Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten
Autoren: Manfred Rebhandl
Vom Netzwerk:
Mutti ja nie. Und in seinem speziellen Fall erinnert er sich mit jedem gezischten weiß schäumenden Bierchen natürlich immer wieder aufs Neue an die zwei Totschläger von seiner Mutti, die nicht nur prallgefüllt waren wie ein dickes Fass Starkbier, sondern auch noch herrlich weiß schäumend wie die Krone, die ihm neuerdings aus dem Schädel herauswächst, seit er so unglaublich schwitzt – Herrgottnocheinmal! Das ist doch nicht unreif, wie der Doktor Krisper das immer nennt, das ist Mutterliebe.
    Wenn der Biermösel an seinen ins Haus stehenden Grill­abend denkt, dann ist er trotz seiner alles verzehrenden Einsamkeit sogar wieder ganz froh, dass er so einen elenden, verdorrten Stammbaum sein Eigen nennt, auf dem keine weiteren Blätter mehr herumhängen als sein eigenes und das von seiner kleinen Schwester Roswitha (plus dem schon weitgehend zerschnipselten von seinem Alten drüben in Goisern), auch wenn dadurch die dringend anstehende Urlaubsvertretungs- beziehungsweise die noch dringendere Nachfolgefrage natürlich immer weiter hinausgeschoben wird, weil es weit und breit keinen gibt, der während seiner Abwesenheit im Urlaub in seine Fußstapfen treten könnte, geschweige denn einen, der das nach seinem kompletten Rückzug aus der Ermittlerei im Hauptberuf tun könnte. Dann nämlich, wenn er selbst nur noch faul herumliegen und grillen wird, und zwar das ganze Jahr über, weil es dann nur noch eine Jahreszeit geben wird, und die heißt HEISS!
    Um die Sicherheit vom Trottelvolk weiterhin zu gewährleis­ten, hat der Biermösel sogar schon eine Anzeige im Ländlichen Boten geschaltet, gleich neben den aufregenden Bildergeschichten vom Jason Castelli, um seine Arbeit den Leuten ein bisserl schmackhafter zu machen – die ganzen Hubschrauber­einsätze, Überwachungskameras, Verfolgungsjagden und das ganze andere Geheimdienstzeug, von dem die Leute sonst immer glauben, dass es so was nur in einer Bananenrepublik wie Kongolien gibt und nicht in einem gut geölten Rechtsstaat wie dem heimischen:
    „Große Fußstapfen suchen Füße“, hat er geschrieben, aber bis auf seine kleine Schwester, die mit ihren Sulzfüßen gerne die Stufen vom Hilfssheriff hinauf zum Sheriff gestiegen wäre, hat sich bisher keiner bei ihm gemeldet, außer man zählt vielleicht noch den kleinwüchsigen und minderjährigen Juanito von der Flüchtlingsfamilie Bolivár aus den Anden drüben dazu, der zusammen mit einem halben Volk in der Fußgängerzone drüben herumsteht und die ganze Zeit „No nos moverán!“ singt, aber der hat ein Mondgesicht aus Leder, in das ihm dauernd­ der Vertreter der Liste 3 – „Es war nicht alles schlecht früher!“ – eine hineinhaut, und wie soll einer mit einem zerschlagenen Mondgesicht am Humtata-Sonntag zum Beispiel einen Volltrottel-Aufstand im Bierzelt befrieden, wie soll denn das bitte gehen?
    Aber auch die Roswitha wird weiterhin mit ihrer Rolle als Schweinsbratenköchin von Geburt an vorliebnehmen müssen, der Biermösel wird sie trotz ihrer unbestreitbaren Verdienste als Hilfssheriff (Kompott-Einlauf für Verdächtige!) bis auf weiteres nicht für die Ermittlerei, sondern nur für seine ganz persönlichen niedrigen Zwecke verwenden können:
    „Bau mich bitte zu einem einmaligen Windkraftwerk aus!“, hat er ihr zu Beginn seiner Erderwärmerei Order erteilt, „mach eine furchtbare Windmaschine aus mir!“
    „Noch mehr Winde?“, hat sie mit zittrigen Händen und kaltem Schweiß auf der Stirn gefragt, aber wenn sie dereinst auf ihr beschissenes Leben zurückblicken darf, dann wird sie dabei gewesen sein, als der Biermösel die Erde erwärmt hat, und sie wird sich ein kleines Stückerl vom unvergänglichen Ruhm abschneiden können. Also war sie letztlich an seiner Seite, als er neben dem Grundnahrungsmittel Bier auch die feststoffliche Ernährung noch einmal komplett umgestellt hat. Für die Dauer der prognostizierten Erwärmung frisst er jetzt zusätzlich zum üblichen Schwein auch noch Bohnen und Kraut, Zwiebeln und Kohl und das ganze andere Zeug aus dem Garten draußen, das in der Erde drinnen wächst und nicht draußen im Stall, und das ihm zu einem unverzichtbaren Munitionslager geworden ist, und hoppala, plus 39,9 ° im Schatten.
    Der Biermösel frisst Curry kübelweise, er verschlingt den Knoblauch in ganzen Knollen und führt sich die Pfefferoni in großen Bündeln zu, aber natürlich nicht die milden Krach­pfefferoni, die der Frisör Manfred drüben in seinem Firsörladen mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher