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247 - Der Kerker der Pandora

247 - Der Kerker der Pandora

Titel: 247 - Der Kerker der Pandora
Autoren: Mia Zorn
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er darunter die Füllung aus gespeicheltem Betonstaub aus der Kerbe im Boden. Aus der entstandenen länglichen Öffnung ragten die hellen Spitzen eines Pflanzensprosses – eines Haselnussstrauchs. »Siehst du, Grao, was ich geschafft habe! Und keiner hat was gemerkt!«, rief Daa’tan mit gedämpfter Stimme. »Selbst du nicht. Gib es zu!«
    »Ich gebe es zu«, flüsterte der Daa’mure zurück. »Das hast du wirklich gut gemacht.« Zufrieden beobachtete er, wie Daa’tan mit glänzenden Augen seinen Worten lauschte. In seinem Gesicht machte sich ein Ausdruck breit, den Grao nur allzu gut kannte: »Stolz« nannten ihn die Primärrassenvertreter. Auch wenn dem Daa’muren Emotionen fremd waren, so wusste er, dass es sich um eine Stimmung handelte, in der der Junge zugänglich für Vorschläge war. Also machte Grao’sil’aana noch einige Bemerkungen über die Großartigkeit von Daa’tans Kunst, sich zu verstellen, um schließlich wieder auf den Lesh’iye zu sprechen zu kommen.
    »Deine Pflanzenkräfte werden die Stein- und Metallhülle unseres Kerkers sprengen. Und wenn dieser fliegende Rochen, von dem der Kaiser und der Albino sprachen, tatsächlich Thgáan ist, dann könnte er dir eine große Hilfe sein.«
    Daa’tan legte den Kopf schief. Der Glanz war aus seinen Augen verschwunden und etwas Lauerndes lag nun in seinem Blick. »Das Thema hatten wir doch schon. Thgáan ist am Uluru gestorben. Und so genau habe ich das Gespräch an der Dachluke nicht verfolgen können. Vielleicht redeten die beiden über einen ganz anderen Rochen.«
    »Außer den Lesh’iye gibt es keine fliegenden Rochen auf diesem Planeten«, entgegnete Grao ungeduldig. Vielleicht eine Spur zu ungeduldig. Denn jetzt wandte sich Daa’tan von ihm ab und versenkte seine Finger in die Öffnung um den Pflanzenspross.
    Der Daa’mure musste die Sache ruhiger angehen. Als er seine Rede fortsetzte, bemühte er sich um einen sanften Klang in der Stimme. »Hör mir zu, Daa’tan. Ich bin mir sicher, dass es sich um Thgáan handelt – und dass er dich bei deinem Vorhaben unterstützen kann. Es muss uns nur gelingen, Kontakt mit ihm aufzunehmen.« Erleichtert stellte Grao fest, dass Daa’tan ins Grübeln kam.
    Nach einer Weile verließ der Junge das Deckenlager und näherte sich den Sichtfugen. »Aber wie sollen wir das anstellen?«
    Grao dachte an die beiden »Augen« aus Mombassas Löwenmaske, die ihm der Wawaa-Krieger vor vielen Monden überreicht hatte und die er seitdem in einer Hautfalte seines schuppigen Körpers mit sich trug. »Ich habe noch immer Mombassas Kristallsplitter«, sagte er. »Aber die Entfernung ist zu groß. Thgáan muss in der Nähe sein, damit der Kontakt gelingt.«
    Wieder erschien dieser seltsame Glanz in Daa’tans blauen Augen. Er wusste von den kristallbesetzten Stirnreifen, mit denen die Daa’muren ihre Dienerwesen damals instruiert hatten. »Gut«, wisperte er, »dann werde ich dafür sorgen, dass der Todesrochen nach Wimereux-à-l’Hauteur kommt.« Mehr sagte er nicht. Ein verschlagenes Lächeln huschte über sein Gesicht, als er zu dem Riss im Kerkerfußboden schaute, aus dem die winzige Sprosse ragte.
    Grao stellte keine weiteren Fragen. Wie auch immer Daa’tan den Rochen hierher locken wollte, früher oder später würde der Daa’mure es erfahren. Im Augenblick war nur wichtig, dass sich der Junge mit dem Gedanken angefreundet hatte, Thgáan in seine Pläne mit einzubeziehen.
    Er konnte ja nicht wissen, dass Daa’tan sich noch zurück hielt, ihn in seine Pläne einzuweihen. Und er ahnte nicht, was sich tief unter dem Zellenboden abspielte: Die erbeutete Nuss hatte dank seiner Pflanzenkräfte inzwischen den Betonpanzer durchbrochen und trieb unterirdisch immer weiter aus. Daa’tan hatte bereits Kontakt zu einem alten Verbündeten dort unten aufgenommen, dessen Zerstörungskraft seine eigene sogar noch übertraf…
    ***
    Drei Tage später in der Nähe von Taraganda
    Rulfan und Victorius saßen im Schatten einer mächtigen Flötenakazie inmitten einer lindgrünen Grassavanne. Schweigend beobachteten sie die Oryx-Antilopen, die in ihrer Nähe friedlich ästen. Im Baumwipfel über ihnen zwitscherten und kreischten Vögel und Affen um die Wette. Einen Speerwurf entfernt plätscherten die Wellen eines kleinen Sees an die Uferböschung. Am Horizont erhob sich das wellenförmige Hügelland. Es war Rulfans Idee gewesen, die Roziere an diesem idyllischen Ort zu landen, um ein paar Fische zum Mittagessen zu fangen und ein
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