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Koestlbachers erster Fall

Koestlbachers erster Fall

Titel: Koestlbachers erster Fall
Autoren: Paul Fenzl
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Vernehmung
    Kapitel 1

     
    Vorstellen hat sich das ja damals
bestimmt keiner können, dass in einem 4**** Hotel wie dem ›Ratisbona‹ in Regensburg so etwas passieren könnte, schon gar
nicht der Albert.
    In den Toiletten des ›Ratisbona‹ , da ist dem Albert der
Marmor zum ersten Mal bewusst aufgefallen, mit dem dort jeder cm² gefliest
ist. Nicht dass du jetzt glaubst, im ›Ratisbona‹ ist es was besonderes, dass sie dort quasi Marmortoiletten haben. Wenn du
in so einem 4**** Nobelhotel absteigst, dann darfst du den Marmor in den
Toiletten als Standard erwarten, nicht nur in der Lobby und auf allen Gängen.
Nur auf den Gängen achtest du nicht drauf, weil da gehst du einfach durch, wenn
du auf dein Zimmer willst. Wände und Fußboden uninteressant. Wichtig
Beleuchtung, damit du findest, wonach du suchst. Hast ja schließlich ein
Zimmer gebucht und keine Gänge. Meine Edeltraud hätte da vielleicht
eher einen Blick dafür, weil die immer schon Marmorblick. Aber der Albert
ist ja auch nicht die Edeltraud. Es ist nicht einmal sicher, ob der Albert die
Edeltraud überhaupt kennt.
    So hat es der Albert auch nicht in
der Lobby oder auf den Gängen zum ersten Mal gesehen, sondern erst, als er auf
einer Toilette gesessen hat und gewartet hat, dass sich ein Erfolg seiner
Sitzung einstellt. Zuerst hat es ja nur wie ein Chinese ausgesehen, der ihn aus
der Marmorfliese an der Wand gegenüber dem Klopapierabroller angeschaut hat,
aber wie er dann noch eine Weile so hingestiert hat und dann auch noch
benachbarte Fliesen in sein Blickfeld geraten sind, da wurden es immer
mehr Gesichter. Chinesen oder Nichtchinesen, das konnte der Albert nicht
so hundertprozentig sicher sagen. Für ihn waren es einfach ›Steingeister‹ . An sie dachte er, als er
später dämlicherweise zu Protokoll gab, dass er nicht alleine auf der Toilette
gewesen war. Je länger die Sitzung dauerte, je mehr ›Steingeister‹ gab der Marmor frei. Und die Sitzung dauerte
sehr lange, weil der Albert vor lauter Suchen nach weiteren ›Steingeistern‹ gar nicht mehr
konzentriert bei der eigentlichen Sache war und zuletzt sogar die Toiletten
unverrichteter Dinge wieder verlassen musste. Das mit der erfolglosen Sitzung,
das gab er später natürlich nicht zu Protokoll, weil das mit den ›Steingeistern‹ nicht wirklich
etwas zu tun gehabt hatte und er schließlich auch nicht danach gefragt wurde.
Da hatte er nämlich Erfahrungen, mit dem zu Protokoll geben. Keine
persönlichen, aber Fernsehen, Kino, Bücher! Man ist ja informiert! Wenn du
da mehr sagst, als unbedingt sein muss, dann drehen sie dir später aus jedem
Wort einen Strick. Und wenn du sicherheitshalber einen Anwalt hinzuziehen
möchtest, dann ist das schon fast so viel wie ein Geständnis, weil kein Anwalt
nötig, wenn unschuldig!
    Der Polizeihauptkommissar
Köstlbacher, der die Vernehmung leitete, der schaute jedes Mal mit einem
›Alles klar!‹ Seitenblick zu seinem Kollegen, dem Kommissar Liebknecht am
anderen Tischende hin, wenn der Albert beteuerte, dass er nichts gehört und
schon gar nichts gesehen haben wollte. Aber gesagt hat er nichts, der
Liebknecht. Die Schreibkraft, eine attraktive, Sekretärin in einem eng
anliegenden blauen Kostüm, die Edith Klein, schrieb jedes Wort schnell wie
ein Porsche mit. Auf einen Mitschnitt der Vernehmung auf Datenträger
war verzichtet worden, weil das Mikro einen Wackler hatte und das Ersatzgerät
gerade in einem anderen Vernehmungszimmer im Einsatz war.
    Über den Sinn der Aussage vom Albert
sollte sich der 1.Kriminalhauptkommissar Dr. Ernst Huber, der Leiter der
Mordkommission, einen Reim machen, bei dem das Protokoll morgen auf dem
Schreibtisch landen würde. Als Neuer auf dem Revier hatte es sich der
Köstlbacher sehr schnell abgewöhnt, eine eigene Meinung zu äußern, auch
wenn sie für die Ermittlung seiner Meinung nach durchaus Sinn machte. In
Straubing, wo er vorher im Morddezernat gesessen hatte, da wusste man
seine Ideen durchaus zu würdigen, die nach langen Dienstjahren oft ganz von selber
da waren. Aber hier in Regensburg, da galt er als einer, bei dem man erst
einmal abwarten wollte, was der drauf hat.
    Ist ja nicht so, dass er scharf
auf diesen Umzug nach Regensburg gewesen wäre, aber seine Frau, die Anna,
die hatte ihr Elternhaus hier im Prinzenweg geerbt und da war es natürlich
klar: Versetzungsgesuch nach Regensburg, aus Straubinger Mietswohnung
raus, Einzug ins Elternhaus der Anna in Regensburg.
    Seine erste Vernehmung,
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