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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten
Autoren: Manfred Rebhandl
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zu verändern wie er, und das alles nur, weil er heuer endlich unter freiem Himmel grillen will, alles nur deshalb, und hoppala, plus 39,2 ° im Schatten.
    Seit der Biermösel nämlich träumen kann, träumt er von einem lauen Sommerabend draußen in wilder Natur, wie ihn Superagent Jason Castelli im Dschungel von Kongolien nach seinen zahlreichen gelösten Fällen immer zu genießen versteht, sobald ihn irgendeine Einheimische mit ihrem fuzzikleinen Lendenschurz um den Arsch herum im letzten Moment aus dem Suppentopf der Negerhäuptlinge herausgeholt hat und ihm anschließend auf dem weichem Dschungelboden mit einem feuchten Lappen die heiße Stirn kühlt und mit ihrem nassen Zungenlappen den eingetrockneten Kaktus in seinem Schandmaul wieder in Schwung bringt, davon träumt der Biermösel. Aber seit er auf sein deppertes Leben zurückschauen kann, schaut er leider immer nur auf das grausliche Sauwetter und die Wolkenbrüche und Kaltfronten und auf die letztlich doch nie aufgebauten Azorenhochs zurück, die ihm die Sommer immer vermiest haben, und seit er sich ärgern kann, ärgert er sich darüber, dass er nicht in der Wüstenstadt Las Vegas drüben Sheriff geworden ist, sondern in der Waschküche Aussee herüben, wie soll er sich denn nicht darüber ärgern?
    Der Biermösel hat also heuer seine übrigen Körperfunktionen und insbesondere die wenigen intakten Funktionen im Resthirn noch einmal um ein gutes Stückerl heruntergefahren und ist jetzt endlich komplett deppert geworden. Wie der Steinzeitmensch in seiner Höhle drinnen interessiert ihn nur noch sein Grillabend, und nichts und niemand wird ihn mehr davon abhalten, da ist er heute ganz Ötzi.
    Wenn der Biermösel aber vom Grillen redet, dann redet er selbstverständlich nicht von ein paar im Supermarkt eingekauften und zigmal umgepackten Würsterln, die er grillen will, und auch nicht von irgendwelchen teilnahmslos abgeschlachteten Industriesauen, denen es letztlich wurscht ist, wer sie frisst. Der Biermösel redet, wenn er vom Grillen redet, auch nicht von seinen zahlreichen Schweinderln zu Hause im eigenen Stall, dem langweiligen Trottelvieh, das ja auch nicht richtig zu schätzen weiß, dass es auf seinem Grillteller landet, allzu langweilig und schicksalsergeben werden die Schweinderl, wenn sie zu lange im warmen Stall herumstehen, verwöhnt und verzogen sind sie, am Ende nicht mehr zum Fressen. „Schick sie auf Urlaub!“, hat der Biermösel also zur Roswitha gesagt, als er seinen Grillabend geplant hat, zutiefst angewidert von der All-Inclusive-Mentalität seiner Hausschweine, die nur wie depperte Sommerfrischler in ihren Kobeln herumstehen und darauf warten, dass der Wirt kommt und ihnen alles zum Arsch trägt.
    Wenn er, Biermösel, also von Grillen redet, dann redet er davon, dass er eine Sau grillen wird, die sich wehrt, bevor sie zu Boden geht, die widerständig ist und sich nicht einfach mit glasigem Blick den Bolzen ins Hirn jagen lässt. Er redet von einer Sau, die vor ihm davonrennen will, solange sie noch kann, und die seiner Schusshand alles an Schießkünsten abverlangt, weil sie dem Hasen gleich Haken schlägt, wenn sie zu türmen versucht, kurz: Der Biermösel redet von einer reinrassigen Wildsau, die er aus dem Wald herausballern und dann über der Feuerstelle hinterm Auerhahn bruzzeln lassen wird, bis ihr eigener Saft das Feuer löscht.
    Für diesen einen Zweck und ausgerichtet auf diesen einen gelungenen Grillabend hat der Biermösel natürlich auch längst seinen Urlaubsantrag sorgfältig formuliert („Bitte Urlaub!“) und abgeschickt, er hat die Akten von den ganzen liegengebliebenen Mord-, Selbstmord- und Unfällen in den Keller hin­untergetragen zu den ganzen anderen Fällen, die ihn nicht interessieren. Und dann hat er auf seinen täglichen Fahrten durch die Eichenwälder entlang der Kanaldeckelstraße, die in Wahlkampfzeiten immer Straße der Sieger heißt, mit dem inneren Auge die eine Wildsau, die es letztlich sein wird, schon markiert, und zu Hause poliert er jeden Abend den Wildtöter für sie, mit dem er ihr das Licht ausblasen wird.
    Längst hat er also the one and only im Eichenwald ausgemacht, mit ihrem ansprechenden Damenbart um die Steckdose herum, der ihn sofort an den Damenbart von seiner Mutti erinnert hat, und mit den einmaligen Milchdutteln, die ihn – Herrgottnocheinmal! – auch an seine Mutti erinnern, und zwar an ihre sahnigfetten Riesenmilchdutteln, ganz vergisst der Mensch die Milchdutteln von seiner
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