Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
Garn!« sagte Herold und runzelte die Stirn. »Aber wenn du es ganz genau wissen willst, ich habe sie geküßt . Leider nicht stürmisch genug. Denn sie entdeckte, daß ich einen zweiten Damenbesuch bekam.«
    Rothe pfiff durch die Zähne: »Ei ei , du Schwerenöter!« sagte er im Tonfall eines Provinzibühnenbonvivants .
    »Es war Frau Bauersfeld. Sie kam, um mir zu erzählen, daß es mit dem Boß zu Ende ginge.«
    Wenn Rothe auch ahnen mochte, daß es zwischen den beiden mehr gegeben hatte, als Herold zuzugeben bereit war, so ließ er sich nichts anmerken, und Heinz Herold war ihm dankbar, daß er keine Fragen stellte.
    »Jedenfalls bekam Fräulein Schütz diesen Besuch in die falsche Kehle. Ich bat sie, wegzufahren, ehe die Chefin mich entdeckte. Sie fuhr auch — aber sie lud mich an der nächsten Straßenecke mit ziemlicher Vehemenz aus.«
    »Ein energisches Mädchen«, grinste Rothe.
    »Sie hatte nicht den geringsten Grund zur Eifersucht!«
    »Das liegt im Auge des Beschauers...«
    Heinz Herold griff in seine Jackentasche und zog den Brief heraus, den er am Vormittag erhalten hatte. Er reichte ihn Rothe hinüber: »Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen. Aber heute bekam ich diesen Brief. Lies ihn, bitte. Frau Bauersfeld hat ihn auch gelesen. Versehentlich, wie sie sagte...«
    »Hat sie sich wenigstens bei dir entschuldigt?«
    »Ja — mit meiner Entlassung.«
    Rothe las den Brief aufmerksam durch.
    »Was für ein nettes Mädchen!« sagte er und gab den Brief Heinz Herold zurück. Sein Blick fiel dabei auf das Hauswappen des Gasthofs >Zum Straußen« und auf die Zeilen, mit denen der Straußenwirt sein Lokal dem Publikum empfahl: Eigene Schlachtung, gute Küche, gepflegte Biere. — »Sag einmal, wie alt ist dieses Fräulein Sauter deiner Schätzung nach?«
    »Genauso alt wie Marianne Schütz, fünfundzwanzig...«
    Rothe stieß einen resignierten Seufzer aus. »Schade«, murmelte er, »ich habe immer mit dem Gedanken gespielt, einmal in eine gutgehende Gastwirtschaft einzuheiraten. Es muß doch schön sein, immer an der Quelle zu sitzen... « Sein trüber Blick hellte sich plötzlich auf: »Aber für dich, mein Junge, liegt der Fall sonnenklar! Du wirst nicht nach Italien, sondern nach Kirst gehen. Und du wirst dich im >Straußen< einlogieren und die gute Küche von Mutter Sauter und die gepflegten Biere der Schloßbrauerei Gräfenbroich genießen, und...«
    »Das werde ich nicht tun!« unterbrach ihn Herold.
    »Und warum nicht? Ich nehme doch an, daß dir das Mädchen nicht gleichgültig ist.«
    »Natürlich ist sie mir nicht gleichgültig!«
    »Oder hat es dich so sehr erschüttert, daß sie dich damals an die frische Luft gesetzt hat?«
    »Zugegeben, zuerst war ich wütend. Aber dann wurde mir klar, warum sie explodierte...«
    »Wie intelligent!« sagte Rothe trocken.
    »Und dann wollte ich sie ein wenig abkühlen lassen.«
    »Das dürfte inzwischen geschehen sein.«
    »Das ist möglich. Aber inzwischen bin ich zum zweitenmal an die frische Luft gesetzt worden...«
    »Etwas Besseres konnte dir doch gar nicht passieren. Jetzt hast du doch die Hände frei!«
    »Und du meinst im Ernst, daß ich als stellungloser Handwerksbursche bei ihr erscheine und sie bitte, mich in Gnaden aufzunehmen? Das kommt überhaupt nicht in Frage!«
    »Menschenskind, das Mädchen braucht dich!«
    »Wenn sie mich wirklich braucht, dann ist der Weg von Kirst zu mir genauso weit wie mein Weg nach Kirst.«
    Rothe hob die leere Geneverflasche wie ein Fernrohr ans Auge und betrachtete Heinz Herold durch den Flaschenboden. Er stieß schon ein wenig mit der Zunge an, aber sein Kopf funktionierte noch tadellos: »Es ist erhebend, einen Mann mit Charakter zu entdecken. Einen Mann mit Rückgrat. Man kann davon auch zuviel haben, dann bricht man sich leicht das Kreuz. Und natürlich bist du auch viel zu stolz, den kleinen Irrtum aufzuklären, daß die Witwe Bauersfeld an jenem bewußten Abend nicht auf Liebespfaden wandelte, sondern...«
    »Stimmt nicht, ich habe Fräulein Sauter heute nachmittag geschrieben, was es mit diesem Besuch für eine Bewandtnis hatte.«
    »Das hättest du deinem Mädchen schreiben sollen.«
    »Sie hat von mir keine Aufklärung verlangt.«
    »Du bist ein verdammt sturer Bock. Man müßte das arme Kind direkt vor dir warnen...«
    »Von mir aus warne sie.«
    » Halt’s Maul, du Idiot«, sagte Rothe herzlich, »ich überlege mir nur, wie das mit euch beiden weitergehen soll. Ihr werdet so lange aneinander vorbeilaufen,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher