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195 - Verloren im Outback

195 - Verloren im Outback

Titel: 195 - Verloren im Outback
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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nach oben ins Halbdunkel der Gondeldecke. »Ah! Da ist es! Warte, ich hab’s gleich!«
    Der Afraner hielt ihn zurück. »Wenn du Titana etwas antust, töte ich dich!«
    »Titana?« Daa’tan zog seinen Arm weg. »Ist es üblich bei deinem Volk, Insekten einen Namen zu geben?« Er grinste.
    »Da habt ihr ja viel zu tun!«
    »Sie ist kein Insekt! Titana ist eine kluge Zwergfledermaus. Komm her, ma petite!« Victorius streckte die Hand aus, und mit hochfrequentem Zirpen stieß seine geflügelte Begleiterin zu ihm herab. Sie schien jedoch der Hand nicht zu trauen, die ziemlich nahe an Daa’tan war. So landete sie stattdessen auf den falschen Haaren ihres Herrn.
    Daa’tan wandte sich kopfschüttelnd ab und trat ans Bugfenster, während der Afraner seine Perücke herunter zog, um Titanas verhakte Flügel zu befreien.
    Was für ein Anblick war die Welt da draußen! Meile um Meile flaches Land, mal dicht begrünt, mal staubig rot.
    Verlassene Wege durchzogen das Gelände wie ein kaputtes Spinnennetz, bis zu den Bergen am diesigen Horizont. Kein Mensch weit und breit, keine Tiere. Dafür tauchten immer wieder diese riesigen kreisrunden Löcher auf, in die das Schattenbild der Roziere so abrupt hinein kippte, dass sich Daa’tan unwillkürlich festhielt.
    »Es sind erloschene Vulkane«, erklärte Victorius, als hätte er seine Gedanken gehört. »Die Gegend hier ist voll davon. Man nennt sie das Outback. Siehst du den gelben Streifen dort hinten?« Victorius zeigte nach Westen. »Da beginnt die Wüste!«
    »Und die dunklen Umrisse am Rand?« Daa’tan vergaß, dass er hinter einer Scheibe stand. Er stieß heftig mit dem Finger dagegen. »Autsch! Sind das Hütten?«
    »Vorsicht!«, mahnte Victorius, während er dem verunglückten Fingerzeig folgte. Die Sonne stach ihm in die Augen, und er blinzelte. »Hmm-m. Also Hütten sind es nicht, dafür ist das Ganze zu groß. Es könnte eine alte Fabrik sein.«
    »Eine – was?«
    »Fabrik. Das ist ein Ort, an dem Dinge in großer Anzahl hergestellt werden. Wurden«, verbesserte sich Victorius.
    »Damals, vor dem Kometeneinschlag.«
    »Klar«, sagte Daa’tan lahm und mit Blick aus dem Fenster.
    Mann, war das peinlich! Victorius wusste tausend Mal mehr als er selbst! Er kannte Worte, die kein Mensch verstand, und er sprach wie selbstverständlich von Dingen, die ihm – Daa’tan – ein komplettes Rätsel waren. Was meinte er zum Beispiel mit Kometeneinschlag? Was war ein Komet?
    »Sag mal, könnten wir zu der Fabrik hinfliegen, Victorius? Ich würde sie mir gern aus der Nähe ansehen.«
    »Sicher. Warum nicht?«, meinte der Afraner, drehte am Steuerrad und brachte die Roziere auf Kurs. Er klang unverändert freundlich, während er Daa’tan anwies, etwas Holz nachzulegen, damit die Dampfmaschinen nicht an Kraft verloren. Nur seine Augen wurden auf einmal seltsam leer. Das verging aber gleich wieder.
    Es dauerte eine ganze Weile, ehe das Luftschiff seinen Zielort erreichte. Victorius musste eine Schleife fliegen, um die PARIS aus schwindelnder Höhe sicher auf vierzig Meter herunter zu navigieren. Hier im Outback konnte der Wind zur Todesfalle werden, denn er wechselte unverhofft die Richtung und traf dann mit sehr unterschiedlicher Stärke auf die Außenhülle des Ballons.
    Bis das Luftschiff nahe genug an den verlassenen Gebäuden war, um die Vögel zu erschrecken, die auf den Dächern Siesta hielten, hatte Daa’tan einiges erfahren. Zum Beispiel, wie die Roziere funktionierte und dass Victorius der Sohn eines Kaisers war, der auf dem Kontinent Afra in einer fliegenden Stadt lebte. Victorius behauptete auch, dreihundertneunundneunzig Geschwister zu haben, was Daa’tan in helles Erstaunen versetzte. Wie konnte eine Frau so viele Kinder bekommen? Victorius klärte ihn grinsend über die Zahl und die Schönheit der kaiserlichen Ehefrauen auf, und Daa’tan grinste zurück. Er kam zu dem Schluss, dass Afra ein interessantes Reiseziel war.
    »Ist es auch! Weißt du was? Besuch mich mal, wenn du Zeit hast«, schlug Victorius vor und fügte übergangslos hinzu:
    »Was machst du eigentlich hier in Ausala?«
    »Ach… nichts Besonderes. Ich wollte mir mal den Uluru ansehen.«
    »Bist du ein Telepath?«
    »Ich? Nein.« Daa’tan zeigte kommentarlos auf das Bugfenster. Die Roziere näherte sich einem großen zerfallenen Gebäudekomplex.
    »Es ist tatsächlich eine Fabrik!«, sagte Victorius, während das Luftschiff den äußeren Ruinenring entlang tuckerte.
    »Siehst du, wie die Gebäude
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