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WARP 1 - Der Quantenzauberer (German Edition)

WARP 1 - Der Quantenzauberer (German Edition)

Titel: WARP 1 - Der Quantenzauberer (German Edition)
Autoren: Eoin Colfer
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Die Todeskammer
    Bedford Square, Bloomsbury, London. 1898
    Zwei Flecken schwebten in den Schatten zwischen der Standuhr und den Samtvorhängen. Einer oben und einer weiter unten. Zwei blasse Fingerabdrücke in einer schwarzen Nacht, zusätzlich verdunkelt durch die schweren Vorhänge und das Sackleinen, das vor die Fenster des Kellerra ums gespannt war.
    Der untere Fleck war das Gesicht eines Jungen, rußbeschmiert und ein wenig zitternd. Es gehörte Riley, der sich in dieser Nacht einer Prüfung unterziehen musste: Er sollte seinen ersten Mord begehen.
    Der obere Fleck war das Gesicht eines Mannes, den seine Auftraggeber Albert Garrick nannten, obgleich er in der Öffentlichkeit früher unter einem anderen Namen berühmt gewesen war. Der Große Lombardi war sein Künstlername gewesen, und vor vielen Jahren hatte man ihn als den berühmtesten Illusionisten des West End gefeiert – bis er eines Tages während der Vorstellung seine hübsche Assistentin tatsächlich in der Mitte durchgesägt hatte. An dem Abend hatte Garrick entdeckt, dass das Auslöschen eines Lebens ihm beinahe genauso viel Freude bereitete wie der begeisterte Applaus des Publikums, und so hatte der Zauberer umgesattelt und war zum Auftragsmörder geworden.
    Garrick fixierte den Jungen mit seinem kalten, ausdruckslosen Blick und packte ihn an der Schulter. Seine langen knochigen Finger bohrten sich schmerzhaft durch den Stoff von Rileys Mantel. Er sagte nichts, sondern nickte nur kurz, als Erinnerung und Aufforderung.
    Denk an deine Lektion von heute Nachmittag , sagte das Nicken. Beweg dich so lautlos wie der Nebel in Whitechapel und schieb die Klinge hinein, bis deine Finger in der Wunde versinken .
    Garrick hatte Riley aufgetragen, einen Hundekadaver in ihre Räume in Holborn zu schaffen und daran den Einsatz seines Dolchs zu üben, damit er sich an den Widerstand der Knochen gewöhnte.
    Neulinge denken meist, eine scharfe Klinge würde hineingleiten wie ein glühendes Schüreisen in Wachs, doch das ist ein Irrtum. Manchmal stößt selbst ein Meister wie ich auf Knochen und Muskeln, und dann hilft nur eins: runterdrücken und raufschieben. Merk dir das, Junge: runterdrücken und raufschieben. Benutz den Knochen als Hebelpunkt .
    Garrick machte die Bewegung erneut mit seinem langen schmalen Dolch vor, die hohe, geschwärzte Stirn zur Seite geneigt, um sich zu vergewissern, dass der Junge auch zusah.
    Riley nickte, dann nahm er den Dolch und wechselte ihn unauffällig in die andere Hand, wie er es gelernt hatte.
    Garrick stupste Riley auf das große Himmelbett zu, in dem der Dahinzuscheidende lag.
    Dahinzuscheidender. Das war einer von Garricks kleinen Scherzen.
    Riley wusste, er musste die Prüfung bestehen. Das hier war ein echter Mordauftrag, mit einer prall gefüllten Börse als Vorauszahlung. Entweder er pustete sein erstes Licht aus, oder Albert Garrick würde zwei Leichen in diesem düsteren, schrecklichen Zimmer hinterlassen und sich einen neuen Lehrling aus der Londoner Gosse fischen. Möglicherweise würde es ihn zwar schmerzen, aber Garrick blieb nichts anderes übrig. Riley sollte lernen, mehr zu tun, als Würstchen zu braten und Stiefel zu wienern.
    Vorsichtig setzte Riley einen Fuß vor den anderen, wobei er mit den Zehen jedes Mal einen weiten Kreis beschrieb, wie er es gelernt hatte, um den Boden abzutasten. Das machte ihn langsamer, aber schon das Knistern eines herumliegenden Papierfetzens konnte ausreichen, um sein Opfer zu wecken. Riley sah seine Hand mit dem Dolch vor sich, und er konnte kaum glauben, dass er wirklich hier war und gleich etwas tun würde, wofür er für immer in der Hölle schmoren würde.
    Wenn du die Macht gespürt hast, kannst du mein Juniorpartner im Familienunternehmen werden , sagte Garrick oft. Vielleicht sollten wir uns Visitenkarten zulegen, was, mein Junge? Garrick und Sohn – Auftragsmörder. Wir sind willig, aber nicht billig .
    Dann lachte er immer, und dieser dunkle, versonnene Klang brachte Rileys Nerven zum Flattern und drehte ihm den Magen um.
    Wieder trat Riley einen Schritt vor. Er sah keinen anderen Ausweg, fühlte sich wie in einer Falle.
    Ich muss diesen Mann töten, sonst werde ich selbst getötet . Rileys Kopf begann zu dröhnen, bis seine Hand anfing zu zittern und ihm beinahe der Dolch entglitt.
    Sofort war Garrick neben ihm, wie ein Geist, und berührte Riley mit seinem kalten, krallenartigen Finger am Ellbogen.
    »Denn Staub bist du …«, flüsterte er so leise, dass die Worte
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