Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
an.
    »Und die Sammlungen von Monsieur?«, fragte er jetzt.
    »Bleiben hier. Wir müssen rasch fort.«
    »Was? Archiotherium, Hyracotherium, Oreodon und all die anderen Gerippe von Monsieur bleiben …«
    »Ja!«
    »Wie Monsieur beliebt.«
    »Also, hör zu, mein Freund: Wir fahren mit der Abraham Lincoln …«
    »Wie Monsieur beliebt.«
    »Also, um genauer zu sein: Es handelt sich um dieses Untier da … diesen Riesen-Narwal, der verfolgt werden soll …«
    »Wie Monsieur beliebt.«
    »Es ist vielleicht … wie soll ich sagen? … eine Reise, von der nicht jeder wieder zurückkommt …«
    »Wie Monsieur beliebt.«
    Im Kofferpacken war Conseil mindestens ebenso gut wie im Klassifizieren, denn er ordnete Hemden, Hosen, Socken und Wäsche ebenso geschickt ein wie Vögel und Säugetiere.
    Ich zahlte in der Hotelhalle, gab den Auftrag, meine Kisten und Kasten Forschergepäck nach Paris zu verfrachten und sorgfältig meinen Hirscheber zu füttern, für den ich ein Ernährungskonto eröffnete. Ein Pferdewagen brachte uns für 20 Franc über Broadway, 4th Ave. und Katrin Street zum 34. Pier, von wo uns eine Fähre nach Brooklyn übersetzte, in die Nähe des Kais, an dem mit rauchenden Schloten die Abraham Lincoln lag.
    Ich wurde an Bord gleich dem Kommandanten Farragut vorgestellt und bezog anschließend meine Kabine. Sie gefiel mir, denn sie lag im Heck und stieß an den Offizierssalon.
    »Hier sind wir gut aufgehoben!«
    »So gut wie der heilige Bernhard in der Muschel.«
    Eine halbe Stunde später waren die Haltetaue bereits gefallen, das Go ahead! des Kommandanten dröhnte über Deck und wurde über die Sprechanlage in den Maschinenraum weitergegeben. Die Maschinisten setzten das Rad in Bewegung, Dampf zischte und die langen, horizontalen Stempel dröhnten und trieben die Stangen der Welle immer schneller. Das Wasser unter der Schraube rauschte auf, das Schiff löste sich langsam vom Kai und zog majestätisch im Gefolge einer Vielzahl von Fähren, kleinen Schleppern und Barkassen ins offene Wasser.
    Die Fahrt über den Hudson glich einem Triumphzug; auf den Barkassen und am Ufer häuften sich die winkenden und taschentuchschwenkenden Schaulustigen. Die Forts, welche die Fregatte in Richtung New Jersey passierte, grüßten mit Salutschüssen und Farragut ließ zur Antwort dreimal die amerikanische Bundesflagge aufziehen. Am Sandy Hook, einer Landzunge, standen noch einmal Tausende von Zuschauern und klatschten Beifall, als die Fregatte vorüberzog. Schlag 15 Uhr ging der Lotse von Bord, der Dampfdruck wurde erhöht, die Schraube lief rascher, das Schiff strich längs der gelben, niedrigen Küste von Long Island und lief abends um 20 Uhr, nachdem die Feuer von Fire Island im Nordwesten zurückgeblieben waren, mit voller Kraft in die dunklen Wasser des Atlantiks.
    Farragut war ein tüchtiger Seemann, zusammen mit der Lincoln ein Schiff und eine Seele. Wie jeder gute Seemann war er dem Gedanken eines Seeungeheuers gegenüber sehr aufgeschlossen und hatte nicht die geringsten Zweifel an der Existenz des Einhorns, zu dessen Verfolgung er aufgebrochen war. Er hatte geschworen, das Meer von dem Monster zu befreien, deshalb gab es nur noch die Alternative Farragut-tötet-Monster oder Monster-tötet-Farragut, eine dritte Möglichkeit war ausgeschlossen.
    Selbstverständlich teilten die Offiziere seine Meinung. Die Aussicht auf das bevorstehende Abenteuer war der Gegenstand aller Gespräche an Bord und manch einer offenbarte eine überraschende Neigung für den Dienst im Ausguck des Mastkorbs. Sämtliche Masten mit ihrem Takelwerk hingen tagsüber voller Matrosen, obwohl noch nicht einmal der Pazifik erreicht war – kein Wunder, denn Farragut hatte eine Prämie von 2 000 Dollar für die erste Sichtmeldung ausgesetzt. Auch mich trieben Unruhe und Neugier Tag für Tag an Deck. Conseil war der Einzige, der das Unternehmen gewöhnlich fand.
    Ich habe ja die fabelhafte Ausrüstung mit Fanggeräten bereits kurz erwähnt, welche die Abraham Lincoln mit sich führte. Von der Harpune bis zu explodierenden Geschossen war alles vorhanden, selbst ein kleinkalibriges, weit tragendes Geschütz, das der Öffentlichkeit auf der Weltausstellung im folgenden Jahr zum ersten Mal vorgestellt werden sollte, war an Deck montiert. Es fehlte also nicht an Mordwaffen neuesten Modells. Aber das Schiff besaß noch mehr: den König der Harpuniere. Ned Land.
    Dieser Kanadier war etwa 40 Jahre alt, eine kräftig gebaute Zweimeterfigur, ernst, wortkarg, reizbar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher