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Alarmstufe Rot

Alarmstufe Rot

Titel: Alarmstufe Rot
Autoren: Kristi Gold
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seines fantastischen Aussehens, trotz der Aura von Macht und Autorität, die ihn umgab. Denn seine Augen verrieten tiefe Frustration und Verzweiflung.
    Sie straffte sich und versuchte, ihren gewohnten Optimismus auszustrahlen. „Okay, dann arbeiten wir fürs Erste an Ihren Sehnen, und anschließend sehen wir weiter.” Sie wollte ihm die Schiene abnehmen, doch er zog seine Hand weg.
    „Ich mache das schon.” Umständlich entfernte er die Schiene.
    Immerhin war es ein gutes Zeichen, dass er selbst aktiv wurde. Er besaß also noch einen gewissen Stolz. Doch das könnte auch noch zum Problem für sie werden.
    Sie führte sich seine Situation vor Augen. Seine Arbeit als Chirurg konnte er an den Nagel hängen, wenn seine Hand nicht wieder voll funktionsfähig werden würde. Kein Wunder also, dass er gereizt war. Zorn war jedoch mitunter heilsam und ein starker Antrieb. Wenn man bedachte, dass bei dem Unfall die Sehnen von drei Fingern verletzt wurden, brauchte Dr.
    Granger wirklich einen kräftigen Anstoß für den langwierigen Genesungsprozess. Würde sie ihm den geben können? Falls er sie nicht rundheraus ablehnte …
    Behutsam nahm sie seine Hand. Seine Finger waren schlank und dabei muskulös, allerdings jetzt steif. „Haben Sie die Bewegungsübungen gemacht?”
    Er zuckte die Achseln und sah zur Seite. „Wenn ich Zeit hatte.”
    Er machte es ihr wahrlich nicht leicht. Sie begutachtete das Handgelenk. Vorsichtig berührte sie die Narbe.
    Er zuckte zusammen.
    „Offenbar ist das Gewebe noch sehr empfindlich”, bemerkte sie.
    „Was Sie nicht sagen.”
    Ohne seinen Sarkasmus zu beachten, untersuchte sie den Daumen. „Spüren Sie hier etwas?”
    „Nein.”
    Sie fasste den Zeigefinger an. „Und hier?”
    Unwillig riss er die Hand zurück. „Hören Sie, ich habe das mehrfach mitgemacht”, stieß er hitzig hervor. „Ich habe kein Gefühl im Daumenballen, keins im Zeigefinger und ein sehr reduziertes im Mittelfinger. Meine Sehnen sind hinüber, und daran kann selbst eine Armee von Therapeuten nichts ändern.”
    Brooke ermahnte sich zu Gelassenheit und wartete, bis sein Ausbruch vorüber war. Als er sich etwas entspannte, setzte sie erneut ein Lächeln auf. „Dr. Granger, Sie kennen Ihren Zustand sicherlich besser als ich. Dies alles ist bestimmt schlimm für Sie. Aber wenn Sie die Therapie nicht fortsetzen, werden Sie nie mehr etwas Kleineres als eine Orange ergreifen können, ganz zu schweigen von einem Skalpell.”
    Gefasst auf Protest sah sie ihn an. Da Granger schwieg, fuhr sie fort: „Wenn Sie kooperativ sind, will ich mein Bestes tun. Aber allein kann ich das nicht.”
    „Und ich kann es überhaupt nicht.”
    Sie erwartete, dass er sich kurzerhand hochstemmen und ge hen würde. Doch das tat er nicht. Was hielt ihn hier, da er ihr doch jegliche Mitarbeit versagte? Weshalb verschwendete er noch ihre Zeit? Und seine?
    Trotzdem, es war ihre Aufgabe, ihn zu motivieren und Ergebnisse zu erzielen. Und Ruhe zu bewahren.
    Während sie die Wärmepackung an seinem Gelenk anlegte und versuchte, das Narbengewebe durch elektrische Reizung ge schmeidiger zu machen, sprach er kein Wort. Sie massierte die Muskeln und machte Streckübungen, um die Sehnen zu entspannen, und noch immer blieb er stumm. Eigentlich reagierte er gar nicht, bis auf ein gelegentliches Zucken. Als sie ein beiläufiges Geplauder über das Wetter begann, antwortete er einsilbig. Genauso gut hätte sie die Wand anreden können.
    „Okay, jetzt kommt etwas Neues”, verkündete sie, um ein bisschen Interesse bei ihm zu wecken. „Richten Sie sich gerade auf, und versuchen Sie, das hier zu greifen.”
    Er bewegte sich circa einen Millimeter, und sie legte ihm einen kleinen Schaumgummiball in die Hand. Nachdem er den Ball kurz angewidert angestarrt hatte, ließ er ihn teilnahmslos entgleiten, so dass er auf den Boden fiel. Geduldig hob sie ihn auf und legte ihn noch einmal auf seinen Handteller. Wieder rollte der Ball weg, und zwar unter den Tisch.
    Leicht genervt beugte sich hinunter, packte den Ball und stieß sich beim Hochkommen prompt an der Tischkante.
    Der Herr Doktor starrte ungerührt in die Luft. Kein „Haben Sie sich wehgetan?” kam von seinen Lippen, nicht einmal ein „Hoffentlich hält der Tisch das aus.” Er zeigte totale Gleichgültigkeit, als wünschte er sich weit weg. Sie wünschte ihn auf jeden Fall dorthin.
    Nachdem Brooke an diesem verregneten Morgen aufgestanden war, die erste Kaltfront des Herbstes, den kaputten
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