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Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele

Titel: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele - Thurner, M: Elfenzeit 6: Die wandernde Seele
Autoren: Michael Marcus Thurner
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1 Flughafenzauber
    Ein Blitz zerriss den Himmel. Er kam aus dem Nirgendwo, glitt durch dunkle Quellwolken, verästelte sich und fuhr unweit einer kleinen, schäbigen Baracke in den Boden.
    Die am Flughafen übliche Hektik endete mit einem Mal. Menschen blieben stehen, wo sie waren, und stellten ihre Gespräche ein. Irritiert beobachteten sie das Schauspiel, das mehrere Sekunden in Anspruch nahm.
    Seltsam.
    Merkwürdig.
    Eigenartig.
    Diese Worte nahmen seit mehreren Monaten einen breiten Raum in Nadjas Leben ein. Sie hatte angefangen, sich für die kleinsten Ungereimtheiten zu interessieren und sie zu hinterfragen. Vieles, was sich als
seltsam, merkwürdig
und
eigenartig
darstellte, bekam mit dem Wissen um die Existenz mehrerer paralleler Welten eine ganz andere Bedeutung.
    Donner folgte dem Blitz. Er übertönte selbst den Lärm der startenden Flugzeuge und ängstigte die Menschen. Überall sah sie eingezogene Köpfe, panische Blicke, zitternde Hände. Ein Kind weinte, dass die Tränen nur so über die pausbäckigen Wangen liefen. Es deutete mit einem Zeigefinger in die Richtung jener Baracke, die das scheinbare Ziel des Blitzes geworden war.
    Der Donner rollte aus, langsam und mit einem Nachhall, den Nadja im Magen zu spüren vermeinte. Danach trat ein Moment unheimlicher Stille ein. Erst allmählich fingen sich die Menschen, lächelten einander zu, als müssten sie sich davon überzeugen, dass dies alles nur ein Traum gewesen sei, ein kurzer Riss in der Wirklichkeit, der etwas offenbart hatte, was nicht auf diese Erde gehörte. Sie gingen ihren Beschäftigungen nach, als sei nichts geschehen. Das Kind lachte breit, die Mutter stopfte ihm einen Keks in den Mund und wischte die Tränen hastig beiseite.
    War dies ein kleiner Vorgeschmack auf das, was den Menschen drohte, wenn die Grenzen zwischen den Welten endgültig verschwammen und Bandorchu ihre Finger nach der Erde ausstreckte?
    Nadja atmete tief durch, hob den Koffer und betrat das Flughafengebäude. Auch sie verdrängte. In gewissem Sinne war sie eine Meisterin des Verdrängens; wie sonst hätte sie es verwinden können, ohne Mutter aufzuwachsen?
    Menschen hasteten an ihr vorbei: Pärchen, die ihre Kleidung einem Urlaub in der Karibik angepasst hatten; Geschäftsreisende im Nadelstreifenanzug, an Ohr und Mund verkabelt. Sie gingen geistesabwesend durch die Halle und plauderten mit unsichtbaren Gesprächspartnern. Braun gebrannte Touristen trugen voluminöse Rucksäcke auf den Schultern; verliebte Wochenendreisende, die ihre Köpfe hinter Städteführern verbargen, schnatterten aufgeregt miteinander. Nikotinsüchtige drängten sich an den Ausgängen, sogen gierig an ihren Zigaretten und diskutierten lautstark über ihre Diskriminierung ...
    Nadja sah auf die Uhr. Es war kurz vor eins. Fabio hatte ihr am Telefon mitgeteilt, dass das Flugzeug nach Palermo um 14:40 Uhr startete.
    »Wo, zum Teufel, bist du?«, murmelte Nadja. Warum, so fragte sie sich, hielt sich Fabio nicht an seine eigenen Abmachungen?
    »Na endlich! Ich befürchtete schon, du hättest dich verspätet!«
    Nadja drehte sich um und blickte in das grinsende Gesicht ihres Vaters. Sein wallendes weißes Haar war zerzaust, die Haut gerötet. Er wirkte entspannt und irgendwie ... erleichtert.
    Nadja trat auf ihn zu, drückte ihm hastig Küsschen auf beide Wangen und umarmte ihn. »Ich dachte, du wolltest mich im Airbräu treffen?«, fragte sie.
    »Ich bin erst gestern aus Venedig zurückgekommen und habe die Nacht im Kempinski verbracht«, antwortete ihr Vater. »Man wollte mir partout eine dieser unverschämt luxuriösen De-luxe-Junior-Suiten aufdrängen, und wer bin ich, dass ich mich gegen ein derartiges Angebot wehre?«
    »Du hast deinen ganz besonderen Elfencharme benutzt, um im Luxus schwelgen zu können«, unterbrach Nadja. Empört, aber ohne besonderen Nachdruck.
    »Soviel ich weiß, hast du selbst ein ganz besonderes Geschick entwickelt, das zu bekommen, was du willst.« Fabio lächelte zurück. »Es freut mich, dass sich mein Erbgut zumindest
ein wenig
bemerkbar macht.« Er wurde wieder ernst. »Nachdem wir miteinander telefoniert hatten, fühlte ich mich ... angespannt. Die Decke fiel mir auf den Kopf. Ich wollte nachdenken, den Kopf klar bekommen. Also habe ich einen kleinen Spaziergang unternommen, hinaus ins Moor ...«
    »Ins Moor?«
    Fabio griff nach ihrem Koffer, nahm sie am Arm und führte sie auf eine Batterie von Bildschirmen zu, welche die Abflugdaten anzeigten.
    »Wusstest du, dass
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