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223 - Die Sünden des Sohnes

223 - Die Sünden des Sohnes

Titel: 223 - Die Sünden des Sohnes
Autoren: Jo Zybell
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größte unserer Krieger stehen die jungen Bäume inzwischen!«
    Elloa nickte nachdenklich. Was geschah dort draußen auf der Rodung? Seit mehr als zwei Stunden waren die Hauptleute und Obersten beim König im Zelt. Je länger ihre Beratung dauerte, desto tiefer setzte sich die Hoffnung in Elloas Herz fest: die verzweifelte Hoffnung, der König könnte aufgeben, das Heer der Huutsi und Wawaa abziehen.
    Elloa hatte einen Boten nach Bantu und Mongoo geschickt. Sie gierte nach Nachrichten aus erster Hand.
    Trotz der neuen Hoffnung blieb Elloa nicht untätig. Nicht weit entfernt im Uferschilf des Sees warteten zwei Getreue in einem großen Ruderboot. Und ein paar Mägde beluden zwei Tsebras gerade mit den Kleidern und Schmuckkästchen der Königin. Wasser und Proviant hatte sie schon ins Boot schaffen lassen.
    Möglicherweise würde Daa’tan erneut angreifen, und möglicherweise würde er die Stadt im zweiten Anlauf ja erobern. Bei den ersten Anzeichen, dass Wimereux-à-l’Hauteur fiel, würde Elloa fliehen. Denn dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis Daa’tan ihre Emissäre Osamao und Imyos dort aufgreifen und von ihrem Verrat erfahren würde.
    Am späten Nachmittag kamen die Boten zurück – weder Bantu noch Mongoo waren bei ihnen. »Wo sind die Obersten, nach denen ich euch geschickt habe?«, herrschte Elloa sie an.
    »Der Oberst Mongoo sitzt zur Stunde im Kriegsrat des Königs«, sagte einer der Boten kleinlaut. »Und der Oberst Bantu will seine Krieger nicht allein lassen. Angeblich steht der zweite Angriff kurz bevor.«
    Die Enttäuschung schmerzte so stark, als hätte ihr jemand eine Klinge zwischen die Rippen gestoßen. Elloa ließ sich nichts anmerken. »Sehr gut!«, stieß sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen aus. Sie wandte sich ab. »Es werden doch nicht viele Krieger beim ersten Sturm umgekommen sein?«
    »An der Seite des Königs fielen über dreißig Krieger«, sagte der Bote. »General Sango hat siebzehn Krieger verloren, Bantu und Mongoo fünfzehn, die Einäugige nur drei.«
    »Und Verletzte?«
    »Fast hundert«, sagte der Bote. »Doch über die Hälfte davon wird wohl im zweiten Sturm wieder kämpfen.«
    »Den Göttern sei Dank!« Elloa mimte die Erleichterte. »Eilt zum König, entbietet ihm meinen Gruß! Sagt ihm, dass ich seine Tapferkeit bewundere und alle Götter Afras um den Sieg für ihn und seine mutigen Krieger anflehe…!«
    »Die Obersten des Heeres verlassen das Zelt des Königs!«, rief Gelani aus der Baumkrone. »Der König ist bei ihnen! General Sango, Oberst Mongoo und die Hauptfrau der Wawaa kehren zu ihren Truppen zurück! Sie haben es eilig, es sieht so aus, als wollten unsere Krieger noch bei Tageslicht wieder angreifen!«
    »Das ist gut«, sagte Elloa heiser. Ihr Blick richtete sich auf die Mägde, die ihre Tsebras mit ihrer Garderobe, ihrem Schminkzeug und ihrem Schmuck beluden. Mit einer Kopfbewegung bedeutete sie den Frauen, sich zu beeilen.
    ***
    Vom Eingang seines Zeltes aus blickte Daa’tan den Hauptleuten hinterher.
    Mongoo, der unbedarfte Bursche mit dem lächerlichen, bunt gefärbten Pfauenfederbusch auf dem Schädel war unleugbar die Schwachstelle in der Führungsspitze seines Heeres. Glücklicherweise kämpfte er grundsätzlich nur an der Seite seiner Freunde Bantu und Mombassa. Ersterer würde ein Auge auf ihn haben, Letzterer hoffentlich im Inneren der Stadt für Chaos sorgen.
    Der kleine dickliche General Sango mit seinen vielen eisernen Medaillen auf der Brust seines Lederharnischs war nicht gerade ein Draufgänger. Dafür gebrauchte er hin und wieder seinen Verstand und hatte eine Ahnung von Strategie. Ihm hatte Daa’tan das Kommando für den nächsten Angriff auf Wimereux-à-l’Hauteur übertragen.
    Am gefährlichsten war ohne Zweifel die Einäugige Wawaa-Kriegerin! Banta, mit ihren spitz gefeilten Zähnen und den roten Kriegsfarben in ihrem knochigen Gesicht, scheute niemanden – keinen männlichen Gegner, keinen Dämon, keinen Gott. Allenfalls den Tod. Dank ihrer Vorsicht hatte ihre Truppe während des ersten Angriffs die geringsten Verluste von allen zu beklagen.
    Von Banta stammte auch der Angriffsplan für den zweiten Sturm auf die Stadt. Auch wenn es ihm schwer gefallen war: Daa’tan hatte einsehen müssen, dass seine Draufgängertaktik gegen die Kaiserlichen nicht aufging. Die Kriegslist der schlachterprobten Banta dagegen hatte ihm sofort eingeleuchtet.
    Seine Anführer verschwanden zwischen den Büschen und Bäumen am Rand der Rodung.
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