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Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

Auf Umwegen zum Glück (German Edition)

Titel: Auf Umwegen zum Glück (German Edition)
Autoren: Francesca de Montagna
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Montagmorgen – 08:30h
    An diesem Tag, der 1. Dezember, 08.30 Uhr, rief mich mein Chef in sein Allerheiligstes. Als ich eintrat, stand er vor einem der großen Fenster seines Büros, drehte sich um und kam mir entgegen. Lächelnd begrüßte er mich und bat mich, Platz zu nehmen. Erwartungsvoll sah ich ihn an. Mit einer wichtigen Miene verkündete er mir, dass ich ihn heute bei einem dringenden Termin, zusammen mit einem Bausachverständigen der Kreditabteilung, vertreten solle. Es handle sich um einen potenten Kunden, der kurz vor Jahresende noch seinen Kreditrahmen erweitern möchte. Es gehe um die Überprüfung der Bausubstanz, um den Gesamteindruck der Gebäude und um den Zustand des Maschinenparks. „Ich“, meinte er bedauernd, „habe leider ein anderes Meeting, das unaufschiebbar ist. Sie und Ihr Kollege werden ein tolles Team sein. Ich verlasse mich ganz auf Sie. Das Procedere ist Ihnen ja bekannt!“
    Mir war gar nicht wohl bei dem Gedanken, zusammen mit dem Sachbearbeiter diese komplexe Überprüfung vornehmen zu müssen. Schließlich war das Statement im Endeffekt ausschlaggebend für die Erweiterung des Kreditrahmens. Es war das erste Mal, dass ich mit so etwas betraut wurde. Ich nickte nicht gerade begeistert, aber irgendwie gelang es mir, ein zuversichtliches Lächeln aufzusetzen.
    Zum abgemachten Zeitpunkt schnappte ich mir meine Handtasche, zog meine gefütterten Winterstiefel an, griff beim Verlassen meines Büros noch nach dem Parka und machte mich auf den Weg zur Kreditabteilung. Wir, ich unsicher und nervös, mein Kollege ruhig und routiniert, machten uns zeitig auf den Weg, um auch ja pünktlich vor Ort zu sein. Bevor wir das Gebäude betraten, flüsterte mein Kollege mir noch zu: „Livi, machen Sie Ihr schönstes Pokerface!“ Mein Name ist eigentlich Olivia, doch meine Freunde nennen mich Livi.
    Bevor ich etwas entgegnen konnte, betraten wir schon den Vorraum. Eine nette junge Dame empfing uns und bat uns lächelnd, noch einen Moment Platz zu nehmen. „Der Chef kommt sofort!“, flötete sie und stöckelte auf ihren High Heels zurück zum Empfang, um uns anzumelden.
    Es verging kaum eine Minute, als der Boss von mehr als hundert Beschäftigten hereinrauschte, begleitet von einem überaus eifrigen Assistenten, der mehr katzbuckelte als sonst etwas. Wie aus heiterem Himmel durchfuhr mich ein Blitz, und mein Herz schlug mindestens doppelt so schnell als gewöhnlich. Was da durch die Glastür anrückte, war mehr als umwerfend. Groß, attraktiv, mittleren Alters, an den Schläfen schon etwas grau meliert, strahlend blaue Augen, eleganter dunkelblauer Anzug, weißes Hemd, passend dazu die Krawatte. „Himmel!“, seufzte ich und vergaß für einen Moment mein Pokerface. Mit ausgestreckter Hand kam er auf uns zu, reichte natürlich zuerst mir die Hand, wobei er einen Handkuss andeutete. „Oh Schreck!“ - meine Knie zitterten und vor Aufregung wurde ich puterrot. Seine Hand fühlte sich so gut an, dass ich fast vergaß, sie ihm zurückzugeben. Erst der Stups meines Kollegen riss mich zurück in die Gegenwart. Mit einer lässigen Handbewegung forderte uns der Strahlemann auf, ihm in sein Büro zu folgen. Büro war untertrieben. Es war eher ein Audienzzimmer. Das Ganze strahlte Macht, Stil und Luxus aus. Die Einrichtung war in Mahagoni gehalten, sechs bequeme Ledersessel standen um einen kleinen Clubtisch herum. Kostbare Perserteppiche bedeckten das Parkett. Dass in der Wand ein kleiner Kühlschrank nebst einem Barschrank eingelassen war, versteht sich von selbst. An einer Fensterfront, vom Boden bis zur Decke reichend, stand ein Unikum von einem Konferenztisch. Vermutlich aus der Gründerzeit. Palmen, Orchideen und seltene Gewächse, künstlerisch angeordnet, strahlten eine gewisse Sinnlichkeit aus. „Wow!“, dachte ich, wie kann man sich hier nur konzentrieren. Mit seiner manikürten Hand deutete er auf die Ledersessel vor dem Konferenztisch und nahm uns gegenüber in einem drehbaren Chefsessel Platz. „Darf ich Ihnen etwas anbieten, einen Kaffee, Tee oder etwas Anderes, bevor wir ins Detail gehen?“ Wir lehnten dankend ab. Das heißt, mein Kollege lehnte ab. Ich hätte gerne einen Kaffee geschlürft. Es folgte das übliche Palaver, das ich zwar nickend verfolgte, von dem ich aber rein gar nichts mitbekam. Wachgerüttelt wurde ich dadurch, dass mein Kollege aufstand und die von der Bank benötigten Unterlagen an sich nahm, die auf dem Konferenztisch für uns bereitlagen. „Mein Assistent
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