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Al Wheeler und die Malerin

Al Wheeler und die Malerin

Titel: Al Wheeler und die Malerin
Autoren: Carter Brown
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nicht setzen,
Lieutenant ?«
    Ich ließ mich in einem tiefen
bequemen Sessel nieder, und sie setzte sich mir gegenüber in einen anderen,
wobei sie die Beine übereinanderschlug und gleichzeitig ihren Rock diskret nach
unten zupfte, was eine der enttäuschendsten damenhaften Gewohnheiten ist, die ich kenne. Dann wartete sie darauf, daß ich
zu sprechen anfing, wobei ihre Arme auf der Stuhllehne ruhten. Sie war voller Haltung,
sehr gelassen und noch nicht einmal neugierig, wieso ein Polizeibeamter ihren
vormittäglichen Vorortfrieden störte.
    »Ein Maler, ein gewisser
Gilbert Hardacre , ist gestern
abend ermordet worden«, sagte ich.
    »Ich habe es am Radio gehört«,
sagte sie. »Eine schreckliche Sache. Ich kann es noch immer gar nicht glauben .«
    »Kannten Sie ihn gut ?« fragte ich.
    »Mein Mann beauftragte ihn vor
etwa sechs Wochen, ein Porträt von mir zu malen«, sagte sie leichthin. »Damals
lernte ich ihn kennen, und ich habe ihm seither sechs-
oder siebenmal gesessen. Er schien ein so reizender Mann zu sein. Ich kann mir
nicht vorstellen, weshalb ihn jemand umbringen sollte .«
    »Aber jemand hat es getan«,
sagte ich und zuckte die Schultern. »Wie ist das Porträt geworden ?«
    »Ich weiß nicht .« Sie lächelte verkrampft. »Als ich es das letztemal sah, war es noch nicht fertig. Nun werde ich,
denke ich, nie mehr erfahren, wie es geworden wäre .«
    »An einem Ende seines Ateliers
stand ein fertiges Bild auf der Staffelei«, sagte ich. »Ich glaube, der Mörder
mochte es nicht leiden. Er malte zwei diagonale Striche über das Bild — und
benutzte dazu Hardacres Blut .«
    Janine Mayer schloß für ein
paar Sekunden die Augen. »Nun möchte ich es keinesfalls jemals sehen«, sagte
sie mit schwacher Stimme.
    »Sie glauben also, das Bild auf
der Staffelei muß Ihr Porträt gewesen sein ?«
    »Soviel ich weiß, hat er an
nichts anderem gearbeitet«, sagte sie und öffnete dann weit die Augen.
    »War es denn nicht
offensichtlich, daß es sich um mein Porträt handelte ?«
    »Nein«, sagte ich, was nicht
nur der Wahrheit entsprach, sondern auch höflich war. » Mrs. Mayer, welcher Art waren Ihre Beziehungen zu Gilbert Hardacre ?«
    »Beziehungen?« Ihre Augen
suchten in meinem Gesicht nach irgendeinem Hinweis. »Ich verstehe nicht, was
Sie meinen, Lieutenant ?«
    »Sie müssen irgendwelche
Beziehungen emotioneller Art zu ihm gehabt haben«, beharrte ich.
    »Lieutenant — «, ihre Stimme
klang eisig, »ich verstehe noch immer nicht, worauf Sie hinauswollen, aber ich
habe das ausgeprägte Gefühl, daß es mir nicht zusagt. Was für eine Beziehung
emotioneller Art kann ich wohl zu einem Künstler gehabt haben, den mein Mann
beauftragt hat, mein Porträt zu malen ?«
    »Jedenfalls eine ausreichend
intensive Beziehung, um ihm als Akt Modell zu stehen«, knurrte ich.
    Die Farbe wich langsam aus
ihrem Gesicht, während sie mich verblüfft anstarrte. »Sind Sie verrückt ?« fragte sie schließlich.
    »Eine Rückenansicht vom Hals
bis zu den Knien und nackt dazu«, sagte ich sachlich. »War das die Art Bild, an
die Ihr Mann gedacht hatte? Oder war es Gilbert Hardacres Idee ?«
    Janine Mayer schüttelte langsam
den Kopf. »Das Bild, welches mein Mann von mir wollte, war eine Kopf- und
Schulterstudie; und das war es auch, was Hardacre beinahe beendet hatte. Sie müssen sie gesehen haben .«
    »In seinem Appartement
jedenfalls nicht. Die Aktstudie war das einzige Bild, was dortstand .«
    Ihre Fingerspitzen rieben
verzweifelt ihre Stirn. »Ich habe das Gefühl, mich in einem scheußlichen
Alptraum zu befinden«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Sehe ich wie der Typ
Frau aus, der sich nackt vor einen billigen kleinen Maler stellt, den sie kaum
kennt ?«
    »Ich habe keine Ahnung, wie dieser
Typ Frau aussieht«, sagte ich in scharfem Ton. »Ich kenne nur die Tatsachen. Er
hat, wie Sie selber zugegeben haben, Ihr Porträt gemalt, und das einzige Bild
in seinem Atelier war dieser Akt .«
    »Aber Sie müssen doch das
andere — das, was er wirklich von mir gemalt hat, gesehen haben ?« Ihre Stimme klang beinahe flehend. »Nur mein Kopf und
meine Schultern, mit einem kleinen Diamantanhänger?«
    »Nein, Ma’am«, sagte ich
gleichmütig.
    Ich hörte, wie sich hinter mir
die Tür öffnete und ein großer Mann ins Zimmer trat. Ein eleganter Mann von den
Spitzen seiner kurzgeschnittenen schwarzen Haare bis zu den Spitzen seiner
Maßschuhe. Er sah so aus, als gehörte er in diese kostspielige Szenerie. Sein
Gesicht war mager
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