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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer
Autoren: Barbara Wood
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aufmerksam. Schließlich erreichten sie das Ende der Höhle.
    »Da«, sagte der Führer. Er deutete auf die Malereien.
    Erica trat erwartungsvoll näher, setzte behutsam einen Fuß vor den anderen. Als die Karbidlampe an ihrem Helm die Piktogramme streifte, stockte ihr der Atem. Die satten Farben der Kreise, die Rot- und Gelbtöne: wie prächtige Sonnenuntergänge! Hinreißend, phantastisch, lebendig. Und außerdem …
    »Können Sie diese Symbole deuten, Dr. Tyler?«, fragte der Führer und legte dabei den Kopf schief, um aus dieser scheinbar wirren Collage von Linien, Kreisen, Formen und Farben etwas herauszulesen.
    Erica antwortete nicht. Regungslos starrte sie auf das Gemälde, wie hypnotisiert von den leuchtenden Sonnen und Monden an der Wand.
    »Dr. Tyler?«, fragte er erneut. Jared und Luke tauschten einen Blick. »Dr. Tyler«, sagte Luke, »alles in Ordnung mit Ihnen?« Als er ihre Schulter berührte, fuhr sie zusammen.
    »Was?« Sie sah ihn entgeistert an, fing sich dann wieder. »Ich bin nur … Ich hatte nicht erwartet, ein derart gut erhaltenes Gemälde vorzufinden. Kein Graffito …«, stieß sie ein wenig atemlos aus. »Zu Ihrer Frage, was die Symbole bedeuten«, fuhr sie dann mit festerer Stimme fort, etwas gezwungen, so als müsste sie sich darauf besinnen, wo sie war. »Die religiöse Einstellung in der hiesigen Gegend war auf Schamanismus ausgerichtet, eine Form der Verehrung, die auf der persönlichen Interaktion zwischen einem Schamanen und dem Übernatürlichen basiert. Der Schamane versetzte sich durch den Verzehr von Stechäpfeln oder auf andere Weise in einen Trancezustand und betrat dann die Welt der Geister. Man nannte dies die Suche nach Visionen. Wenn er aus seinem Trancezustand wieder erwachte, hielt er seine Visionen auf Felsen fest. Dies nennt man von Trance beeinflusste Kunst. Jedenfalls ist dies eine der Theorien zur Deutung der südwestlichen Felsmalerei.«
    Der Führer beugte sich vor. »Wie kommen Sie darauf, dass das hier das Werk eines Schamanen ist?«, fragte er. »Könnte es sich nicht einfach um ein Graffito handeln und gar nichts bedeuten?«
    Erica musterte eingehend den größten der Kreise, der blutrot und von merkwürdigen Punkten umgeben war.
Dies hier hat sehr wohl etwas zu bedeuten.
»Man hat Laborstudien über dieses Phänomen angestellt und nennt es die Neuropsychologie veränderter Zustände. Was die Studien ergeben haben, ist, dass es universelle Bilder bei Menschen aus völlig unterschiedlichen Kulturen gibt, ob bei amerikanischen oder afrikanischen Ureinwohnern oder australischen Aborigines. In erster Linie handelt es sich dabei um farbenfrohe geometrische Formen, die sich mehr oder weniger spontan im optischen System bilden. Sie können es selbst ausprobieren. Schauen Sie kurz in grelles Licht und schließen Sie dann rasch die Augen. Die gleichen Muster bilden sich heraus: Punkte, parallele oder gezackte Linien, Spiralen. Wir nennen sie Metaphern der Trance.«
    Er verzog das Gesicht. »Aber die hier sehen nach nichts aus.«
    »Sollen sie auch nicht. Diese Symbole sind Ausdruck eines Gefühls oder einer spirituellen Ebene, etwas, das in Wirklichkeit keine körperliche Struktur hat und deshalb nicht darzustellen ist. Allerdings …« Sie legte die Stirn in Falten, als ihre Taschenlampe eine undefinierbare Form erhellte, verlängert durch etwas, das wie ausgestreckte Arme oder Hörner wirkte. »Es gibt hier einige andere Elemente, die verblüffend sind.«
    Luke wandte sich ihr zu, blendete sie kurz mit der Lampe an seinem Helm. »Verblüffend? Inwiefern?«
    »Einige dieser Formen passen nicht zu dem, was wir bisher über Trancevorstellungen wissen. Zum Beispiel dieses Symbol hier. Bei all meinen Studien der Felskunst ist mir so etwas noch nicht untergekommen. Die meisten anderen Symbole dagegen tauchen auch in Piktogrammen und Petroglyphen im Südwesten auf. Diese Handabdrücke zum Beispiel. Der Handabdruck ist in der Felskunst weit verbreitet, man findet ihn überall auf der Welt. Er ist die Tür, durch die der Schamane die Welt der Geister betrat. Aber diese anderen Symbole« – sie deutete darauf, vorsichtig, ohne die Fläche zu berühren – »sind mir neu.« Sie schwieg; ihr leichter Atem hörte sich in der Höhle wie ein Luftzug an. »Und da ist noch etwas Erstaunliches an diesen Malereien.«
    Ihre Begleiter warteten ab.
    »Neben den Piktogrammen, die charakteristisch sind für die ethnographisch erfassten Kulturen dieser Gegend, weist das Wandbild
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