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Al Wheeler und die Malerin

Al Wheeler und die Malerin

Titel: Al Wheeler und die Malerin
Autoren: Carter Brown
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Wassernymphe hatte, als ich
in das andere Appartement zurückkehrte, zu malen aufgehört. Sie saß mit
übereinandergeschlagenen Beinen in einem altertümlichen Sessel, rauchte eine
Zigarette und dachte möglicherweise an Orchideen.
    »Hätten Sie gern eine Tasse
Kaffee ?« fragte sie mit ihrer sinnlich-trägen Stimme,
als ich auf sie zukam. »Vielleicht einen Whisky für Ihre Nerven? Aber alle
Polizeibeamten haben robuste Magen. Nicht wahr?«
    »Sie müssen einen robusten Magen
haben, Miss Bertrand«, sagte ich sanft. »Nachdem Sie den Toten gefunden und uns
angerufen hatten, kamen Sie hierher zurück und malten weiter .«
    »Ich mußte mich auf etwas
konzentrieren«, sagte sie. »Macht es Ihnen etwas aus, mich >Bella< zu
nennen? >Miss Bertrand< erinnert mich immer an die Sorte Stenotypistin,
die nach Sicherheit für alte Tage trachtet, indem sie jeden Freitagabend mit
ihrem Boss Spielchen auf der Bürocouch treibt .«
    »Es wird mir ein Vergnügen
sein«, sagte ich. »Ich möchte jetzt den Rest der fünfhundert Fragen an Sie
stellen, Bella .«
    »Das habe ich mir gedacht .« Sie rümpfte resigniert die Nase. »Wollen Sie ganz
bestimmt keinen Kaffee ?«
    »Ganz bestimmt nicht. Sie
gingen in Hardacres Appartement, um nachzusehen, ob
er Kaffee oder sonst was Interessantes kochte, fanden seine Leiche, riefen uns
an und kehrten sofort hierher zurück? Stimmt es so ?«
    »Genau!« Sie schob eine ihrer
langen rabenschwarzen Flechten aus dem Gesicht. »Sie müssen ein phantastisches
Gedächtnis haben, Lieutenant .«
    »Bis dahin sind Sie hier
gewesen ?«
    »Ich habe gearbeitet .« Sie wies nach der Staffelei. »Ich habe nichts gehört,
wenn Sie das meinen .«
    »Haben Sie das Bild gesehen,
das Hardacre auf seiner Staffelei stehen hatte ?«
    »Das, welches hauptsächlich aus
einem fetten Hinterteil besteht?« In ihre blauschwarzen Augen trat flüchtig ein
spöttischer Ausdruck. »Ein klassisches Beispiel für Gils Arbeiten. Als Maler
war er ein blendender Zeichner mit der Seele eines Pfandleihers .«
    »Ich habe mich gefragt, ob Sie
ihm Modell gestanden haben ?« fragte ich beiläufig.
    »Lieutenant!« Sie lachte tief
in der Kehle. »Sind Sie darauf aus, Vergleiche zwischen meiner Sitzfläche und
der, welche Gil auf der Leinwand verewigt hat, zu ziehen ?«
    »Das wäre natürlich nett«,
sagte ich ehrlich. »Aber Sie können mir die Mühe sparen .«
    »Es wäre keine Mühe. Ein
Ruckzuck an meinem Hemdkittel, und die nackte Wahrheit wäre enthüllt .« Sie grinste verschmitzt. »Sehen Sie nicht so nervös
drein, Lieutenant. Im Augenblick mangelt mir die Energie, aufzustehen .«
    »Dann muß ich mich auf Ihr Wort
verlassen«, sagte ich beharrlich.
    »Ich habe niemals für Gil
Modell gestanden«, sagte sie prompt. »Er hatte eine strikt kommerzielle
Einstellung, und die Leute, die er als Modell benutzte, zahlten für ihre
Porträts. Meistens handelte es sich um reizende, idealisierte Versionen der
unerfreulichen Wirklichkeit. Dieser Akt war entschieden eine Entgleisung. Ich
war überrascht, als ich ihn sah .«
    »Sie haben keine Ahnung, wer
dafür Modell gestanden haben könnte ?«
    »Nun, soviel ich weiß, hat er
niemals an mehr als einem Bild gearbeitet, also war vermutlich seine derzeitige
Auftraggeberin sein Modell .« Sie machte eine
nachdenkliche Pause. »Ich platzte letzte Woche eines Tages im verkehrten
Augenblick in sein Atelier — wenn Sie wissen, was ich meine. Es blieb ihm nicht
viel anderes übrig, als mich der Lady vorzustellen. Eine Mrs. Janine Mayer. Eine dieser aufgetakelten Matronen aus der Gesellschaft. Sie
wissen schon — die kulturbesessenen Kunstmäzeninnen, die es hassen, mit ansehen
zu müssen, wie sich talentierte junge Künstler prostituieren — anderswo als in
ihrem Schlafzimmer natürlich. Man hätte die Atmosphäre vom ersten Augenblick
an, als sie mich erblickte, mit einer stumpfen Fleischeraxt schneiden können.
Offensichtlich war sie mehr an Gil als an ihrem in Öl gemalten Porträt
interessiert. Vielleicht hat sie es schließlich geschafft, sich aller ihrer
Hüllen zu entledigen? Ausschließlich im Interesse der Kunst natürlich.«
    »Natürlich«, sagte ich. »Kennen
Sie jemanden, der guten Grund hatte, Hardacre tot zu
wünschen ?«
    »Nein«, sagte sie schnell. »Gil
war kein besonders netter Bursche, aber widerwärtig war er eigentlich auch
nicht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß sein Charakter hinreichend
ausgeprägt war, um in jemandem, der ihn kannte, Mordinstinkte zu wecken
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