweren blutroten Samtportieren ins Zimmer. Vorsichtig nahmen wir nebeneinander auf einem der Sofas Platz.
    „Ist Lord Templeton mal im Orient gewesen?“
    Doreen sah mich von der Seite an, unschlüssig, ob diese Frage bereits eine Zurechtweisung rechtfertigte.
    „Ja. Soviel ich weiß, hat der Lord - ich meine jetzt den Hausherrn und nicht Lord Peter - bereits mehrmals geschäftlich in Indien zu tun gehabt. Und da wird er sicherlich das eine oder andere Möbelstück mitgebracht haben.“
    Der Lord Senior besaß einige Frachtschiffe, die regelmäßig die Route von England nach Westindien fuhren und seltene Kostbarkeiten mitbrachten. Vor allem auf dem Tee- und Seidenhandel begründete sich der Reichtum, der stetig mehr zu werden schien. Und der Luxus, den die Besucher hier zu sehen bekamen, würde nun bald auch Doreen zustehen. Diese Aussicht schien ihr sehr gut zu gefallen.
    Mir wurde allerdings etwas schwindelig, als ich alles betrachtete. Seidene Teppiche mit bunten Vögeln verziert, Gobelins an den Wänden, die biblische und orientalisch anmutende Szenen abbildeten. Weisse Vasen, in wunderschönem Indigo bemalt, bei denen ich nie gewagt hätte, sie auch nur zu berühren. Farblich komplettiert wurde der Raum durch elegante Möbel auf winzigen Holzfüßchen.
    Vor uns
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