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Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)

Titel: Die Sehnsucht der Nacht: Erzählungen (German Edition)
Autoren: Christine Feehan
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Kapitel eins
    B litze durchzuckten die Wolken wie Peitschen aus weißglühender Energie, die den Nachthimmel erhellte. Die Erde grollte und schwankte verunsichert und ängstlich, als die Kreatur sich durch das Erdreich an die Oberfläche wühlte, wo sie augenblicklich jedes Lebewesen verdarb, das sie berührte. Blätter schrumpelten und verfärbten sich schwarz. Die Luft vibrierte vor Unruhe. Der Vampir hockte auf dem Boden, wandte den Kopf mal in diese, mal in jene Richtung, lauschte und wartete. Eine Mischung aus Triumph und Furcht brachte sein durchtriebenes Gehirn und sein verdorrtes Herz zum Rasen. Er war der Köder, und er wusste, dass der Jäger dicht hinter ihm war und seine Spur verfolgte, die ihn geradewegs in eine Falle führen würde.
    Traian Trigovise grub sich durch die Erde und folgte dem Gestank des Untoten. Es erschien ihm jedoch viel zu leicht, die Spur zu deutlich. Kein Vampir würde solch offenkundige Hinweise auf seine Anwesenheit hinterlassen, sofern er nicht ein völlig unbedarfter Neuling war, und Traian war sicher, dass er es hier mit Kraft und Durchtriebenheit zu tun hatte. Er war ein uralter karpatianischer Jäger, Angehöriger einer nahezu unsterblichen Spezies, die gesegnet und verflucht war mit Langlebigkeit und zeitlosen Talenten. Wie jeder Karpatianer musste auch Traian eine Seelengefährtin finden, die ihn erst vervollständigen würde. Vor allem war er jedoch ein Raubtier, das imstande war, zum abscheulichsten und übelsten aller Geschöpfe, einem Untoten, zu werden. Nur pure Willenskraft und
    Verantwortungsbewusstsein seiner Rasse gegenüber bewahrten ihn davor, dem heimtückischen Gewisper und dem Ruf der Macht anheimzufallen.
    Als der Tunnel in Richtung Erdoberfläche abbog, wühlte Traian sich noch eifriger durch das Erdreich, ertastete sich den Weg nach oben und lauschte dem Herzschlag und der Energie des Erdbodens um ihn herum. Alles war still, sogar die Insekten, die von den Untoten oft angelockt und herbeigerufen wurden. Oben angekommen, ließ er den Blick über die Umgebung gleiten und entdeckte drei leere, kahle Stellen auf dem Boden, die deutliche Anzeichen dafür waren, dass sich mehr als ein Vampir in der Nähe aufhielt.
    Er fand ein Gewirr von dicken, knorrigen Wurzeln, das bis tief in die Erde hineinreichte und in dem es nur so wimmelte von Leben. Mit einem leisen, respektvollen Flüstern berührte er die längste und tiefste Hauptader und spürte ihre Lebenskraft. Dann sang er ebenso leise in der alten Sprache, bat um Einlass und spürte, wie die Antwort durch den dicken alten Baum vibrierte. Laub erzitterte, als der Baum sich dem Mond entgegenstreckte und die Dunkelheit herabrief, obwohl auch er vor der Präsenz der abscheulichen Kreaturen zurückschreckte. Der Baum gab Geheimnisse preis und versprach zu helfen. Gleichzeitig breitete er seine Wurzeln aus, um Traian Zugang zu dem komplizierten Netzwerk zu verschaffen, das den mächtigen Stamm des Baumes schützte und ernährte.
    Der Jäger achtete darauf, weder die Erde noch das Wurzelgeflecht durcheinanderzubringen, als er sich durch das Labyrinth bewegte und einen Platz suchte, von dem aus er seine Umgebung überschauen konnte. Zwischen den Wurzeln verborgen, die die Erde überlappten, wechselte er die Gestalt, bis er nur noch ein Schatten zwischen den dicken Ästen und Blättern war.
    Für einen Moment konnte er einzig Gallents große, dünne Gestalt sehen. Er erkannte den Vampir, seine Beute, als einen der Uralten, die wie er vor so vielen Jahrhunderten von ihrem Prinzen in ferne Länder ausgesandt worden waren. Der Untote drehte sich unaufhörlich hin und her und schnupperte misstrauisch. Sein Blick huschte nervös über den Boden. Und die ganze Zeit über ließ Gallent in einem seltsam gleichmäßigen Rhythmus seine langen Fingernägel aneinanderklicken.
    Der Wind fuhr durch das Wäldchen, und die Blätter raschelten und wisperten. Traian betrachtete prüfend die Gegend, die er in vier Bereiche einteilte, und suchte sie mehr mit seinem Geist als mit den Augen ab. Die Brise brachte das Echo dieses merkwürdigen klickenden Rhythmus mit, der eindeutig von seiner Linken kam. Die kahlen Stellen auf dem Boden, die die abscheuliche Gegenwart der Untoten verrieten, befanden sich zu seiner Rechten. Er brauchte ein paar weitere Momente, um die anderen beiden Vampire zu entdecken, die nur darauf warteten, sich auf ihn zu stürzen und ihn in Stücke zu reißen. Traian verwandelte sich wieder, schwebte mit der Brise durch
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