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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
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Sie sich auf dem bekannten Holzweg. Nein, nein, ich bin der Sparsamsten einer, und ich lege seit Jahren Märkchen für Märkchen auf die hohe Kante, aber weiß der Teufel, bei mir hecken die Spargroschen nicht. Ich habe mir neulich ausgerechnet, daß ich zum eigenen Stall kommen kann, wenn ich vermutlich jede Lust verloren haben werde, mich auf ein Risiko einzulassen.«
    »Entschuldigen Sie, Herr Herold«, sagte sie und errötete vor Verlegenheit, »ich habe das mit den Cognacs wirklich nicht so
    gemeint. Und es geht mich auch nichts an. Es geht mich wirklich nichts an!«
    »Ich bitte Sie, Fräulein Schütz, Sie brauchen sich doch nicht zu entschuldigen. Man beurteilt Menschen nun einmal meistens nach dem ersten Eindruck. Aber wissen Sie, es will mir einfach nicht in den Kopf, daß Sie solch einen alteingeführten Betrieb einfach aufgeben wollen. Vierzig oder sogar über vierzig Jahre in der Familie — das ist doch wie Fahnenflucht!«
    »Was heißt wollen, Herr Herold? Ich will durchaus nicht, aber ich muß.«
    »Und dann noch für so ein Schandgeld...«
    »Geben Sie mir doch einen besseren Rat!«
    »Den habe ich im Augenblick leider nicht auf Lager.«
    »Den hat leider niemand vorrätig«, sagte sie. »Jeder erzählt mir nur immer das gleiche, daß er es nicht tun würde. Aber wenn ich dann die klugen Leute frage, was sie an meiner Stelle tun würden, dann weiß es keiner.«
    »Jedenfalls ist es ein Jammer. — Wollen Sie gleich in München bleiben, wenn Sie keinen Wurm im Apfel finden?«
    »Nein, denn ich muß ja zuerst den Verkauf abschließen. Und das wird noch eine ganze Weile dauern. Übrigens wird die Stelle in München, die mich am meisten interessiert, erst im Oktober frei. — Sagen Sie, Herr Herold, wie viele Kursteilnehmer hatte die Fahrschule Bauersfeld eigentlich?«
    »Im Durchschnitt sechzig bis siebzig...«
    Sie schloß für einen Moment die Augen, um eine Rechenaufgabe im Kopf zu lösen.
    »ja«, sagte er lächelnd, »sechzig Schäfchen geben einen Haufen Wolle. Und das fünf- bis sechsmal pro Jahr! Außerdem verstand es Frau Bauersfeld, die Schafe ratzekahl zu scheren.«
    »Ich habe mich zu früh selbständig gemacht. Diese Praxis geht mir völlig ab.«
    »Das kann man, oder das kann man nicht, das läßt sich nicht lernen. Und ich finde, man soll den Schafen ein wenig Wolle lassen und mit der Schere über der Haut bleiben.«
    Sie nickte ihm zu. Es sah aus, als wolle sie sagen, daß sie sich nicht nur in diesem Punkt mit ihm eigentlich recht gut verstände. Statt dessen sagte sie: »Schade...«, und ließ die Schultern sinken.
    »Was ist schade?« fragte er.
    »Ich meine, daß das damals dazwischenkam...«
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen...«
    »Nun — das dumme Mißverständnis...«
    »Ach so — nun ja, das war natürlich ein unglücklicher Zufall, daß der Chef gerade in jener Nacht sterben mußte...«
    »Und nach einer Trauernachricht sah die Dame wirklich nicht aus!«
    »Das stimmt allerdings...«
    »Ich wollte Ihnen nämlich an jenem Abend in der Eisdiele von Umberto einen Vorschlag machen...« Sie wedelte nicht vorhandene Krümel vom Tischtuch, »vorbei, vorbei, verjährt, vergessen...«
    »Sie hören immer dort auf, wo es interessant wird«, sagte er etwas zweideutig, denn damals in ihrem Wagen hatte es schließlich auch gerade angefangen, interessant zu werden —
    »Ich wollte Sie damals fragen, ob Sie ein Interesse daran hätten, in die Fahrschule Schütz als Teilhaber einzutreten.«
    Er starrte sie mit offenem Munde an.
    »So töricht, wie Sie mich jetzt anschauen, finde ich meinen Vorschlag gar nicht!« sagte sie, als bereue sie es, nun doch ausgepackt zu haben, was sie verschlossen halten wollte.
    »Das ist nur mein Gesicht«, sagte er und klappte den Mund zu. »Teilhaber — wie haben Sie sich das gedacht?«
    »Über das Geschäftliche hätten wir später reden können. Im Augenblick lag mir damals daran, Ihnen einen recht schmalen Bissen möglichst schmackhaft zu servieren. Das Gehalt, das Sie bei Bauersfeld bezogen, hätte ich Ihnen nie zahlen können. Aber ich dachte mir, wenn er Mut hat, und wenn er tüchtig ist, und wenn er das Risiko auf einen Zukunftswechsel nicht scheut, dann kannst du ihn vielleicht überreden, in das Geschäft einzusteigen. Die Fahrschule Schütz war nämlich einmal zu Vaters Lebzeiten das, was man eine Goldgrube nennt. Aber wozu reden wir noch drüber?« sagte sie mit einem kleinen Seufzer. »Dieses Kapitel ist abgeschlossen und wandert in die
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