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Alarmstufe Rot

Alarmstufe Rot

Titel: Alarmstufe Rot
Autoren: Kristi Gold
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1. KAPITEL
    Normalerweise liebte Brooke Lewis die Herausforderungen ihres Berufs als Physiotherapeutin, aber angesichts dieses neuen Patienten empfand sie den Wunsch, zum nächsten Burgerladen zu laufen und sich dort um einen Job zu bewerben. Der abweisende Blick seiner blauen Augen und die reservierte Haltung schienen zu sagen: „Ihr habt mich herbestellt, und da bin ich - aber nur höchst ungern.”
    Dr. Jared Granger, genannt „der unnahbare Charmeur aus der Chirurgie”, der Mann, dem ihre schamlosesten Fantasien galten, beehrte sie mit seiner Anwesenheit. Und keinem Menschen auf der Station war eingefallen, sie vorzuwarnen.
    Wie oft hatte sie ihn heimlich bewundert, wenn er in seinem makellosen Kittel durch die Korridore des San Antonio Memorial Hospital eilte, die dichten blonden Haare nach der neuesten Mode geschnitten und mit einer Miene, die jeden auf Abstand hielt. Letzteres lag wohl in der Natur der Sache. Jemand, von dessen Können Tag für Tag das Leben anderer Menschen abhing, gab sich nicht unbedingt leutselig.
    Doch seit ein Unfall ihn zur Untätigkeit verdammt hatte, war er verändert. Sein helles Haar war zerzaust, seine sonst so sorgfältig rasierten Wangen wiesen einen zunehmend üppigen Bartwuchs auf. Von seinen abgewetzten Jeans hatte er das linke Bein abgeschnitten, und man sah den Gipsverband. Er wirkte insgesamt, als hätte er schon bessere Zeiten gesehen - eher wie ein Nachtschwärmer und nicht wie ein erfolgreicher Herzchirurg.
    In den vergangenen Wochen hatten auf der Station für Physio therapie wilde Geschichten über sein störrisches Verhalten die Runde gemacht. Brooke war es allerdings gelungen, seinem Unmut aus dem Weg zu gehen. Bis jetzt.
    Jetzt würde sie diesen Mann sogar berühren müssen, und obwohl ihr das unter anderen Umständen gar nicht Unrecht gewesen wäre, hatte sie nun das Gefühl, dass er einiges dagegen haben würde.
    Lächelnd wies sie auf den Sessel ihrem gegenüber. „Schön, dass Sie gekommen sind, Dr.  Granger. Setzen Sie sich doch.”
    Schweigend hüpfte er mit seiner Krücke heran, ließ sich nieder, streckte das Gipsbein ungeschickt zur Seite und platzierte die geschiente Hand auf den Tisch, als wolle er sie, Brooke, zum Armdrücken auffordern. Sie zog den Vorhang der Kabine zu, um Dr. Jared Granger vor den neugierigen Blicken von Patienten und Personal im Behandlungssaal abzuschirmen.
    Als sie sich ihm wieder zuwandte, sagte er mit einem sarkastischen Lächeln: „Sie sind also mein nächstes Opfer.”
    Das Lächeln, so wenig gewinnend es auch sein sollte, ließ ihren Puls schneller schlagen, und Brooke fragte sich, ob sie nicht ein Mittel gegen Herzflattern brauchte. Sie setzte sich und entgegnete: „Ich? Es ist wohl eher umgekehrt.”
    Sie klappte das Krankenblatt auf und schaute sich den Be handlungsplan sowie die Notizen über seine spärlichen Fortschritte an. Vielleicht war doch sie das Opfer. Er war in drei Wochen durch die Hände von drei Therapeuten gegangen.
    Sie sah auf und merkte, dass er sie abwartend musterte. Vermutlich rechnete er mit einem weiteren Fehlschlag. Oder lag hinter seinem prüfenden Blick noch etwas Anderes? Er stand im Ruf eines Frauenhelden. Dachte er vielleicht, sie würde jetzt seinetwegen verzückt in Ohnmacht fallen? Da hätte er sich aber schwer getäuscht. Sie würde ihre heimliche Bewunderung für sich behalten.
    Höflich lächelnd legte sie das Krankenblatt beiseite. „Ich bin Brooke Lewis, und wir werden vermutlich eine Weile miteinander arbeiten, Dr. Gran…”
    „Damit rechnen Sie besser nicht.” Sein harter Blick und die verspannten Kinnmuskeln sprachen für Aufsässigkeit.
    Sie hätte ihn am liebsten angefahren. „Ich verstehe nicht ganz. Dr. Kempner wünscht eine gründliche Therapie für Ihre Hand.”
    „Richtig, das wünscht er.”
    „Und Sie nicht?”
    „Ich hasse dieses Getue.”
    Brooke ahnte, dass das bald auch für sie gelten würde. „Dann lassen Sie es uns so angenehm wie möglich für uns beide gestalten. Wenn Sie wieder operieren wollen, sollten Sie  …”
    „Sprechen Sie dieses Thema nicht an. Niemals.”
    Er beugte sich vor und durchbohrte sie förmlich mit seinem starren Blick - und sie bekam einen Eindruck vom wahren Aus maß seines Leids. Mit körperlichen Schmerzen konnte sie umgehen, sie oft lindern. Aber seelischer Kummer? Zwar war sie anfällig für Mitgefühl, aber mit einem selbstgefälligen Gott in Weiß wollte sie kein Mitgefühl haben. Leider empfand sie es dennoch. Trotz
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