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Al Wheeler und die Malerin

Al Wheeler und die Malerin

Titel: Al Wheeler und die Malerin
Autoren: Carter Brown
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hoffnungsloser Stimme vor sich hin.
»Wissen Sie etwas? Ich glaube, das richtige Wort für das, was Lammie war, ist noch nicht erfunden worden .«
    Es war ein netter, ruhiger Tag
im Büro gewesen, abgesehen davon, daß Annabelle Jackson meine Nerven durch die
Art und Weise strapazierte, wie sie mir beharrlich einen Stuhl zum Sitzen
anbot, selbst wenn ich nur stehen geblieben war, um mir einen der Schnürsenkel
zu binden.
    »Sie brauchen kein Wort mehr zu
sagen, Al«, erklärte sie mir mit der gedämpften Stimme, wie sie im Empfangsraum
eines Leichenbestattungsinstituts üblich ist, bevor der Sarg hinausgetragen
wird. »Ich verstehe völlig !« Das Lächeln, das sie mir
zukommen ließ, war auf eine Übelkeit erregende Weise süß. Dann starrte sie mir
plötzlich mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen ins Gesicht. »Wer weiß,
vielleicht war es am besten so !« flüsterte sie.
    »Was denn ?« flüsterte ich zurück.
    »Nun, Sie wissen schon«, sagte
sie mit einem Unterton, der dem Ganzen eine geheimnisvolle Bedeutung verlieh.
»Herzinfarkt und solche Dinge!«
    Ich versuche noch immer,
dahinterzukommen, was sie gemeint hat.
    Ich trat in Lavers ’
Büro, weil ich sonst hier ohnehin nichts zu tun hatte. Meine Theorie ist, daß
man, wenn man nichts zu tun hat, sich am besten so nah wie möglich bei dem
Burschen aufhält, der das Organisatorische unter sich hat, weil er es dann
nicht bemerkt.
    Der Sheriff hob den Kopf und
betrachtete mich voller Kälte. »Haben Sie nicht erst vor fünf Minuten mein Büro
verlassen ?«
    »Schon möglich, Sheriff«, sagte
ich höflich. »Wenn mich etwas ernsthaft bekümmert, weiß ich, glaube ich, immer
nicht mehr genau, wo ich mich die meiste Zeit über aufhalte .«
    »Warum gehen Sie nicht nach
Hause, Wheeler ?« sagte er. »Scheren Sie sich zum
Kuckuck! Sie haben seit dem Fall Lambert Pierce nicht das geringste mehr getan —
und der liegt zehn Tage zurück !«
    »Da sind noch ein paar Dinge,
die ich Sie gern fragen wollte, Sheriff«, sagte ich schnell. »Haben Sie etwas
über Vernon gehört ?«
    »Es sieht so aus, als ob sein
Fuß gerettet würde«, schnaubte Lavers . »Die selbst
angelegte Aderpresse kam gerade noch rechtzeitig weg — angeblich weitere zehn
Minuten, und es wäre zu spät gewesen .«
    »Was, glauben Sie, wird mit ihm
geschehen, Sheriff ?« fragte ich.
    »Das ist schwer zu sagen«,
antwortete Lavers düster. »Unter den seinerzeitigen
Umständen kommt er vielleicht mit einer Anklage wegen Totschlags davon. Aber
völlig ungeschoren werden sie ihn nicht lassen, selbst wenn er mehr ausgerottet
als gemordet hat. Wahrscheinlich eine kleinere Gefängnisstrafe.«
    »Was mich noch interessiert,
Sheriff«, beharrte ich, »ist die Tatsache, daß der Fall Lammie Pierce so schnell ad acta gelegt worden ist. Ich wette, daß in den letzten
sechs Tagen kein Wort mehr davon in einer der Zeitungen gestanden hat. Wie
kommt das ?«
    »Es war ein unheimlicher Fall«,
brummte er. » Lammie war ein unheimliches Individuum —
und dann brachte ihn auch noch sein Halbbruder mit der Begründung um, er sei
gar kein Mensch .« Er zuckte gereizt die Schultern.
»Wenn es allzu unheimlich wird, wollen die Leute nicht daran erinnert werden.
Das verstehen Sie doch sicher, Wheeler ?«
    »Vermutlich«, sagte ich. »Aber
es wirkt wie eine geheime Abmachung, mit deren Hilfe vertuscht werden soll, daß Lammie Pierce überhaupt existiert hat .«
    »Erinnern Sie sich daran, wie
Sie sich fühlten, als sie drei Tote in diesem Haus entdeckten und dachten, alle
seien durch Ihre Schuld gestorben — erinnern Sie sich gern an Lammie Pierce, Wheeler?«
    »Es bleibt mir keine andere
Wahl, Sheriff«, sagte ich ehrlich. »Sie hätten ihn hören sollen, als er in
dieser letzten Nacht über die Fäden des menschlichen Schicksals sprach, die
ineinander verwoben wurden — daß die genauen Proportionen wichtig seien,
beginnend mit Leben und Tod, Terror und Haß, Lust...«
    »Nun«, sagte Lavers energisch, »gute Nacht, Wheeler !«
    In Null Komma nichts war ich aus dem Büro, im Healey, wieder aus dem Healey heraus und
in meinem Appartementhaus. Dann kam der grandioseste Teil des Tages, als ich
mit dem Daumen auf meine eigene Türklingel drückte und wartete. Natürlich würde
all das nicht andauern; Hilda wollte zurück zur Marktforschung und in zwei
Tagen nach Chicago abreisen.
    Die Tür öffnete sich
vorsichtig, und zwei ängstliche graue Augen überzeugten sich, daß ich allein
war.
    »Danke, Hilda«, sagte
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