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247 - Der Kerker der Pandora

247 - Der Kerker der Pandora

Titel: 247 - Der Kerker der Pandora
Autoren: Mia Zorn
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Kopf hinter dem Sitzmöbel seines älteren Bruders. Seine schwarzen Locken hingen ihm ins Gesicht und seine feingliedrigen Finger kneteten den Plüsch der Kopflehne. »Ich sagte doch schon: Der Riesenrochen tauchte nicht mehr auf, nachdem ihn meine Männer abgeschossen haben. Vermutlich ist er in den Fluten des Athis verendet.«
    »Vermutlich. Incorrigible! Schon hundert Mal habe ich Ihm eingebläut, Er solle sich nicht auf Mutmaßungen stützen.« Pilatre verhielt in seinem Schritt und strich sich mit einer ungeduldigen Geste über sein langes braunes Haar. Sein Gesicht schien aus gemeißeltem Marmor und unter dem eng anliegenden Hemd aus dunkelgrüner Seide strafften sich seine Schultern.
    Fast ein wenig neidisch betrachte Aksela seine glatte Haut und den schlanken Körper. Pilatre sah nicht aus wie der Vater erwachsener Söhne. Eher wie deren Bruder. Tatsächlich besaß er das Aussehen eines Dreißigjährigen. Sein wahres Alter kannte sie nicht. Sie wusste aber inzwischen, dass de Rozier vor über fünf Jahrzehnten über einen Zeitstrahl nach Afra gelangt war. Ein Strahl, der seinen Ursprung auf einem anderen Planeten haben sollte! So rätselhaft dieses Ereignis auch war, seine Auswirkung zu umschreiben war einfach: Der Kaiser alterte nicht mehr. Zumindest nicht für fünfzig Jahre – dann aber holte sich die Zeit zurück, um was man sie betrogen hatte. Die einzige Lösung war ein erneutes Durchfliegen des Strahls. Zu dem hatte der weiße Abenteurer Matthew Drax dem Kaiser verholfen, denn er teilte sein Schicksal.
    Obwohl sie nicht viel von Mitteln hielt, die ewige Jugend versprachen, ertappte sich Dr. Aksela hin und wieder bei der verträumten Vorstellung, auch einmal in diesen Zeitstrahl zu geraten. Besonders nach langen Arbeitstagen im Heilerhaus, wenn Erschöpfung ihre müden Knochen plagte.
    Akfats Stimme riss sie aus ihren Gedanken. »Mehr als diese Mutmaßungen habe ich nicht, Vater!« Das Vater aus seinem Munde klang wie ein bitterer Vorwurf. Mit brennenden Augen und geballten Fäusten wandte er sich um. »Doch ich werde sofort eines der Luftschiffe startklar machen und selbst nach dem Untier sehen.«
    »Nein, ich brauche dich hier«, entgegnete der Angesprochene barsch. »Der Pflanzenmagier hat mich lange genug von den Regierungsgeschäften abgehalten. Außerdem beanspruchen mich meine Hochzeitsvorbereitungen. Ich kann mich nicht auch noch um die Sicherheit der Kerkeranlage kümmern.« Bei diesen Worten warf er Victorius einen vorwurfsvollen Blick zu. Sein ältester Sohn hatte ihm am Morgen mitgeteilt, dass er Rulfan persönlich nach Taraganda bringen würde und daher dieses Amt eine Zeitlang nicht wahrnehmen konnte. Anscheinend war Pilatre von dieser Idee wenig begeistert.
    Doch Victorius schien das nicht weiter zu stören. Auch jetzt entgegnete er dem Blick seines Vaters nur ein gleichmütiges Lächeln. »Ich bin davon überzeugt, dass Akfat mich während meiner Abwesenheit würdig vertreten wird.« Er rückte seine pinkfarbene Perücke zurecht, erhob sich und trat an die Seite des jüngeren Bruders. »Folgendes: Was den Rochen betrifft, bin ich guter Dinge. Wir hätten längst Nachricht aus Kenyaa, wenn er wieder aufgetaucht wäre. Das Problem mit Matthew Drax’ Sohn wird nicht mehr allzu lange bestehen. Matt und Aruula können täglich hier eintreffen, um ihn abzuholen. Was aus dem Gestaltwandler wird, müssen wir dann gemeinsam besprechen. Bis dahin sind die Gefangenen im Kerker auf jeden Fall sicher. So sicher, wie täglich die Sonne auf- und untergeht.« Lächelnd schaute er abwechselnd von seinem Bruder zum Kaiser. »Was meint ihr dazu?«
    Zunächst sagte keiner ein Wort. Während Akfat mit offenem Mund zu Victorius aufsah, rang Pilatre ganz offensichtlich um Fassung. Er war es nicht gewohnt, dass jemand in seiner Gegenwart ohne vorherige Aufforderung Kommentare abgab oder zukünftige Vorgehensweisen bestimmte. Schon gar nicht von einem seiner Söhne.
    Die Ärztin grinste innerlich. Victorius hatte sich wirklich sehr zu seinem Vorteil entwickelt. Seit seiner Rückkehr nach Wimereux vor mehr als einem Jahr ließ er sich längst nicht mehr alles von seinem Vater gefallen. Was er sagte und tat, hatte Hand und Fuß, und oft fehlten Pilatre die Argumente, um ihm zu widersprechen. So auch jetzt. Die Brauen über seinen grauen Augen zogen sich zusammen. Rote Flecken bedeckten seine Wangen und er sog hörbar die Luft ein. Was auch immer er von sich geben wollte: Er kam nicht dazu.
    Der Albino, der
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