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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande
Autoren: E Kellison
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Prolog
    Custos Kopf wurde zur Seite geschleudert, als eine Faust gegen sein Kinn krachte. Sein Ohr rauschte und auf seiner Wange und hinter dem linken Auge breitete sich eine heiße Welle aus. Bei jedem Herzschlag schoss ein blitzartiger Schmerz durch seinen Kopf, und langsam vernebelten dunkle Wolken seinen Verstand.
    Konzentriere dich .
    Er drückte die Hände gegen die Fesseln, die in seine Handgelenke schnitten – nicht, um sich zu befreien, das war unmöglich – , sondern um die Angst zu beherrschen, die sich in einem schwachen Augenblick leicht in einem unkontrollierten Keuchen äußern konnte.
    Er würde sterben. Jetzt kam es darauf an, gut zu sterben. Heulen kam nicht infrage.
    Verschwommen tauchte Spencers Gesicht in Custos Blickfeld auf. Seine kurz geschorenen braunen Haare bildeten lediglich einen Schatten auf seiner Kopfhaut. Über einen schwarzen Knopf in seinem Ohr war Spencer mit dem Rest seines Teams verbunden, der geheimen Regierungsabteilung zur Erforschung übersinnlicher Aktivitäten. Eigentlich gehörten sie zu den Guten, aber etwas war komplett schiefgelaufen. Spencer war immer ein Mistkerl gewesen, aber dass er heimlich mit den Geistern kollaborierte, machte ihn zum Verräter.
    »Sag mir, wo Adam ist, und ich lasse dich gehen. Du musst dir wirklich nicht so viel Mühe geben – wir finden ihn ohnehin. Er muss ja nicht wissen, dass du ihn verraten hast«, sagte Spencer.
    Ein warmes Rinnsal bahnte sich einen Weg aus Custos Nase. Er nahm den Geruch von Kupfer wahr.
    Adam würde es herausfinden und – noch schlimmer – ihm vergeben.
    Ein lautes Geräusch – Metall schabte über den Boden. Ein runder Gegenstand drückte leicht auf seinen Fuß.
    Custo schlug die Augen auf. Was jetzt …?
    Spencer hatte einen von Adams eleganten Stühlen so vor ihm platziert, dass sich ihre Knie berührten, als er sich hinsetzte. Nachdem Spencers Gewicht auf dem Stuhl lastete, verstärkte sich der Druck auf Custos Fuß. Ein Knochen schmerzte, brannte und brach, weiße Funken schossen seine Wade hinauf. Für den Bruchteil eines Augenblicks verlor er das Bewusstsein.
    Spencer lehnte sich freundlich lächelnd auf dem Stuhl zurück. »Ehrlich, ich würde dich sofort gehen lassen. Sag mir einfach, wo Adam ist.«
    Spencer spielte gern und gewann gern. Man konnte ihn nur aufhalten, indem man ihn plattmachte oder nicht mitspielte. Gewinnen klappte heute nicht. Besser, er ließ sich etwas anderes einfallen.
    Custo konzentrierte sich auf den Raum hinter Spencer und suchte nach einem Ausweg. Das New Yorker Loft war typisch für Adam Thorne – klare Linien, eine moderne hochwertige Einrichtung in Grau und Schwarz, kontrastiert von knalligen Farben – im Schlafzimmer fand sich ein kräftiges Rot in dem niedrigen asiatischen Bett in der Mitte der gegenüberliegenden Wand und dem Nachtisch daneben. In dem abstrakten Gemälde darüber verwandelte sich die Farbe in Spritzer aus Sangre .
    Sangre . Blut. Custos Blick glitt zu den breiten Holzplanken im Fußboden.
    »Du musst wissen, wo er ist.« Spencer ergriff drängend Custos Hand. Seine vorherige Heiterkeit war verschwunden.
    Ich dachte, er wäre hier. Wir wollten uns hier treffen . Adam hatte Talia in das Loft gebracht, wo er sie in Sicherheit wähnte. Custo war hier mit ihnen verabredet gewesen, zusammen wollten sie den Angriff auf die Machtzentrale der Geister planen. Adam hatte Custo sogar mehrmals am Abend angerufen, um sich zu vergewissern, wie weit er war.
    Es musste etwas passiert sein, das Adam und Talia zur Flucht veranlasst hatte.
    »Er erzählt dir alles.« Spencer ergriff Custos Zeigefinger und löste ihn von der Armlehne.
    Dehne das hier so lange wie möglich aus, vielleicht können sie entkommen.
    Custo stockte der Atem, als sein Finger in einem schmerzhaften rechten Winkel zu seinem Handrücken stand. Er biss die Zähne zusammen – ein Backenzahn hatte sich gelöst – und wartete auf das …
    Pop. Custo zitterte, ihm brach der kalte Schweiß aus. Er stemmte sich gegen die Fesseln, die ihn auf dem Stuhl hielten. Sie waren so verdammt fest.
    Er musste nur noch ein bisschen durchhalten. Nur so lange, bis Adam und Talia in Sicherheit waren.
    »Es tut mir ja so leid«, sagte Spencer und zerrte den Finger zurück zwischen die anderen. Er drehte ihn hin und her. Die kleinen Knochen kreischten. »Ich glaube, er ist gebrochen.«
    Sehr witzig. Blieben nur noch neun.
    »Was ist mit Talia, dieser komischen Person?« Spencer bog den Mittelfinger nach oben. Custo
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