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266 - Das Todesschiff

266 - Das Todesschiff

Titel: 266 - Das Todesschiff
Autoren: Ronald M. Hahn
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zurückkehren.
    Bevor Sepp die rosa Wanne im Schutz der Fässer zu Wasser ließ, schaute er sich noch einmal mit Adlerblick um.
    Falls Wachen am Hafen zurückgeblieben waren, verbargen sie sich gut; Sepp konnte keine Menschenseele ausmachen. Nun, umso besser, dann störte ihn wenigstens keiner.
    Als er wieder zu der Karavelle hinüberblickte, stutzte er unvermittelt.
    Was war das? Er schmälte die Augen und wünschte sich ein Binocular zur Hand. Aber auch so registrierte er Bewegung auf dem Wasser, auf halber Strecke zum Schiff.
    Atemlos drückte sich Sepp in seine Deckung zurück und beobachtete, was weiter geschah. Neun geisterhafte Schatten kamen über das Wasser herüber; unwirkliche Schemen, die menschliche Konturen aufwiesen! Keine hundert Schritte von ihm entfernt enterten sie das Ufer und blieben auf der Mole stehen.
    Sepp legte sich flach auf den Boden und hielt die Luft an. Das Pochen seines Herzens hätte dem Maschinenraum der MS Doyzland alle Ehre gemacht. Zum Glück schienen die Schatten taub zu sein, denn sie bekamen von dem tosenden Lärm in seinem Inneren nichts mit.
    Wer waren diese Leute? Waren es überhaupt Leute ? Woher kamen sie? Wieso standen sie da? Was hatten sie vor?
    »He, ihr da! Matrosen!«
    Sepp zuckte zusammen. Helmoot tauchte plötzlich hinter der Promenadenmauer auf und winkte. »He, habt ihr was zu trinken?« Er wartete keine Antwort ab, sondern wankte die Treppe hinunter. »He, wartet, Männer, ich komm zu euch…«
    Die Schatten rührten sich nicht. Sie reagierten auch nicht. Sepp murmelte einen Fluch. Sollte er die Wanne zu Wasser lassen und versuchen, auf die andere Seite des Hafens zu kommen? Nein, auch das war keine Option. Diese Schatten konnten ja übers Wasser laufen! Oder hatte er sich das nur eingebildet?
    Obwohl Helmoot ordentlich getankt hatte, überwand er die geländerlose Treppe, ohne sich den Hals zu brechen, und torkelte, die Arme leutselig ausgestreckt, auf die finsteren Gestalten zu.
    Als er in ihre Reichweite kam, trat einer der Schatten vor und berührte ihn mit dem ausgestreckten Arm.
    Helmoot verharrte schlagartig und wurde kalkweiß.
    Im ersten Moment nahm Sepp an, irgendetwas hätte den Trunkenbold über alle Maßen erschreckt, doch dann begriff er, dass Helmoot im wahrsten Sinn des Wortes erstarrt war: Er stand mit ausgestreckten Armen da, ohne sich mehr zu rühren.
    Sein Gesicht, Sepp sah es nun in aller Deutlichkeit, war nicht blass, sondern marmorweiß - wie auch seine Hände und Unterarme, die er nun, da seine Ärmel nach unten gerutscht waren, im Sternenlicht deutlich erkannte.
    Sepp rieb sich die Augen. Blankes Entsetzen ergriff sein Herz, und es ratterte los wie eine Dampfwalze. Sepp konnte sich das, was er da sah, nicht im Mindesten erklären. Aber eins war ihm klar: Helmoot hatte seine fleischliche Existenz aufgegeben und sich in etwas verwandelt, das zumindest aus der Ferne wie eine mit Lumpen bekleidete Statue aussah!
    Nun lösten sich die Schatten von dem Ort, an dem sie Helmoot versteinert hatten. Doch statt sich zu der Treppe zu begeben, die in den Ort hinauf führte, strebten sie zielsicher auf die Fässer zu, hinter denen Sepp sich verbarg!
    Wah , dachte Sepp, denn nun ließ ihm die Panik für intellektuelle Überlegungen keine Zeit mehr. Er vergaß die hübsche rosa Wanne, riss sich die Flossen von den Füßen, klemmte sie in den Gürtel des Tauchanzugs, schnappte sich seine Stiefel und gab barfuß Fersengeld.
    Obwohl er schon aufgrund seiner Körpergröße dicht über dem Boden flog und fest glaubte, dass die unheimlichen Schatten ihn noch nicht gesehen hatten, klebten sie im Nu an seinen Fersen. Sie folgten ihm, als sei er ein Leuchtfeuer in der Nacht.
    Sepp war im Nu die Treppe hinauf. Er überquerte die Promenade nach Osten hin. Er wollte zum Marktplatz, weil sich die Stadtgardisten dort an kühlen Abenden um ein Feuer scharten. Denn wenn er die Obrigkeit ansonsten auch mied, in solchen Situationen konnten sie für kleine Menschen eine große Hilfe sein!
    Hinter Sepp schrie jemand überrascht auf. Sepp fuhr kurz herum. Ein Smörebröder, der unverhofft aus einer Gasse gebogen war, stieß mit einem seiner Verfolger zusammen und wurde augenblicklich zu einer bekleideten Statue… während der Schatten, der ihn berührt hatte, an Substanz zu gewinnen schien!
    Sepp legte noch einmal Fersengeld drauf und rief dabei lautstark um Hilfe. Sein Schrei zeigte Wirkung: Ein halbes Dutzend Gardisten strömte aus der Gasse, in der sich die Admiralität
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