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223 - Die Sünden des Sohnes

223 - Die Sünden des Sohnes

Titel: 223 - Die Sünden des Sohnes
Autoren: Jo Zybell
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Roulern warfen ihre Motoren an, die Tsebrareiter hieben ihren Tieren die Sporen in die Flanken. Die Angriffsreihen setzten sich in Bewegung. Die Erde erzitterte unter dem Stampfen der Efrantenbeine. Die Räder der Schlachttürme, die sie hinter sich herzogen, quietschten.
    Hundertfünfzig Meter trennten Daa’tans Truppen noch von der Wolkenstadt, da blitzten die ersten Mündungsfeuer auf der Wallkrone auf. Die Kaiserlichen feuerten ihre Dampfdruckkanonen ab. Die ersten Geschosse detonierten weit hinter den Huutsi am Seeufer; die zweite Salve schlug schon gefährlich nahe hinter Daa’tans Angriffswelle ein. Aus der dritten Salve schließlich explodierten vier Granaten inmitten der Huutsi. Daa’tan sah Menschenleiber, Waffen, Tsebras und zwei Dampfbaiks durch die Luft wirbeln.
    »Vorwärts!« Er steckte sein schwarzes Zepter zurück ins Gurtfutteral und riss Nuntimor aus der Rückenscheide. »Weiter! Immer weiter! Vorwärts!«
    Bald hörte er von fern das Kampfgeschrei der Huutsi auf den anderen Seiten der Stadt. Deren Wall war jetzt schon zu nahe, als dass die Kanonen der Kaiserlichen seinem Heer noch gefährlich werden konnten. Alle Geschosse schlugen weit hinter der Angriffslinie ein. Keine vierzig Schritte trennten die wilden Krieger noch von dem Gestrüpp, das den fünfzehn Meter hohen Ballonwulst von Wimereux-à-l’Hauteur teilweise verhüllte.
    Daa’tan blickte nach oben. Alle hundertfünfzig Meter nur entdeckte er einen Kanonenlauf. Die Kaiserlichen hatten die schweren Waffen auf allen Wällen verteilt. Dazwischen erkannte er die Köpfe der Verteidiger, Uniformierte und Zivilisten; sogar Frauen glaubte er zu erkennen.
    Wurflanzen, Armbrustbolzen und Pfeile prasselten jetzt auf die Huutsi nieder. Der Efrantenreiter vor Daa’tan im Nackensattel hob seinen großen Schild und bedeckte den Kopf seines Königs und den eigenen damit. Und endlich krachten die Stoßzähne des Dickhäuters in die Gestrüppwand vor dem Außenwall.
    »Hoch mit euch!«, brüllte Daa’tan und deutete hinauf.
    Krieger schoben die zwölf Meter hohen Türme ins Gestrüpp hinein – insgesamt fünf auf dieser Stadtseite – und stiegen in ihrem Inneren unter dem Schutz des Daches nach oben. Andere krochen ins Gestrüpp und kletterten an den Ranken und Ästen hinauf.
    Die Baiker, die durchgehend mit Faustfeuerwaffen ausgerüstet waren, hielten ihre Gefährte zehn Schritte vor dem Wall an, gingen hinter ihnen in Deckung und feuerten zu den Verteidigern hinauf. Auch von den anderen Seiten der abgestürzten Wolkenstadt hörte Daa’tan anschwellenden Kampflärm.
    Er warf seinen roten Umhang ab, steckte Nuntimor zurück in die Rückenscheide, entriss seinem Efrantenreiter den Schild und stieg an ihm vorbei ins Geäst des Pflanzenteppichs. Mit der Linken hielt er den Schild über sich, mit der Rechten hangelte er sich von Ast zu Ast nach oben »Komm schon!«, rief er dem Reiter zu. »Hinter mir her!« Knapp über ihm schleuderten die ersten seiner Krieger ihre Widerhaken zum Wall hinauf.
    Etwas klatschte über Daa’tan ins Laub und dann auf den Schild; grässlicher Gestank hüllte ihn plötzlich ein. Der Efrantenreiter unter ihm fluchte, ein schwerer Gegenstand schlug über Daa’tan auf dem Schild auf, schlammiges Zeug und Wasser triefte über die Ränder des Schildes. Der Gestank wurde noch intensiver. Brechreiz würgte ihn.
    Auch rechts und links von ihm fluchten die Krieger. Einer übergab sich, ein anderer schrie etwas, das Daa’tan nicht verstand; aber auch so begriff er: Die Stadtbewohner leerten ihre Fäkalien über ihnen aus!
    Daa’tan warf den durch die stinkende Last schwer gewordenen Schild weg. »Hinauf!«, brüllte er. »Das sollen de Rozier und seine Vasallen uns büßen!« Er war unglaublich wütend. Der Hass beflügelte seine Kräfte. Er hetzte das Gehölz hinauf.
    Wieder und wieder spähte er nach oben. Sechs oder sieben Meter trennten ihn noch von der Krone, als sich eine Frau über den Rand beugte und mit etwas auf ihn zielte. Noch bevor er es realisierte, traf ihn etwas siedend heiß an der Stirn und am Handrücken. Daa’tan schrie gellend auf vor Schmerz, ließ den Ast los, an dem er sich hielt, und stürzte drei oder vier Meter hinab, bevor er wieder festen Halt fand.
    »Öl!«, schrie ein Krieger links von ihm. »Sie spritzen kochendes Öl auf uns…!«
    Von überall tönten die Schmerzensschreie der Krieger. Daa’tan hörte es rascheln und splittern, viele Krieger ließen im ersten Schrecken das Geäst los,
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