Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
223 - Die Sünden des Sohnes

223 - Die Sünden des Sohnes

Titel: 223 - Die Sünden des Sohnes
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
Matthew Drax persönlich geschildert. Seinen fremdartig klingenden Namen hatte der Kaiser sich nicht einprägen können.
    Suchtrupps durchkämmten die Wolkenstadt nach den beiden Eindringlingen. Dem gefährlichen Duo war gelungen, was noch keinem zuvor gelungen war: Sie hatten Wimereux-à-l’Hauteur zur Landung gezwungen. Eigentlich war es ein halber Absturz gewesen, um bei der Wahrheit zu bleiben. Niemals hätte der Kaiser sich eine derartige Katastrophe träumen lassen.
    Die Nacht nutzten die Soldaten des Wachbataillons und die Bürger der Kaiserhauptstadt, um sich auf den erwarteten Sturm des Feindes vorzubereiten. Von allen Seiten der nächtlichen Stadt hörte man immer wieder Schritte und das Quietschen von Rädern. Alles, was zur Verteidigung geeignet war, schafften Soldaten und wehrfähige Bürger zum Stadtrand, der sich nun, da der Trägerballon unter der Stadt an Volumen verloren hatte, nach oben wölbte und damit einen Wall bildete.
    Zurzeit war man bemüht, wenigstens zwei oder drei der mächtigen Dampfdruckkanonen so auf dem Wulst zu platzieren, dass man das feindliche Heer damit unter Feuer nehmen konnte.
    Auf dem zentralen Start- und Landeplatz wurden die Rozieren wieder entladen. Mit sämtlichen Vorräten an Glasbomben hatte der Kaiser sie beladen lassen, um sie Daa’tan und dem Heer der Angreifer entgegen zu schicken, doch die Schräglage der Stadt hatte den Start der Luftflotte verhindert. Jetzt, bei Nacht, war ein Einsatz wenig Erfolg versprechend. Auch ihre Stunde schlug bei Morgengrauen.
    Wenigstens waren die drei Witveer (mutierte Riesenschwäne) noch ungehindert gestartet, die de Rozier zu den nächstgelegenen Wolkenstädten entsandt hatte, gleich nachdem ihm die Emissäre der Königin Elloa die Annäherung des fremden Heeres enthüllt hatten. Ob aber rechtzeitig Hilfe käme, wusste zur Stunde noch niemand. Die fliegenden Städte bewegten sich nur langsam, und die der alten Bauweise waren nicht mobil.
    Der Kaiser wandte sich um. Die anderen fünf Männer hatten sich um die Tote versammelt. Der junge Rönee weinte jetzt hemmungslos. Dieser Mann brauchte Schlaf; er war mit seinen Kräften am Ende, und mit seinen Nerven auch.
    »Bringt Tala in den kleinen Empfangssaal und bahrt sie dort auf dem Konferenztisch auf«, befahl de Rozier den Männern. »Und dann seht zu, dass ihr noch zwei oder drei Stunden Ruhe findet. Bei Sonnenaufgang werden diese Barbaren uns angreifen.«
    Prinz Akfat nahm die Tote auf die Arme und trug sie den rechten der beiden Treppenbögen hinauf. Die Soldaten und Yann Haggard, der Seher, folgten ihm. Prinz Victorius trat zu seinem Vater an das Palastportal. Seine Miene war düster. »Von einem Tag auf den anderen ist Wimereux-à-l’Hauteur zu einem Ort der Trauer und der Bestürzung geworden«, flüsterte er. »Wer hätte das gedacht…«
    Aus der Dunkelheit näherten sich Schritte. Ein Halbwüchsiger sprang die Stufen der Vortreppe hinauf. Er ging bei den Ingenieuren in die Lehre und half seit ein paar Stunden bei der Reparatur der abgestürzten Stadt. »Der Ballonmeister schickt mich, Eure Excellenz. Ich bringe schlechte Nachrichten!« Der Bursche deutete eine Verneigung an.
    »Rede.« Schlechtere Nachrichten als die, die der Vortag gebracht hatte, konnte Kaiser Pilatre de Rozier sich nicht denken.
    »Es ist, wie Ihr befürchtet habt, Eure Excellenz: Die Dornen sind in die Bambusgitterkonstruktion eingedrungen und haben die Außenhaut des Trägerballons durchbohrt. Aus vielen Kammern dringt Gas aus. Die Lecks sind nur von außen zu schließen. Wir müssten die Stadt verlassen, um den Schaden zu beheben.«
    »Ausgeschlossen«, beschied der Kaiser ihm knapp. »Niemand verlässt die Stadt! Sie würden euch töten oder gefangen nehmen. Melde er das dem Ballonmeister.« Der Junge zog sich zurück.
    »Und nun?«, fragte Victorius mit hohler Stimme.
    »Kämpfen«, sagte der Kaiser und wich seinem Blick aus. »Was sonst?«
    Eine Stunde später, im ersten Morgengrauen, kam ein Bote des Nachrichtendienstes. De Rozier sah ihn die Stufen der Vortreppe herauf springen und schöpfte Hoffnung. »Habt ihr sie gefasst?« Er dachte natürlich an die beiden verhassten Eindringlinge, deren Sabotageakte ihn zur Notlandung seiner Hauptstadt gezwungen hatten.
    Der Bote ging gar nicht auf seine Frage ein, schüttelte nur flüchtig den Kopf. »Es geht los«, keuchte er. »Die feindlichen Truppen sammeln sich zum Angriff…!«
    ***
    Im Urwald begannen die ersten Vögel zu schreien. Auch das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher