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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
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Ablage.«
    »Warum? Ist der Verkauf denn schon perfekt?«
    »Ich kann doch nicht mehr zurück, wo der Käufer sich schon um ein Bankdarlehen bewirbt.«
    Er setzte das Glas an, um eine Trockenheit im Halse hinabzuspülen, aber das Glas war leer, und in dem Dreizehntelfläschchen war auch nichts mehr drin.
    »Für mich ist das Thema erledigt«, fuhr sie fort. »Ich habe lange nicht daran glauben wollen, aber einmal kommt der Zeitpunkt, wo man erkennt, daß man nicht halten kann, was einem unter den Fingern davonrinnt . Glauben Sie nicht, daß mir der Entschluß leichtgefallen ist.«
    »Das will ich Ihnen gern glauben...« Er warf einen Blick auf seine Uhr, »noch eine Stunde bis München. Wo werden Sie dort wohnen?«
    »Im Hotel Schottenhamel . Schon mein Vater war dort immer Gast, wenn er etwas in München zu erledigen hatte. Er aß leidenschaftlich gern Pichelsteiner und behauptete, so wie im Schottenhamel schmecke es nirgends. Und wo werden Sie wohnen?«
    »Ich muß mir erst ein Hotel suchen... « Seine Hoffnung, sie werde ihm zu ihrem Hotel raten, erfüllte sich leider nicht.
    »So kurz ist mir die Fahrt selten vorgekommen«, sagte sie.
    Er starrte auf das Tischtuch und begann, mit dem Nagel des Zeigefingers das Damastmuster nachzuzeichnen.
    »Sie kommen mir auf einmal so nervös vor«, sagte sie.
    »Ach wissen Sie«, murmelte er, »bei mir funktioniert der Starter nicht so richtig. Wenn der Motor erst einmal durchgerissen ist, dann kommt er rasch auf Touren. Hören Sie zu, Fräulein Schütz! Ich habe fast zwölftausend Mark auf der Bank liegen. Das ist nicht viel. Aber es würde langen, um Ihren Betrieb auf Hochglanz zu bringen. Vorläufig täten es auch zwei Fahrzeuge neben dem Lkw...«
    »Was wollen Sie eigentlich?« fragte sie und sah ihn an, als ob er nicht recht bei Tröste sei. »Wollen Sie Ihre sauer ersparten Kröten in einen Topf ohne Boden werfen? Das kommt überhaupt nicht in Frage!«
    »Voraussetzung wäre natürlich, daß Sie mir das Angebot, das Sie mir damals machen wollten, noch einmal wiederholen. Ich bin ziemlich tüchtig, ich kann sogar, wenn ich weiß, worum es geht, immens tüchtig sein. Und das Risiko, mit Ihnen zusammen hochzusteigen oder endgültig in den Keller zu fallen — dieses Risiko nehme ich auf mich.«
    Eine Weile blieb sie stumm — so stumm, daß er schon befürchtete, von ihr zu hören, daß er mit seinem Vorschlag leider zu spät käme.
    Dann bestellte sie plötzlich bei dem gerade vorbeikommenden Kellner zwei Cognacs und zwei Fläschchen Pilsener und sagte leise zu Heinz Herold: »Auf meine Rechnung!«
    »Soll das heißen, daß Sie mit meinem Vorschlag einverstanden sind?«
    Sie legte den Zeigefinger auf die Lippen und gebot ihm Schweigen. Der Kellner brachte die Cognacs und die grünen Flaschen mit dem runden Etikett. Marianne trank den Cognac und löschte ihn mit dem bitterwürzigen Pils ab. Heinz Herold trank ihr zu. Er sah sie noch immer fragend an.
    »Mein Gott«, sagte sie, »ich hätte es so trocken nicht herausgebracht. — Ja, natürlich bin ich einverstanden! Und ich weiß, daß wir beide zusammen niemals in den Keller fallen werden. Und jetzt habe ich wirklich das Gefühl, einen kleinen Zacken zuviel in der Krone zu haben.« Sie schaute durchs Fenster hinaus, wo die Landschaft immer flacher und münchnerischer wurde. »Und was ich jetzt noch in München soll, weiß ich wirklich nicht. Am liebsten möchte ich den nächsten Zug zurück nehmen und unser Fahrschulschild neu anpinseln: Fahrschule Schütz & Herold!«
    »Das kommt gar nicht in Frage!« widersprach er. »Natürlich bleibt der alte Name bestehen. Wir müssen in Kirst und Umgebung nur tüchtig die Trommel rühren, daß die altrenommierte Fahrschule Schütz ihren Betrieb mit den neuesten Wagentypen und mit erstklassigen Fachkräften am 15. September wiederaufnimmt .«
    »Und inzwischen?« fragte sie stirnrunzelnd .
    »Inzwischen bringen wir den Laden wirklich auf Hochglanz!«
    »Sie wollten doch nach Italien fahren...«
    »Ja, aber jetzt nicht mehr.« Er klopfte auf seine linke Brustseite, wo die gut gefüllte Brieftasche steckte. »Ich wollte ein Monatsgehalt verjubeln, ich wollte einmal aus dem vollen leben, acht oder zehn Tage, solange der Vorrat eben gereicht hätte. Aber jetzt denke ich gar nicht mehr daran, das gute Geld zu verplempern, das wir viel nützlicher anlegen können.«
    Der Zug klirrte über Gleisanlagen. »München...!« sagte Heinz Herold. »Wir sollten uns doch zwei oder drei Tage Zeit
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