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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten
Autoren: Manfred Rebhandl
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noch immer auf die schlechte Laune vom Herrn Jesus Christus schiebt (Stichwort: Sünde!) und es sich lieber demütig unter der Knute und den Peitschenhieben vom ungerechten Leben einrichtet, hat sich der Biermösel heuer im Frühling auf die Hinterläufe gestellt und seine Windmaschine angeworfen. Er hat ja die Jahre davor weiß Gott genug Zeit mit dem Ländlichen Boten auf seiner Schwitzhütte verschissen, sodass er heute besser als jeder andere weiß, wie man so eine Erde ruckzuck erwärmt. Wenn die Menschheit bisher die Landwirtschaft und die ganzen Methan-Ausstöße von den vielen Kuhlimuhs für die leicht erhöhte Temperatur verantwortlich gemacht hat, dazu vielleicht noch die auftauenden Permafrostböden in Sibirien und mit Abstrichen die heimische, die östliche, die westliche und die südliche Industrie; wenn also bisher die ganzen furchtbaren Lastwagen und die Geländewagen von den Tagestouristen und Sommerfrischlern, die jetzt wieder im Schritttempo ins Tal hereinströmen, für den ganzen Schlamassel verantwortlich gewesen sein sollen, dann kann die Menschheit jetzt getrost ein neues Kapitel aufschlagen, bald wird die Erde nämlich glühen, und die Erinnerung an die ganzen verregneten Sommer wird eine süße sein.
    Warum also nicht aus seinem landläufigen Makel eine Tugend machen, hat sich der Biermösel vor ein paar Wochen gefragt, als sich im Frühjahr wieder kein Azorenhoch aufgebaut hat, warum nicht einfach das Talent nützen, das ihm der liebe Herrgott schon mit in die vollgeschissenen Windeln hineingelegt hat? Der Biermösel musiziert ja seit den seligen Kindertagen, dass es eine Freude ist. Er flötet und trötet, er jubiliert und jodelt, er lässt den tiefen Bass hinten hinausrollen und versucht sich am hohen C, er bläst seine Arien in die noch sauerstoffgesättigte Luft hinaus und schmettert seine Junggesellenlieder in das warme Schafwollpolsterl hinein, wenn er am Abend auf sein Tageswerk zurückblickt, gerade wie es ihm gefällt.
    Dass er genug Talent im Arsch hat, das hat der Biermösel schon gespürt, als er noch an den gewaltigen, weiß schäumenden Milchdutteln von seiner Biermösel-Mutti gehangen ist und mit seinen kleinen, süßen Bumsis die Windeln zerrissen hat wie der hungrige Braunbär das Rehkitz. Und auch später war er in allen Altersklassen und Gewichtsstufen immer der Jahrgangsbeste und herausragend in dieser Disziplin, er hat gebrummt wie der Dieselmotor vom Bierfahrer Ramzi, wenn er mit seinem Bierwagen die Steigungen der Gegend in Angriff genommen hat, und geröhrt wie der Hirsch während der Brunft. Als heranwachsender Rotzbub hat er es dann so weit getrieben, dass sie ihn schon am zweiten Tag vom Unterricht freigestellt haben (daher die Bildungslücken, die er nie wieder gefüllt hat), und auch in der Gendarmerieschule oben in Linz hat er schon nach dem ersten Semester kein eigenes Zimmer mehr gehabt, sondern einen eigenen isolierten Trakt, zusammen mit seinem Kollegen Grasmuck aus Goisern drüben, der zwar auch sehr talentiert war, aber halt lange nicht so ehrgeizig wie er.
    Nach allem, was die Wissenschaft heute weiß, ist auf der ganzen Welt jedenfalls keiner berufener als er, das Klima nachhaltiger zu verändern und der Sommerhitze endlich zum Durchbruch zu verhelfen. Das hat ihm der Doktor Krisper neulich bei der eingehenden Unterleibsuntersuchung bestätigt, allerdings nicht mit freudigem Strahlen und großer Dankbarkeit, sondern mit der tief besorgten Miene mitten im Gesicht. Denn nach allem, was der Doktor Krisper nach dem Routinecheck leider auch sagen kann, gibt es weltweit keinen zweiten, der es mit seinen Ausstößen gleich so übertreiben muss wie er und die Erde nicht nur zu erwärmen, sondern überhaupt gleich zu vernichten imstande ist, „Biermösel, bitte halt ein!“
    Aber wieso denn?
    Die endgültige Vernichtung der depperten Mutter Erde wäre dem Biermösel doch ein angenehmer Nebeneffekt, wenn er nur vorher ein paar Tage lang seinen verdienten Urlaub auf der faulen Haut genießen und die aus dem Wald herausgeballerte Wildsau hinterm Auerhahn grillen kann, da nimmt er die Vernichtung der Welt gerne in Kauf, und hoppala! Plus 36,1 ° im Schatten.

Weißbier
    Der Biermösel stellt sich dann eine weitere Kiste Treibstoff auf die Schwitzhütte herein, und damit das Bier beim Herumstehen nicht warm wird – was früher auch nie passiert wäre! –, zischt er lieber schnell eine Flasche nach der anderen und furzt dabei zufrieden wie der Brummelbär nach dem
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