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266 - Das Todesschiff

266 - Das Todesschiff

Titel: 266 - Das Todesschiff
Autoren: Ronald M. Hahn
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drückte die Hände auf seine Ohren.
    Die Lautstärke der Explosion war dennoch mörderisch.
    Hasso verspürte aber keinen Schmerz. Hieß das, er war nicht verletzt? Als er die Augen öffnete, war von Schröder nichts mehr zu sehen. Sturmmann Namenlos lag in zwei Hälften zerrissen am Wegesrand.
    Hasso sprang auf. Die Explosion hatte Scharführer Glitsch bis ans linke Vorderrad der Ju geschleudert. Sein Kopf war ein Anblick, den Hasso nie mehr würde vergessen können.
    »Jetzt aber 'n bissken plötzlich, Durchlaucht!«, schrie Friedrichsen über das Dröhnen der Flugzeugpropeller hinweg. Er stand gebückt in der Luke und schwenkte die MPi. Holtz kniete noch immer neben ihm und streckte die Arme nach Hasso aus. »Kommen Sie, die Kiste ist an Bord! Wird Zeit, dass wir abhauen!«
    Hasso lief und sprang. Holtz fing ihn auf und zog ihn in die Maschine hinein. Die Ju machte einen Satz nach vorn und Friedrichsen schrie durch die Luke hinaus: »Macht's gut, ihr Rotärsche!«
    Hasso, der auf dem Bauch lag und keuchend nach Luft schnappte, sah Friedrichsen nach der Luke greifen, um sie zu schließen. Plötzlich zuckte er in der Bewegung zusammen und ein Blutfleck breitete sich auf seinem Brustkorb aus.
    »Friedrichsen!«, schrie Hauptsturmführer Holtz entsetzt.
    Ein Ächzen kam aus dem Mund des Bootsmanns. Er ließ die MPi fallen. Sie schepperte auf den Boden. Friedrichsens Beine gaben nach. Er ging röchelnd in die Knie.
    »Friedrichsen!«, schrie Hasso. »Mach keinen Scheiß !«
    Die Luke fiel ins Schloss. Die Maschine raste los.
    Hasso wollte aufstehen, doch der Druck warf ihn um. Sekunden später hob die Junkers vom Boden ab. Hasso beugte sich über den Bootsmann. Er war zwischen die Seesäcke gefallen, die den vorderen Teil der Kabine füllten.
    »Ich schmier gleich ab«, keuchte Friedrichsen. »Was für ein elender Scheiß… Hätte nicht gedacht, dass es so weh tut…« Sein Gesicht war kalkweiß. Seine Lippen zuckten. Die Rotarmisten waren nun wohl aus der Deckung gekommen: Hasso hörte ein lautes Geprassel und nahm an, dass sie den Rumpf der Maschine mit Kugeln bepflasterten. Hoffentlich hatten sie nichts Größeres als Gewehre zur Verfügung. Wenn eine Panzerfaust sie traf, dann gute Nacht, Marie.
    Holtz schwang sich in die Kanzel, in der Leonie am Steuerknüppel saß und zeigte, was sie konnte. »Wo ist der Erste-Hilfe-Kasten?«, hörte Hasso ihn schreien.
    »Tja, das war's dann wohl«, sagte Friedrichsen.
    »Sie bleiben hier, Friedrichsen«, sagte Hasso streng und schaute dem Bootsmann in die Augen. »Wir haben einen Marschbefehl, und ich befürchte, dass die Nazis uns den Arsch aufreißen, wenn wir ihn einfach ignorieren.« Ihm war entsetzlich zumute. Sein Herz schlug wild. Er atmete so schnell, dass ihm schwindlig wurde. Seine Nerven, er spürte es genau, standen kurz vor dem Zusammenbruch.
    Noch nie war ihm so klar gewesen, dass er sein Leben verpfuscht hatte. Er bedauerte zutiefst, dass er nicht nach Los Angeles gegangen war. Jetzt stand das Ende der Welt bevor. Auch wenn Leonie es schaffte, den Vogel sicher nach Westen zu bringen: Sie würden bald alle draufgehen. Und der Arsch, der all dies angezettelt hatte, würde einfach abdanken und sagen: »Tja, Pech gehabt, aber ich wollte es halt mal versuchen.«
    Friedrichsen hustete und spuckte Blut.
    Hasso legte eine Hand unter den Kopf des Bootsmannes.
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte Friedrichsen mit einem schiefen Grinsen. »War mir wirklich eine Freude, unter Ihnen gedient zu haben, Herr Leutnant.«
    Hasso schluckte die in ihm aufkeimende Verzweiflung hinunter. »Kommen Sie, Mann, geben Sie nicht auf… Bitte !«
    »Ich weiß, wann es an der Zeit ist, den Löffel abzugeben«, keuchte Friedrichsen. Er schaute Hasso nun geradezu erleichtert an. »Die Schmerzen sind gerade mal weg. Ich glaube, ich mach mich davon, bevor sie wieder da sind.«
    Hasso schluckte noch einmal. »Ja, das halte ich auch für 'ne gute Idee.« Er nahm Friedrichsens Hand und drückte sie. Das Wasser stieg ihm in die Augen, der Rotz in die Nase. Es war ihm furchtbar peinlich. »Danke, dass Sie meinen Hals gerettet haben, Bootsmann…«
    Friedrichsen lächelte, machte die Augen zu und ging. Leutnant zur See Hasso von Traven schlug beide Hände vors Gesicht und fing an zu heulen. Sekunden später legte sich Tante Ju auf die Seite. Ein mit harten Gegenständen beladener Seesack schlug Hasso ins Genick und warf ihn neben den toten Bootsmann aufs Metall.
    Aus der Kanzel kam ein heiserer Schrei.
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