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223 - Die Sünden des Sohnes

223 - Die Sünden des Sohnes

Titel: 223 - Die Sünden des Sohnes
Autoren: Jo Zybell
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Kampflärm als noch eine Viertelstunde zuvor. Vermutlich hatten also auch Mongoo und Bantu den Sturm der Stadt bereits aufgegeben.
    Dabei wäre ein endgültiger Sieg in nur wenigen Minuten möglich gewesen – wenn man die Stadt einfach angezündet hätte. Es befand sich noch genug Gas im Trägerballon, um Wimereux zu einer gigantischen Bombe zu machen. Aber Daa’tan wollte die Stadt und das Reich ja erobern, nicht vernichten. Und er wollte sich den Kaiser persönlich unterwerfen.
    Solche Pläne hatten die Daa’muren nie gehegt. Ihnen war es darum gegangen, die Erdoberfläche zu einem Lavapfuhl zu machen, ihre Körperhüllen abzulegen und den Planeten endlich als zweite Heimat in Besitz zu nehmen. Irgendwas musste bei der Erziehung des Jungen falsch gelaufen sein. Trotzdem stand Grao – jetzt, nachdem sein Volk die Erde verlassen hatte – weiter zu ihm. Manchmal fragte er sich, warum eigentlich.
    Nun, im Grunde kannte er die Antwort – aber er akzeptierte sie nicht. Er gehörte einem vom Wandler geschaffenen Dienervolk an, das sich lange Zeit eingebildet hatte, die Herren zu sein. Aber das waren sie nie gewesen. Sie waren Diener. Und als solcher brauchte er Daa’tan dringender, als dieser es ahnte.
    Eine Stunde nachdem er seinen Beobachtungsposten an der Seeseite verlassen hatte, kehrte der echsenartige Gestaltwandler dorthin zurück. Daa’tan und seine Krieger hatten ihren Angriff zu diesem Zeitpunkt längst abgebrochen. Mehr oder weniger geordnet hatten sie den Rückzug zum Seeufer angetreten.
    Der Daa’mure erkannte seinen Zögling am roten Umhang und am schwarzen Helm mit den Büffelhörnern. Auf einer Breite von etwa sechzig Metern wuchsen Büsche und Sträucher zwischen der Stadt und dem Seeufer. Sie wuchsen so rasch, dass Grao’sil’aana dabei zusehen konnte. Warum erst jetzt? Und was hatte Daa’tan vor?
    Bald kehrte auf allen Seiten der Stadt wieder Ruhe ein. Grao’sil’aana war sicher, dass der nächste Angriff nur eine Frage der Zeit war. Der Daa’mure hoffte, sein Zögling würde es dann listiger anstellen. Er hatte einen halben Tag lang gegen zwei Prinzen und ihre Soldaten gekämpft – die Verteidiger waren nicht nur tapfere Kämpfer, sie waren vor allem kluge Köpfe. Daa’tans Armee war den Kaiserlichen zahlenmäßig zwar um das Fünffache überlegen, doch ohne eine gut durchdachte Strategie würde Daa’tan sie dennoch nicht besiegen können.
    Grao’sil’aana kroch zu Mombassa in den Wartungsgang zurück, um den Kampfgefährten über die Geschehnisse außerhalb der Stadt zu informieren.
    Anschließend nahm er wieder seinen Beobachtungsposten ein. Auf dem fünfzig Meter breiten Waldstreifen standen Büsche, Sträucher und junge Bäume bereits schulterhoch.
    Der Daa’mure war in der Lage, sehr weit in die Ferne zu spähen. So entdeckte er um die Mittagszeit zwei Gruppen von Kriegern, die von Norden und Süden her in etwa fünfhundert Meter Entfernung durch das Unterholz in Richtung Seeufer schlichen. Das Königszelt dort schien ihr Ziel zu sein. Grao’sil’aana glaubte Mongoo, Banta und den General zu erkennen. Offenbar rief Daa’tan seine Obersten zum Kriegsrat zusammen. Gut so!
    ***
    »Sie schlagen mit Macheten ins Gestrüpp! Sie lösen die Ranken vom Wall und ziehen die Seile mit den Widerhaken hoch…!« Aus der Krone einer alten Akazie schilderte Elloas Dienerin Gelani, was sie in der knapp achthundert Schritte entfernten Wolkenstadt beobachtete. »Die Halbwüchsigen und Kinder schaffen Kübel auf die Wallkrone!«
    »Und unsere Krieger?«, fragte die Königin. »Was machen unsere Krieger?«
    »Sie halten ihre Stellungen rund um die Stadt!«, rief Gelani. »Aber sie rühren sich nicht vom Fleck!«
    Königin Elloa hatte Hoffnung geschöpft, nachdem die Kaiserlichen den ersten Angriff zurückgeschlagen hatten. Doch in ihren Zügen waren nur Sorge und Wut zu lesen. Niemand würde ihr jemals ansehen, was sie wirklich dachte. »Und der König? Ist er noch in seinem Zelt?«
    Hoch oben im Geäst spähte die junge Dienerin Gelani zum Seeufer. Das gelbe Zelt des Königs stand etwa fünf Speerwürfe weit vom Basislager und dem Zelt der Königin entfernt. »Die Wachen stehen noch immer davor!«, rief Gelani. »Keiner der Obersten zeigt sich!«
    »Und der neue Wald?« Elloas Frage bezog sich auf den breiten Buschstreifen, den der verfluchte Pflanzenmagier seit dem gescheiterten Angriff zwischen Ufer und Wolkenstadt wuchern ließ. »Wächst er noch immer?«
    »O ja! Schon höher als der
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