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203 - Die Wüstenfalle

203 - Die Wüstenfalle

Titel: 203 - Die Wüstenfalle
Autoren: Jo Zybell
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schlugen sich die Bunkerleute mit Säbeln und Ästen durch das Dornengestrüpp.
    Das Luftschiff hob ab. Die Dattelpalmen, der Teich, die Gebäude – alles fiel zurück. Höher und höher stieg die Paris in den Himmel über der Oase.
    Titana…
    Vermutlich war sie das Problem. In jedem Fall war sie fremdgesteuert. Dieser mächtige Kollektivgeist, der sich Daujones Ben Ulashi nannte, nutzte sie aus. Hatte Aruula nicht genau gesehen, wie der Alte mit der Narbe die Zwergfledermaus veranlasste, auf Grao’sil’aana zu landen? Wie auch immer, sie war sich ganz und gar sicher: So wie das unscheinbare Tierchen einst die telepathischen Kräfte des schwarzen Prinzen verstärkte, so wirkte es auch als Verstärker der übernatürlichen Kräfte Daa’tans und Grao’sil’aanas; je nachdem auf wem sie landete.
    Aruula musste Titana kriegen, wenn sie Daa’tan zurück haben wollte. Der Daa’mure war ihr gleichgültig.
    Die Roziere stand jetzt etwa achtzig Meter über der Oase.
    Man konnte bereits die trostlosen Sandebenen jenseits der Dünen sehen. Unter ihnen im Dattelpalmenhain hatten sie das Gestrüpp, in dem sich Daa’tan selbst gefangen hatte, bis auf ein etwa zwei mal zwei Meter großes Stück zerschlagen. In diesem Stück hing Aruulas Sohn.
    »Du hast so eine Art Anker an Bord«, wandte sie sich an Victorius. »Habe ich das richtig beobachtet?«
    »Ja, doch, Mademoiselle Aruula. Doch wozu…?«
    »Ich brauche ihn jetzt, mach ihn einsatzbereit. Bitte.«
    »Damit könnten wir eventuell Daa’tans Dornenkerker aus der Oase hieven, aber nicht meine geliebte Titana«, sagte Victorius.
    »Sie wird ihn sehen und ihm folgen. Sie hängt an ihm. Mach den Anker einsatzbereit!« Aruula hoffte, Titana würde genau das nicht tun. Sie musste sie loswerden, die verdammte Fledermaus. Und wenn sie den Daa’muren bei der Gelegenheit auch loswurde – umso besser.
    Victorius öffnete einen kleinen Deckel im Boden der Gondel.
    In der Versenkung steckte ein Widerhaken. Das Tau, an dem er hing, war an einer Kurbel aufgewickelt.
    »Orguudoo soll sie holen!«, zischte Aruula und lauerte zum Gondelfenster hinaus.
    »Was ist denn, Mademoiselle Aruula?« Victorius richtete sich auf und kam zu ihr ans Fenster. Hunderte von Kriegern überschritten die Dünenkämme und griffen die Oase an: Wüstenkrieger zu Fuß, schwarz vermummte Kamelreiter, Säbelkämpfer in weißen Kleidern.
    Die Leute der Daujones Ben Ulashi Sippe unten in der Oase schleppten den in Verwandlungsanfällen zuckenden Grao’sil’aana zu den Grenzen der Oase. Daa’tan in seinem Dornengestrüpp rollten sie hinterher.
    ***
    Anfang September 2523
    Awakian konnte nicht fassen, dass er nach einem Jahrhunderte langen Tiefschlaf wieder erwacht war. »Fünfhundertneun Jahre… das heißt…«
    Alles um ihn herum drehte sich, ihm war schlecht, er hatte Schmerzen, er hatte Hunger und Durst. Doch mächtiger als all das war der Trieb, der ihm einst den Nobelpreis eingebracht hatte: die Neugier. Er wollte wissen, was geschehen war. Er wollte es ganz genau wissen.
    Seine Greisenfinger zitterten sich von Taste zu Taste, und endlich fand er eine beschädigte Datei mit dem Titel F&Asmith .
    Er öffnete sie. Es war eine nur teilweise lesbare Chronik.
    Nach vielen protokollartigen Einträgen aus den Jahren 2012 bis 2023 fand Awakian über viele Seiten nur Zeichen- und Buchstabenchaos, das in seinen Augen keinen Sinn ergab.
    Schließlich stieß er wieder auf lesbare Einträge.
    3.6.2031 – Prinz kopiert unkontrolliert Matrizen des Bewusstseinsinhalts von Scheich Kemal Ben Ulashi, las er.
    Fehlersuche bisher ohne Erfolg.
    30.6.2031 – Scheich Kemal Ben Ulashi altert deutlich schneller als die anderen Schläfer.
    Es folgten wieder ein paar Seiten voller Zeichenchaos.
    Schließlich ein Eintrag vom 16.8.2031 – Scheich Kemal Ben Ulashi heute morgen von einem Enkel in Notwehr erschossen.
    Der Greis lief Amok, nachdem er vor zwei Tagen seine Schlafwanne aufgebrochen hatte. Der Rechner scannt nun Gene, Bewusstsein und Nervenzellenstrukturen von Ali Ben Ulashis Frau. Die Künstlerin altert zusehends. Wir beschließen, sie zu wecken, bevor sie ein ähnliches Schicksal erleidet wie der Scheich.
    22.8.2031 – Der Rechner kopiert die Geistesinhalte von Mohammad, Zahir und Achmed Ben Ulashi. Es ist, als würde er sich ihre Gedächtnisinhalte einverleiben. Morgen werden wir die Brüder wecken. Bei Ali Ben Ulashi keine Veränderungen.
    3.9.2031 – Unruhen im Bunker wegen der Ereignisse in der CMZ-Anlage. Tote
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