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195 - Verloren im Outback

195 - Verloren im Outback

Titel: 195 - Verloren im Outback
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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Ende der Halle zu. Sein Weg führte ein Stück unter freiem Himmel her. Es zogen zwar Wolken auf, hinter denen die Sonne immer öfter verschwand, doch was machte das schon. Da oben wartete die Freiheit, und – bei Sol’daa’muran!
    – er würde sie nicht lange warten lassen!
    Er wollte nur kurz die aufgetürmten Fässer inspizieren. Ihn reizten die aufgeklebten Bilder: ein Totenschädel mit gekreuzten Knochen (das Zeichen der Piraten!), Flammen wie die eines Lagerfeuers, eine kaputte Hand, auf die ein Tropfen fiel. Da waren auch Buchstaben. Diese Bezeichnung hatte er von Victorius gelernt. AYER konnte er lesen, was ihn stolz machte, doch der Doppelkringel davor gab seine Bedeutung nicht preis. Ebenso wenig wie die extra großen Buchstaben auf orangenem Grund an einigen Fässern. Victorius hätte sicher gewusst, was da stand – aber Victorius war nicht da, und so blieb der Warnhinweis unentdeckt.
    Er lautete: Achtung! Kontaktallergen! Behälter nur mit Schutzanzug und Atemmaske öffnen! Wirkstoff verursacht motorische Störungen und schwerste Hautveränderungen! Bei Unfällen sofort die Firmenleitung informieren!
    Der Wirkstoff trug die Bezeichnung Sisulin 4. Im Jahr 2009 war er zur Bekämpfung der australischen Variante des H5N1-Virus – der Vogelpest – entwickelt worden, hatte sich nach ein paar Testreihen aber als zu gefährlich herausgestellt. Nun war er überall – in der Luft, im Erdreich, im Wasser des Sees. Die stärkste Konzentration jedoch lagerte an den Innenseiten der augenscheinlich leeren Fässer.
    In der Hallenecke waren sie zum Halbrund gestapelt, wie ein Schutzwall, mit den geschlossenen Böden nach außen.
    Daa’tan trug ein paar davon ab, zwängte sich durch die so entstandene Passage und blieb überrascht stehen. Hinter den Fässern saß der Kieselmann!
    Er hielt nur kurz inne, als Daa’tan auftauchte, dann kaute er weiter. Das Algenbündel lag vor ihm auf dem Boden. Viele Hände griffen danach.
    Der Geröllhaufen hat eine Familie! Daa’tan kratzte sich am Arm. Seine Haut juckte. Warum habe ich eigentlich gedacht, er wäre allein?
    Wie es schien, führten die Kieselmenschen ein langweiliges Leben im Versteck, taten nichts weiter als Algen aus dem See holen und Kinder aufziehen. Ihre Hauswand nutzten sie offenbar auch als Schlafkojen. In den oberen Fässern, geschützt vor eventuell angreifenden Blutsaugern, bewegten sich kleine Füße. Hier und da quäkte jemand.
    Daa’tan hatte genug gesehen. Wortlos wandte er sich ab – es gab nichts zu sagen – und ging. Er hatte vor, an dem einzigen noch intakten Stahlträger hoch zu klettern, denn der endete in Reichweite der Deckenöffnung. Allerdings würde es nicht leicht sein, Nuntimor über den Rand des Flachdaches zu befördern.
    Habe ich eine Wahl? Daa’tan kratzte sich am Kopf. Nein, habe ich nicht. Also los!
    Der Aufstieg erwies sich als schwierig. Die Stahlstreben hatten ziemlich scharfe Ränder, was an Hand und den Füßen gleichermaßen schmerzte. Daa’tan musste zudem noch aufpassen, dass er sich nicht mit dem eigenen Schwert schnitt.
    Er hätte Nuntimor gern einmal abgelegt, denn sein Hals juckte zum Verrücktwerden.
    Am ersten Regal mache ich eine Pause, versprach er sich und tat es dann auch, allerdings mit gemischten Gefühlen.
    Daa’tan hatte sich nie gefragt, was aus den Kieselmännern wurde, wenn ihr Leben vorbei war. Das erfuhr er jetzt. Sie saßen am unteren Ende der Schräge. Große, mittlere und viele kleine – alle hockten einträchtig nebeneinander, schwarz mumifiziert, und starrten Daa’tan aus leeren Augenhöhlen an.
    Er kletterte hastig weiter. Auf der zweiten Lagerfläche bot sich ihm dasselbe Bild, auch auf der dritten. Ganz oben aber änderte sich etwas. Die Toten, die hier saßen, hatten Haare und waren mit fahlen Kitteln bekleidet, an denen hier und da noch ein Abzeichen steckte.
    Wahrscheinlich sind es die ältesten Ahnen, dachte Daa’tan, während er sich auf die Schräge schwang, um einen Moment auszuruhen. Hand und Füße schmerzten, sein Bauch juckte, und irgendetwas musste in seine Augen geraten sein, denn sie brannten wie Feuer. Er hatte sich hingekniet, mit dem Rücken zu den Toten, eine Hand am Stahlträger. Daa’tan legte Nuntimor vorsichtig ab. Anfangs blieb es auch liegen – aber kaum begann er sich die Augen zu reiben, glitt es fort.
    Abwärts! Daa’tan packte in Windeseile zu; dabei beugte er sich jedoch zu weit vor und verlor das Gleichgewicht.
    »Aaaaah!« Mit lang gezogenem Schrei
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