Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
bis ihr euch endgültig verlaufen habt.«
    »Wenn sie mich wirklich mag, dann wird sie mich auch noch nach vierzehn Tagen mögen. — Ich brauche im Augenblick nichts dringender als Luftveränderung. Erspar es mir, dir lange zu erklären, weshalb ich hier für eine Weile verschwinden möchte...«
    »Ich verstehe«, sagte Rothe und hob die Nase schnuppernd in die Luft, »du willst deine Klamotten auslüften...«
    »So ungefähr...«, murmelte Heinz Herold leicht verlegen.
    »Du solltest nicht an die Adria, sondern an die Nordsee gehen, oben weht der Wind frischer.«
    »Mir genügt der Wind von Rimini.«
    »Und darauf wollen wir noch einen zwitschern!« Er griff nach dem Steinkrug, in dem er das Türkenblut gemischt hatte, aber der Krug war leer. Die Bierflaschen waren leer. In der Geneverflasche befand sich auch nur noch Luft. Und den Portwein, den Heinz Herold noch aus Frau Jossas Präsentkorb anzubieten hatte, überließ Rothe »künftigen Damenbesuchen...«
    »Es war ein schönes Fest, Heinz — es war eine richtig erhebende Feier...«
    »Ich begleite dich heim, Emil.«
    »Heim? Kommt überhaupt nicht in Frage. Dazu war der Fraß viel zu gesalzen. Ich werde im >Ochsen< noch ein Helles zwitschern. Wir sehen uns doch morgen beim Essen wieder...«
    »Also, bis morgen!«
    Er brachte Rothe vor die Haustür und schaute ihm nach. Es gab keinen Grund, sich um Emil Rothe Sorgen zu machen, der alte Flieger marschierte aufrecht und munter pfeifend »von det eene Restorang in det andre Restorang «.

    Drei Tage später brachte Rothe Heinz Herold zum Bahnhof, in dem blauen Rekord Fahrschule Bauersfeld, und er wählte keine Umwege, sondern fuhr ostentativ langsam an der Fahrschule vorüber.
    »Sie wird dich ‘rausschmeißen, wenn sie uns sieht.«
    »Genau darauf lasse ich es ankommen«, knurrte Rothe.
    Heinz Herold hatte die Fahrkarte nach Rimini in der Tasche. Er beabsichtigte, in München für zwei oder drei Tage Station zu machen, sich die Verkehrsausstellung anzuschauen und, in Verbindung des Angenehmen mit dem Nützlichen, sich nach einem neuen Job umzusehen. Das Zeugnis, das Frau Bauersfeld ihm ausgestellt hatte, war hervorragend. Sie hatte darin geschrieben, daß er auf seinen Wunsch aus der Fahrschule Bauersfeld ausscheide.
    »Schau dich um, ob auch mein Typ in München gefragt ist«, sagte Rothe. »Der neue Mann geht mir auf die Nerven. Er ist ein Schnorrer und erzählt am laufenden Band schmierige Witze. Ich habe nichts gegen Pfeffer, aber ich bin gegen Dreck allergisch.«
    Herold zündete zwei Zigaretten an und schob eine davon Rothe zwischen die Lippen: » Verlaß dich auf mich, ich tue auch für dich, was ich tun kann.«
    »Ich beneide dich...«, murmelte Rothe.
    »Etwa um Italien?«
    »Ach was! Italien wird dir nach acht Tagen genauso zum Hals heraushängen wie die ewigen Spaghetti. Aber die Vorstellung, jetzt bequem im Speisewagen zu sitzen, ein Bierchen zu zischen, die Landschaft vorüberfliegen zu sehen und sich womöglich mit einem netten Gegenüber ein bißchen zu unterhalten, das sind die wahren Genüsse einer Urlaubsreise. Das ist wie in der Oper, wenn die Musiker die Instrumente stimmen. Was nachher kommt, na ja — dafür hat man schließlich bezahlt. Aber das Beste ist doch die Erwartung...«
    »Was ist mit dir los?« fragte Herold verblüfft. »Seit wann begnügst du dich damit, am Korken zu riechen? — Aber Speisewagen ist eine gute Idee.«
    Rothe bremste neben dem Taxiparkplatz. »Leb wohl, mein Junge, viel Spaß in Rimini, schreib mir gelegentlich ‘ne Ansichtskarte!«
    Sie schüttelten sich die Hände, Heinz Herold nahm seinen Koffer, und Rothe fuhr zur Fahrschule zurück. Es war zwei Uhr nachmittags. Der Zug, der von Hamburg kam, war bereits eingelaufen, aber er hatte noch zehn Minuten Aufenthalt. Die Reisesaison näherte sich ihrem Ende. Heinz Herold fand in einem Raucherabteil gleich hinter dem Speisewagen einen Türplatz. Als der Zug sich in Bewegung setzte, schlenderte er langsam zum Speisewagen, um eine Tasse Kaffee zu trinken.
    Im ersten Teil des Speisewagens konnte er keinen freien Platz entdecken. Die Fahrgäste saßen noch beim Nachtisch des zweiten Mittagessens, das vor einer halben Stunde serviert worden war. Herolds Hoffnung, hinter der gläsernen Schwingtür einen Platz zu finden, war gering, aber er hatte Glück, an einem Zweipersonentisch war ein Platz frei. Eine junge Dame, die in Fahrtrichtung saß, so daß er von ihr nur die Schulterpartie ihrer dunkelgrünen Rehlederjacke und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher