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247 - Der Kerker der Pandora

247 - Der Kerker der Pandora

Titel: 247 - Der Kerker der Pandora
Autoren: Mia Zorn
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Thgáan bereits am Victoriasee ist?«, unterbrach er das Gezeter auf der anderen Seite.
    »Natürlich bin ich mir sicher.« Daa’tans Kopf tauchte hinter den Scharten auf. »Vergiss nicht: Ich habe tausend Augen und Ohren überall im Land!«, erklärte er stolz.
    »Ja, ich vergaß«, seufzte Grao. »Ich hoffe, er ist bald nahe genug, dass ich ihn mit den Kristallen erreichen kann. Du weißt ja: Seitdem ich meine mentalen Fähigkeiten am Uluru verloren habe, beträgt die Reichweite nur noch einen Bruchteil der einstigen.« Wehmütig dachte er an die Zeit, als sie Thgáan als Relaisstation im Orbit der Erde eingesetzt hatten, um ihre Invasion zu koordinieren. »Sobald die Wachen hier raus sind, versuche ich es wieder.«
    »Du kannst ruhig loslegen, Grao.« Daa’tan grinste ihn an.
    Böses ahnend, fuhr Grao herum. Die zehn Männer der beiden Wachmannschaften standen nicht mehr schwatzend beisammen – sie lagen röchelnd am Boden, von Pilzfäden überwuchert, die rings um sie aus dem Boden gedrungen waren. Sechs von ihnen rührten sich schon nicht mehr.
    Der Daa’mure schnellte wieder herum und funkelte Daa’tan wütend an. »Bist du wahnsinnig? Was hast du getan?!«
    Der Junge winkte ab. »Zehn Feinde weniger. Sie hätten beim Angriff eh als Erste dran glauben müssen.«
    Grao’sil’aana neigte seinen Echsenschädel zu dem Gesicht des Jungen hinab. »Und was wird geschehen, wenn die abgelöste Wache nicht wieder in der Wolkenstadt auftaucht? Oder wenn jemand herabsieht und feststellt, dass niemand um die Anlage patrouilliert?«
    »Oh.« Daa’tans Strahlen fiel in sich zusammen. Plötzlich wirkte er wie der verlegene kleine Junge, der er in Wahrheit auch war. Aber sofort hellte sich seine Miene wieder auf. »Dann beeilen wir uns eben«, verkündete er. »Los doch, versuch Thgáan zu erreichen, Grao! Ich kümmere mich um den Rest!«
    Mühsam beherrscht – und selbst erschreckt über die heftigen Emotionen, die ihn durchpulsten – zog sich Grao an die Wand unter dem Fensterstreifen zurück. Warum beruhigte ihn die Antwort seines Zöglings nicht wirklich? Jetzt werde ich auch noch sarkastisch! Er blendete alles um sich herum aus, öffnete seine Hand und drückte sich die Kristallsplitter gegen die Stirn. Dann konzentrierte er sich nur noch auf die grünen Splitter. Seine ganze Hoffnung lag nun auf Thgáan.
    ***
    Victorius stand am Ruder der Roziere. Aufgewühlt blickte er durch das Cockpitfenster. Der Angriff der Pilzwesen und die knappe Flucht aus Spekgulf steckten ihm noch in allen Knochen und ließen seine Knie zittern. Was würde sie in der kaiserlichen Wolkenstadt erwarten? Als er an die Pilzdoppelgänger von Daa’tan dachte, mochte Victorius es sich gar nicht erst vorstellen. Er konnte nur hoffen, dass der Sohn von Matthew Drax noch immer sicher verwahrt in der Kerkeranlage einsaß und man seinen mörderischen Spielen am See rechtzeitig Einhalt gebieten konnte – notfalls, indem man ihn wieder und diesmal auf Dauer betäubte.
    »Wau, wau!«, hörte er in seinem Rücken den kleinen Pilatre. Der schwarze Prinz lächelte. Sein Sohn stand auf der rot gepolsterten Bank und schaute mit großen Augen aus einem der Fenster. Jede Wolke, jeden Vogel bellte er an. Victorius stellte das Steuer fest und trat zu ihm. Zärtlich streichelte er ihm über den Kopf. »Na, du kleiner Pilot.«
    Pilatre strahlte und patschte mit seiner kleinen Hand gegen die Scheibe. »Vogel!«, krähte er fröhlich.
    »Ja, Vögel und Wolken. Und bald werden wir einen Riesenballon sehen, mit einer ganzen Stadt darauf.« Während Victorius mit seinem Sohn sprach, war sein Blick dem Matratzenlager neben der Bank zugewandt, auf dem Salimata schlief. Inzwischen hatte sie sich von ihrem Schock einigermaßen erholt. Entgegen seinen Befürchtungen hatte sie es relativ gelassen aufgenommen, dass er sie und Pilatre einfach mitgenommen hatte und dass die Pilzwesen eigentlich hinter ihm her waren.
    »Vogel!«, rief neben ihm der Kleine.
    »Schön«, erwiderte der Prinz abwesend. Er versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, mit Salimata und ihrem gemeinsamen Sohn zusammen zu leben. Weit weg von Wimereux. Vielleicht im Norden des Sees, in der Nähe des alten Eremiten Member.
    »Vogel«, schluchzte Pilatre.
    Erstaunt schaute der Prinz seinen Sohn an. »Aber deswegen musst du doch nicht weinen.« Während er ihn in seine Arme schloss, blickte er nach draußen.
    Augenblicklich hatte er das Gefühl, sein Blut würde in den Adern gefrieren.
    Ein fliegendes
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