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Abaton

Abaton

Titel: Abaton
Autoren: C Jeltsch
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Moment herabzutropfen drohte. Naja, eben so, wie in »Slime-Attack«, dem idiotischen Computerspiel, das Simon manchmal spielte. Obwohl ... so idiotisch war es gar nicht. Simon hatte innerhalb von nur drei Wochen den absoluten Highscore geknackt.
    „Ich kann nicht mehr. Und ich will nicht mehr!“, sagte Edda entschlossen.
    Sie weinte.
    Simon wusste mit so was nicht umzugehen. Er hockte sich zu ihr und zupfte ein Taschentuch aus der Tasche. Edda aber schüttelte nur den Kopf und schimpfte drauflos.
    „So eine Scheiße! Das darf doch nicht wahr sein! Was haben wir denn getan? Was sind das für Arschlöcher?“
    Simon hatte keine Antwort.
    „Wir müssen weiter. Wenn sie hinter uns her sind, müssen wir uns beeilen.“
    „Wir müssen zur Polizei! Das müssen wir!“
    „Erst mal müssen wir hier raus!“
    Es gab keinen Weg mehr zurück. Der hätte sie geradewegs in die Arme der Verfolger geführt. Vom Beginn des Ganges bis hierher hatte es keine einzige Abzweigung gegeben. Also blieb ihnen nichts anderes übrig, als weiterzugehen. Simon schaute Edda an. Selbst im grünlichen Schein der Notbeleuchtung war sie schön. Nicht einmal das vor Tränen der Wut und Angst zerlaufene Kajal störte ihn. Vor allem ihre Augen hatten es ihm angetan. Genau solche Augen hatte auch das Mädchen, von dem Simon träumte, wenn er lief. Er hatte keine Ahnung mehr, wann und wie sie zum ersten Mal in seinen Gedanken aufgetaucht war, ob er ihr je begegnet war. Aber das war jetzt sowieso egal. Denn nun war sie hier. Neben ihm und hatte Angst.
    „Gehen wir!“, sagte Edda plötzlich entschlossen und marschierte voran. Um kurz darauf stehen zu bleiben und einen schnellen Blick in ihren allzeit paraten Schminkspiegel zu werfen.
    „Scheiße. Ich seh scheiße aus. Total scheiße. Oder?“
    „Och ...“ Simon zog die Schultern hoch.
    Edda sah ihn erstaunt an. Sie kam näher und ihre Stimme klang auf einmal ungewohnt zart.
    „Verlieb dich bloß nicht in mich! Bitte. Tu das nicht. Das nimmt kein gutes Ende. Okay?“
    „Schon klar“, sagte Simon tapfer. „Gehen wir. Irgendwo werden wir sicher auf Linus stoßen. Er wird bestimmt einen Weg hier raus wissen.“
    Damit übernahm er wieder die Führung. Und Edda legte freiwillig die Hand in seine.
    „Damit wir uns nicht verlieren.“
    „Eh klar“, sagte Simon und dachte wieder an den Moment ihrer ersten Begegnung. »Meine, deine, unsere Zukunft« ... was für ein Schwachsinn, wenn man nicht einmal voraussieht, was in zwei Tagen alles passieren kann.
    [ 1114 ]
    „Och nee. Die beiden Glotzer ...“
    Edda blieb kurz vor Zelt Nummer sechs stehen, als sie sah, wer nebenan vor der Nummer fünf hockte. Simon und Linus schauten zu ihr und beiden gelang es, nicht freudig zu lächeln.
    „Die Zicke ...“, muffelte Linus, ohne dass sie es hören konnte und sollte.
    Linus war gerade dabei, mit seinem Klappspaten ein Rasenviereck vor seinem Zelt auszustechen. Er arbeitete mit nacktem Oberkörper. Simon sah ihm zu und merkte, wie Neid sich in ihm regte. Linus war kaum älter als er und hatte doch schon ein Sixpack. Wenn Simon da an seinen nackten Oberkörper dachte – auch bei ihm war so etwas wie ein Waschbrett zu sehen, aber das waren die Rippen.
    Linus machte sich auf den Weg zum See und Edda inspizierte ihr Zelt. Auf keiner der drei Pritschen lag ein Rucksack oder ein Koffer. Sie war also allein. Simon hörte, wie sie erleichtert aufseufzte. Im Licht der Nachmittagssonne sah er zu, wie Edda flink ihren Rollkoffer in das Zelt schob. Ratsch! Und schon sauste der Reißverschluss des Zeltes Nummer sechs nach unten.
    [ 1115 ]
    „Hilf mal“, sagte Linus, als er vom See zurückkam. Er winkte Simon zu sich und der folgte ihm zum Ufer. Linus hatte die Jacke von seinem Ölzeug ausgebreitet und Sand draufgeschaufelt. Jetzt packten beide die vier Ecken der improvisierten Trage und schleppten den Sand zum Zelt. Erst da fragte Simon, was das eigentlich sollte. Linus antwortete nicht, verteilte nur den Sand in dem ausgestochenen Viereck und glättete es sorgfältig mit dem Spaten.
    „Fertig“, sagte er und sein fragender Blick ging zu Zelt Nummer sechs. Simon wusste, dass er nach der „Zicke“ fragte. Er nickte und bemühte sich, gelangweilt das Gesicht zu verziehen.
    „Oh nein. Oh nein! Oh, mein Gott!“ Eddas Stimme klang verzweifelt. „Nein! Das darf nicht sein!“
    Linus und Simon sahen sich an. In dem Zelt nebenan musste sich gerade eine mittlere Katastrophe abspielen. Linus wollte gerade den
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