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Abschied braucht Zeit

Abschied braucht Zeit

Titel: Abschied braucht Zeit
Autoren: H Christof Mueller-Busch
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Vorausbestimmen können, welche Wünsche respektiert werden sollen
    Ich wünsche mir, in Verbundenheit und Harmonie mit denjenigen zu sterben, die meine letzte Lebenszeit begleiten. Ich wünsche mir, Zeit zum Abschied zu finden und Stimmigkeit. Ich kann mir nicht vorstellen, mich an lebenserhaltende Maschinen, an eine künstliche Ernährung und eine andauernde schwerste Pflegebedürftigkeit ohne Kommunikation und ohne Aussicht auf Besserung zu gewöhnen und wünsche, mich zu respektieren, wenn ich mich gegen Maßnahmen ausspreche, die meinen Tod nur verzögern und für das Leben nicht mehr sinnvoll sind. Ich habe eine Patientenverfügung und bitte meine Frau als Vorsorgebevollmächtigte darum, in meinem Sinne zu entscheiden, wenn ich nicht mehr entscheidungsfähig bin. Meine Patientenverfügung ist ein Instrument zum Dialog – ich weiß, dass sich mein Wille und meine Vorstellungen ändern können, wenn es im Fall der Nichtentscheidungsfähigkeit so ist, dass aktueller Wille und die in meiner Patientenverfügung niedergelegten Vorstellungen miteinander in Konflikt geraten. Ich bitte dann, wenn es so gesehen wird, meine Betreuer – meine Kümmerer –, sehr sorgfältig zu prüfen, welche soziale Bedeutung mein Leben in einer von mir nicht mehr selbst gestaltbaren Form haben wird, und sich bei den Deutungen meiner Lebenssituation an die Bemerkung Cicely Saunders’ zu erinnern, »daß es Zeiten gibt, in denen es im Interesse der Gesundheit liegt, zu sterben. Es ist nicht gesund, das Sterben hinauszuziehen.« 221

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
    Sollte ich wegen schwerer Erkrankung mit irreversibler Bewusstlosigkeit und bei schwerer Dauerschädigung des Gehirns oder wegen andauernden Ausfalls lebenswichtiger Funktionen meines Körpers außerstande sein, mein Selbstbestimmungsrecht in Gesundheitsangelegenheiten wirksam auszuüben und sollte ein kommunikationsbestimmtes und selbständiges Leben in absehbarer Zeit nicht mehr erwartet werden können, so bitte ich die behandelnden Ärzte und Ärztinnen sowie die Pflegenden, keine weiteren lebensverlängernden Maßnahmen durchzuführen und alle eingeleiteten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen inkl. künstlicher Beatmung, Antibiotika- und Infusionstherapie und nicht-oraler Ernährung einzustellen. Maßnahmen der Grundversorgung, die mir eine friedliche, schmerz- und leidensfreie autonome Vollendung meines Lebens ermöglichen, sollten gewährleistet werden. Eine Entscheidung über den von mir gewünschten Therapieverzicht bitte ich spätestens drei Monate nach Beginn der Bewusstlosigkeit oder des Funktionsausfalls zu treffen, im »eindeutigen« Fall so früh wie möglich. Meine Angehörigen sollen bei der Beurteilung der aktuellen Situation und den daraus abgeleiteten Entscheidungen einbezogen werden. Medizinische Indikation sollte sich nicht allgemein an Teilzielen und Lebenszeit orientieren, sondern an meinen hier festgelegten Wertvorstellungen und der aktuellen Bedeutung meines »Zustandes« für die Lebenssituation meiner Angehörigen. Grundlage der Entscheidung zur Therapiebegrenzung sollten nicht eventuell vorhandene Behandlungsoptionen im Hinblick auf den Erhalt des Status quo oder eine vielleicht erzielbare geringe Besserung des aktuellen Zustandes sein, sondern die Würdigung der – auch nach Kenntnis vieler Krankheitsverläufe unterschiedlichster>Art – individuell gefestigten Überzeugung, dann bereit sein zu sterben und auch sterben zu wollen, wenn eine selbständige Lebensperspektive nicht mehr erwartet werden kann. Eine künstliche Ernährung über Sonde im Fall einer schweren Demenz oder anderer schwerer Erkrankungen lehne ich – auch vorübergehend – ab. Ich übernehme die Verantwortung für die von mir gewünschten Maßnahmen, wobei ich mir darüber im Klaren bin, dass Unterlassungen nicht in der Absicht der Lebensbeendigung erfolgen, sondern weil sie meinen Wertvorstellungen und meinem in dieser Verfügung bekundeten Willen entsprechen.
    Ich weiß, dass ich durch eine Behandlungsbegrenzung oder den Abbruch künstlich lebensverlängernder Maßnahmen mein autonomes Sterben zu verwirklichen suche und den Tod will. Diese Zeilen werden geschrieben im vollen Bewusstsein Ihrer Tragfähigkeit für meine Angehörigen und die behandelnden Ärzte, aber auch aus Erkenntnis, dass für mich ein Zustand der längerfristigen Abhängigkeit von künstlichen lebensverlängernden Maßnahmen meinem Selbstverständnis einer autonomen und sozial
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