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Abaton

Abaton

Titel: Abaton
Autoren: C Jeltsch
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Reißverschluss aufziehen und nachsehen, was da vor sich ging, da ratschte er auch schon nach oben und Edda starrte Linus verdutzt ins Gesicht.
    „Ahh!“ Edda stürzte aus dem Zelt und starrte noch immer fluchend auf ihre Finger. „Mein Fingernagel ... ist abgebrochen!“
    Linus konnte nicht anders. Er lachte los. Das war aber auch einfach zu komisch.
    „Du veranstaltest dieses Gezeter wegen einem abgebrochenen Fingernagel?“
    Edda starrte ihn an. Was Linus nicht etwa innehalten, sondern erst recht weiterprusten ließ. Mit den Blicken holte er sich Unterstützung bei Simon. Der wusste nicht so recht, ob er einstimmen sollte, und da war Edda auch schon bei Linus und scheuerte ihm eine. Verblüffte Stille. Doch der verdatterte Blick, mit dem Linus Edda folgte, die postwendend wieder in ihrem Zelt verschwand, ließ Simon dann doch auflachen. Wütend blickte Linus ihn an.
    So begann der erste gemeinsame Tag von Edda, Simon und Linus. Ziemlich normal und trotzdem war es kein Tag wie jeder andere. Er unterschied sich allerdings auch nicht sehr von dem Tag vorher oder danach. Bis auf ein paar scheinbar bedeutungslose historische Fakten, die sich an diesem Tag jährten – falls man sich für derlei Gedankenspielereien interessierte. Dann hätte einem auffallen können, dass vor 58 Jahren das erste Heft der Micky Maus in Deutschland erschienen war oder dass die Beatles vor 44 Jahren ihr letztes öffentliches Konzert gegeben hatten. 15 Jahre war es nun her, dass die erste Playstation auf den Markt gekommen war. Und auf den Tag vor 73 Jahren war im »Berliner Tageblatt« die Großstadt-Bildergeschichte von » Abatonia « nach nur drei Folgen eingestellt worden. Ein mysteriöser Cartoon über das Ende eines Bienenstaates.
    Wie sollten diese Fakten zusammenhängen? Und was hatten sie mit Edda, Linus und Simon zu tun? Wenn man an Verschwörungen glaubte, hätte man womöglich bemerkt, dass die Quersumme des Datums dieses Tages die Zahl 23 ergab. Doch unsere Helden interessierten diese Fakten nicht. Noch nicht. Die drei waren an diesem sonnigen Tag auch noch keine Helden, sondern drei ganz normale Teenager, die in einem Ferienlager bei Berlin eingetroffen waren. Und aus sehr unterschiedlichen Gründen hatte keiner von ihnen große Lust, die nächsten Tage ganz und gar dem offiziellen Programm zu widmen.
    Keiner der drei aber konnte damit rechnen, dass die Tage im Camp ihr ganzes Leben auf den Kopf stellen würden.
    [ 1116 ]
    Linus hatte geglaubt, er sei auf alles vorbereitet, als er Simon und Edda zurückließ und in das Dunkel unter der Stadt hinabstieg. Seine Vorstellung von den Gefahren, die hier unten auf ihn lauern könnten, hatte in den letzten Monaten alle möglichen Szenarien entstehen lassen. Enge, Ungeziefer, Ratten, Abwasser, Gestank; das waren noch die geringsten Probleme, die er sich ausgemalt hatte. Für alles hatte er vorgesorgt, so gut es ging. Doch auf das, was er da jetzt heimlich und verstört beobachtete, hätte er sich nicht vorbereiten können. Dafür gab es auch keine Erklärung. Jedenfalls nicht, wenn man noch alle Sinne beisammen hatte. Ein schreckliches Lachen hallte ihm aus den dunklen Eingeweiden der Stadt entgegen. Sein Herz schlug bis zum Hals. Nein. Es schlug bis in sein Hirn. Wenn nicht darüber hinaus. Nichts, null, nada ... Pipifax! Pipifax war sein Puls in den Nächten mit den greifenden Schattenarmen gewesen gegen die Schläge, die in diesem Moment im Zehntelsekundentakt durch seinen Körper schossen. Vielleicht war er ja gerade dabei, verrückt zu werden. Und dennoch, selbst wenn es das Letzte war, was er in seinem Leben sah, Linus konnte seinen Blick einfach nicht abwenden von diesem unglaublichen, unterirdischen Geschehen. Vor seinen Augen war gerade eine seltsam finstere Gestalt lachend in einer Wand verschwunden ...
    Linus war nach dem Einstieg in die Eingeweide der Stadt zunächst den elend langen Gang mit den grünen Lichtern entlanggegangen und dann zielstrebig dem Weg gefolgt, den er auf seinem Plan von Berlins Untergrund eingezeichnet hatte. Ein Lob auf das Internet, das sein neuer Pflegevater so verteufelte, dachte er. Der Weg hier unten entsprach exakt dem Plan, den Linus über die Webseiten der Stadtwerke und der Unterwelten-Freaks aus dem Netz gefischt hatte.
    Nach einer Viertelstunde erreichte Linus eine Stahltür. Es überraschte ihn nicht, dass sie verschlossen war. So stand es ja in seinen Unterlagen. Aber Linus war darauf vorbereitet. Schließlich hatte er von Tarik
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