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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
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mit der Ehe, die ich hinter mir habe, vollauf bedient, Herr Herold«, sagte sie eisig, »und wenn Sie vielleicht darauf spekuliert haben, sich hier...«
    »Stopp!!« unterbrach er sie scharf, und seine hellen Augen loderten aus einem Gesicht, das scharf wie ein Keil und weiß vor Wut war. »Solche Spekulationen liegen nicht in meiner Art! Aber noch weniger liegt es mir, Ihnen als Spielzeug zu dienen! — Ich will den Betrieb jetzt nicht im Stich lassen, aber ich rate Ihnen dringend, sich so rasch wie möglich nach einem Ersatz für mich umzusehen.«
    Herold ging zu seinem Wagen und fuhr den kurzen Weg zum Justizpalast, wo um zwei Uhr der Amtsgerichtsrat Schnabel in den Wagen steigen sollte. Er parkte am Glacis im Schatten einer mächtigen Blutbuche und zündete sich mit noch immer zitternden Fingern eine Zigarette an und schloß die Augen. Die zornige Erregung klang langsam ab. Er bereute es jetzt, daß er aus Eitelkeit und Schwäche so lange gezögert hatte, klare Verhältnisse zu schaffen. Am besten wäre es natürlich gewesen, sofort zu gehen, aber er fühlte sich dem Chef und auch Rothe gegenüber verpflichtet, den Betrieb nicht im Stich zu lassen, solange der neue Mann noch nicht eingearbeitet war. Zur Konkurrenz zu gehen verspürte er wenig Lust. Aber er brauchte eine Luftveränderung. Mit dem Gedanken, nach München zu gehen, hatte er schon gespielt, bevor er seine Stellung in Stuttgart antrat.
    München... Wo war ihm der Name München erst vor kurzem begegnet? Natürlich, in dem Brief, den er in der Tasche trug — in diesem dummen Brief, der ihm die ganze Suppe eingebrockt hatte. Er zog ihn heraus, um ihn zu zerreißen, aber dann glättete er den Bogen und las den Brief noch einmal. Und plötzlich fand er, daß es eigentlich ein netter Brief war, ein sehr netter Brief sogar — und das Mädchen, das ihn geschrieben hatte, schien sich um ihre Freundin Marianne ehrlich Sorgen zu machen. Schade, daß er sie ihr nicht abnehmen konnte, denn jetzt, da er sozusagen schon mit einem Bein auf der Straße stand und sich um einen neuen Job umsehen mußte, war für ihn der Weg nach Kirst und zu Marianne endgültig versperrt.
    Jemand klopfte diskret aufs Wagendach. Es war der Amtsgerichtsrat. Heinz Herold schob den Brief von Fräulein Sauter hastig in die Tasche und stieg aus dem Wagen, um Herrn Dr. Schnabel den Steuersitz zu überlassen.
    »Wenn es ein Liebesbrief ist, sollten Sie ihn zu Ende lesen, Herr Herold«, sagte der Amtsgerichtsrat zwinkernd.
    »Was steht eigentlich auf Kuppelei, Herr Doktor?«
    »Für einfache gibt’s Gefängnis nicht unter einem Monat, und für schwere Zuchthaus bis zu fünf Jahren. Wollen Sie mehr wissen, oder genügt’s ?«
    »Danke, es genügt, Herr Amtsgerichtsrat.«
    »Denken Sie immerhin daran, daß die Strafe bei mildernden Umständen auf einen Tag Haft ermäßigt werden kann.«
    »Na, dann kuppeln Sie mal, Herr Amtsgerichtsrat«, sagte Herold mit einem kleinen Grinsen und einer einladenden Handbewegung, »und ich will sehen, ob es leichte oder schwere Kuppelei wird.«
    »Sie Witzbold«, seufzte der Amtsgerichtsrat und löste die Handbremse, trat die Kupplung durch, legte den ersten Gang ein, gab vorsichtig Gas, kuppelte mit Gefühl aus und blickte >mit dem ganzen Oberkörper< in den Rückspiegel, aber der Wagen rührte sich nicht von der Stelle.
    »Was ist nun schon wieder los?« fragte er ratlos.
    »Versuchen Sie mal, den Motor anzulassen, Herr Amtsgerichtsrat — ich glaube, dann geht’s.«
    »Mein Gott!« stöhnte Dr. Schnabel. »Wann werde ich es je begreifen? Ich bewundere Ihre Geduld, Herr Herold. Mir würde der Kragen platzen, wenn ich es mit dem Amtsgerichtsrat Schnabel zu tun hätte. Und das in der vierunddreißigsten Fahrstunde!«
    »Ich finde, es geht von Mal zu Mal besser...«
    »Erzählen Sie das meinem vierzehnjährigen Sohn, Herr Herold. Ich traue mich kaum mehr nach Hause. Der Bengel hält mich für einen kompletten Idioten...«
    »Ich geb’s Ihnen schriftlich mit, Herr Amtsgerichtsrat.«
    Herolds gutes Zureden schien ihn zu beflügeln, denn in seiner vierunddreißigsten Fahrstunde schaffte es Herr Dr. Schnabel, den Wagen ohne Pannen und ohne Stottern über den Kurs zu bringen.
    Als Herold kurz vor drei an der Fahrschule hielt, um den nächsten Fahrschüler abzuholen, stand statt Fräulein Sommer sein Kollege Rothe vor der Telefonzelle, und in seinem trockenen Ledergesicht furchten sich scharfe Falten.
    »Was ist los?« fragte Herold ahnungsvoll. »Sie machen ja eine
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