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Al Wheeler und die Malerin

Al Wheeler und die Malerin

Titel: Al Wheeler und die Malerin
Autoren: Carter Brown
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Büro des Sheriffs angerufen und einen
Mord gemeldet .«
    Ihre Augen weiteten sich ein
wenig. »Nun ja, natürlich! Aber die Leiche ist nicht hier, sie ist auf der
anderen Seite des Korridors. Ich meine, Sie haben doch wohl nicht erwartet, daß
ich dort herumsitze und auf Sie warte, während mir hier die Farben auf der
Leinwand trocknen, oder?«
    »Natürlich nicht«, sagte ich
zustimmend und warf dann Polnik einen strengen Blick
zu. »Haben Sie vielleicht erwartet, daß Miss Bertrand einfach bei einer Leiche
herumsitzt, während ihr hier die Farben auf der Leinwand trocknen ?«
    Ein urtümlicher Glanz funkelte
flüchtig in seinen glasig blickenden Augen auf. »Mir ist es egal, ob die Farben
auf der Leinwand trocknen. Nachthemd ist Nachthemd«, sagte er heiser.
    Bella Bertrand schien alles
Interesse verloren zu haben und stand wieder vor ihrer Staffelei, und
versuchte, der auf der Leinwand blühenden Orchidee einen experimentellen Anflug
von Lepra zu verleihen. Ich ging zu ihr hin, blieb hinter ihr stehen und spähte
ein paar Sekunden lang über ihre Schulter hinweg.
    »Es ist mir zuwider, Sie
unterbrechen zu müssen«, sagte ich. »Aber haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns
noch ein bißchen eingehender über den Mord unterhalten ?«
    »Nicht im geringsten.« Sie
wischte ihren Pinsel an ihrem mit Seide bedeckten Zwerchfell ab, eine Spur
galligen Grüns hinterlassend. »Die Leiche liegt nebenan, wie ich Ihnen schon
sagte, Lieutenant .«
    »Im anderen Appartement — vier
A ?« sagte ich.
    »Ganz recht .« Sie kratzte sich zerstreut an dem Purpurflecken auf ihrer Nasenspitze. »Was
sehen Sie auf der Leinwand ?«
    »Eine Orchidee.«
    »Ist das alles ?« Ihre Stimme klang enttäuscht.
    »Reicht das nicht ?«
    »Nein, es müßte dem Wesen nach
eine Orchidee sein«, sagte sie mit heftiger Stimme. »Wie kann ich diese Phase
meiner Entwicklung hinter mich bringen, solange ich das innerste Wesen des
Sujets nicht erfaßt habe? Sie ist nicht eigentlich grausam, nur bar jeglicher
Emotion. Aber Sie sehen das einfach nicht. Oder?«
    »Nein«, sagte ich ehrlich.
»Aber ich werde in ein paar Tagen zurückkommen und Ihre Malereien acht Stunden
hintereinander weg betrachten, wenn Sie das wollen .« Ich holte tief Luft und fuhr so rasch fort, daß ihr keine Zeit zu weiteren
Einwänden blieb: »Inzwischen, bitte — wer ist nebenan ermordet worden? Wie
haben Sie die Leiche gefunden? Ich habe noch weitere fünfhundert Fragen in
petto, wenn Sie die ersten zwei beantwortet haben, also wagen Sie ja nicht, den
Versuch zu machen, das Thema zu wechseln .«
    »Es ist Gil, natürlich .« Ihr Pinsel trug eine Spur Farbe von der Nuance »verfaulte
Leber« auf, und die Lepra breitete sich bösartig in schnellen, gewandten
Strichen über die Leinwand aus. »Es ist ja schließlich sein Atelier, sehen Sie .«
    »Gil ?« sagte ich unter Aufbietung all meiner Selbstbeherrschung.
    »Gilbert Hardacre ,
Porträtmaler. Er wohnt — wohnte — nebenan. Ich ging zu ihm, um nachzusehen, ob
er vielleicht Kaffee oder sonst etwas Interessantes kochte, und da lag er .« Der Pinsel schwankte für einen Augenblick. »Es war eine
ziemliche Schweinerei .«
    »Wann war das ?«
    »Erinnern Sie sich, wann ich
Sie in Ihrem Büro angerufen habe ?«
    »Elf Uhr vierzig«, sagte Polnik stolz. »Ich habe es notiert, Lieutenant .«
    »Etwa fünf Minuten zuvor habe
ich ihn gefunden«, sagte Bella Bertrand.
    »Wenn er bereits tot war, wie
sind Sie dann in sein Appartement gekommen ?« sagte
ich, da mir dies die nächstliegende Frage schien.
    »Die Tür war nicht
verschlossen«, sagte sie, mir damit die nächstliegende Antwort gebend. »Gil hat
seine Tür nie verschlossen. Ich meine übrigens ebensowenig .
Auf diese Weise lernt man eine Menge interessanter Leute kennen, denen man
sonst nie begegnen würde .«
    »So wie Gilbert Hardacre es vorexerziert hat ?« fragte ich milde.
    Sie rümpfte nachdenklich die
Nase. » Touché ! — wie dieser französische
Bildhauer sagte, als er mich zum erstenmal ins
Hinterteil zwickte. Warum sehen Sie sich Gil nicht selber an, Lieutenant? Sie
fangen langsam an, meine Konzentrationsfähigkeit zu ruinieren .«
    Das schien ein vernünftiger
Vorschlag. »Warum nicht ?« pflichtete ich bei. »Aber
gehen Sie nicht weg, wir kommen zurück .«
    »Das habe ich befürchtet«,
sagte sie.
    Ich packte Polnik am Arm, schob ihn mit Gewalt aus dem Atelier und auf dasjenige auf der anderen
Seite des Treppenflurs zu. Es war so, wie die Bertrand
gesagt hatte —
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