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195 - Verloren im Outback

195 - Verloren im Outback

Titel: 195 - Verloren im Outback
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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Erinnerungen verlassen hatte. Da er vor elf Wintern noch ein junger Spund und nur der Sohn des damaligen Häuptlings gewesen war, sah man ihm seine mangelhaften Berechnungen nach. Im Licht des neuen Tages schlug man in einer Waldsenke ein Lager auf, bestimmte ein paar starke Männer als Wachen und legte sich schlafen.
    Auch Aruula suchte sich einen Platz, sank zu Boden und schlief fast auf der Stelle ein.
    Als sie erwachte, fühlte sie sich wie gerädert und erkannte am Stand der Sonne, dass noch keine drei Stunden vergangen waren. Sie konnte nicht wieder einschlafen.
    Eine starke innere Unruhe hatte sie ergriffen. Sie fühlte sich, als würde sie einen wichtigen Tag ihres Lebens verpassen, wenn sie nun wieder einschlief. Zuerst versuchte sich zu beruhigen, indem sie tief und regelmäßig ein- und ausatmete.
    Doch ihre Versuche nützten nichts: Jedes Insektenzirpen, jedes Vogelträllern, jeder vom Wind bewegte Halm störte sie. Und so stand sie schließlich auf und beschloss eine Runde um das Lager zu drehen.
    Die Wachtposten, die sie aus der Ferne erblickten, winkten ihr zu. Sie dachten sich nichts dabei, Aruula unter den Tannen herumspazieren zu sehen. Sie nahmen wohl an, dass ein menschliches Bedürfnis sie aus dem Schlaf gerissen hatte und sie nun ein nicht einsehbares Örtchen suchte.
    Um die Schlafenden nicht zu stören, entfernte Aruula sich ein beträchtliches Stück vom Lager. Irgendwann hörte sie das Plätschern eines Gewässers, blieb stehen und lauschte. Ihr letztes Bad musste zwei Wochen zurückliegen. Konnte jemand etwas dagegen haben, wenn sie die Gelegenheit nutzte?
    Sie folgte dem Geräusch. Dazu musste sie einen Hügel hinab, der steiler war als er aussah: Der von Tannenadeln bedeckte Waldboden erwies sich als rutschig. Ehe sie sich versah, glitt sie aus, landete auf dem Po und rutschte den Hang bis zu seinem Ende hinab. Gleich dahinter breitete sich ein Teich aus, der von einer Quelle gespeist wurde, die aus einem Loch in der Felswand gegenüber kam. Aruula hatte gerade noch Zeit, sich über die Seerosen zu wundern, die majestätisch auf dem Wasser schwammen, dann endete der Hang und sie flog dem Waldteich im hohen Bogen entgegen.
    Das Wasser war kalt, aber nicht so kalt wie das der Dreizehn Inseln. Als sie mit offenen Augen auf dem Grund ankam, schaute sie sich um, sah aber weder Fische noch sonstiges Leben. Aruula stieß sich mit den Beinen ab und durchstieß den Wasserspiegel.
    Sie schaute sich prustend um. Der Teich war keine drei Meter tief. An seinem südlichen Ufer saßen sieben oder acht langhaarige, in Zottelfelle gekleidete Gestalten vor zwei Zelten und musterten sie aus großen Augen.
    Als sie erkannten, dass ihnen keine Gefahr drohte, fingen sie an zu lachen. Drei kleine Kinder kamen aus den Zelten und schauten die unerwartete Besucherin erstaunt an. Einer der Männer – Frauen und Männer schienen sich die Waage zu halten – kam Aruula eigenartig bekannt vor.
    Das fand sie eigenartig, weil sie noch nie in dieser Gegend gewesen war.
    »Was gafft ihr so?«, fragte sie. »Helft mir lieber hier raus.«
    Hilfreiche Hände streckten sich Aruula entgegen. Nun fiel ihr ein, dass sie eigentlich ein Bad nehmen wollte.
    »Moment…« Sie schwamm ans Ufer, und sowie ihre Füße Grund fanden, glitt sie aus den Kleidern und warf diese mit ihrer Seitentasche an Land. »Ich bin gleich so weit.«
    Eine Frau warf ihr ein Stück Zoipi zu – ein unglaublich kostbares Geschenk – und fragte, ob sie ein Handtuch brauchte.
    Aruula hatte eins dabei, aber es befand sich in der Tasche und war durchnässt. Auch der Tonfall der Frau erinnerte sie an jemanden. Nachdem sie sich mit der Zoipi ordentlich eingeschäumt, gewaschen und abgespült hatte und so sauber wie ein Fisch ans Ufer kam, nahm sie das Tuch gern entgegen, dass man ihr anbot.
    »Zu welchem Stamm gehört ihr?«, fragte Aruula, nachdem sie den Fremden erzählt hatte, wo ihre Leute lagerten und unter welchen Umständen sie hierher gekommen war. »Eure Aussprache ist eigenartig und erinnert mich an jemanden, dem ich mal begegnet bin.«
    »Wir gehören zum Stamm der Schalkah«, sagte eine Frau.
    »Unsere Heimat sind die Urwälder von Ruupod.«
    »Ruupod?« Aruulas Augen blitzen auf. Nun fiel es ihr wieder ein: Vor einem Winter war ihnen im Norden eine Gruppe von Wanderern aus dem Ruupod begegnet!
    Eine alte Frau war bei ihnen gewesen, eine Schamanin, die rätselhafte Dinge gesagt und getan hatte. Man hatte sie »Wudans Auge« genannt. Sie hatte
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