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195 - Verloren im Outback

195 - Verloren im Outback

Titel: 195 - Verloren im Outback
Autoren: Stephanie Seidel und Ronald M. Hahn
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kurze, nicht enden wollende Zeitspanne war sie bereit, dem Drängen der Stimme nachzugeben – doch gleichzeitig regte sich Widerstand.
    Sie war eine freie Kriegerin. Sie wollte kein Gefäß für irgendetwas sein – weder für eine tödliche Substanz noch für ein Lebewesen, das andere zwang, seinen Interessen zu dienen.
    Ja, sie würde Rache nehmen, wenn es möglich war – aber aus freien Stücken und nicht als gedungene Attentäterin.
    Wudan!, schrie sie in Gedanken um den Beistand ihres Gottes. Wenn ich wirklich deine Auserwählte bin, steh mir jetzt bei!
    Wäre sie kräftig genug gewesen und hätte sie ein Schwert gehabt, wäre sie aus der Wanne gesprungen und hätte sich den Weg aus diesem Labyrinth freigekämpft. Doch dazu fehlte ihr die Kraft. Sie hatte zu lange gelegen, und die in ihren Körper sickernde Flüssigkeit lähmte ihre golden glänzenden Arme und Beine. Die Flüssigkeit… Der See…!
    Sie watete bis zu den Hüften darin. Die Monstrosität mit den um sich schlagenden Tentakeln, die den Segler hinter sich her schleifte, tauchte aus den nächtlichen Fluten auf.
    Kapuzenbewehrte Schwertkämpfer sprangen über die Reling.
    Ihre Schwerter sprühten Funken.
    Ein wie irrsinnig bellender Vierbeiner rannte am Ufer entlang.
    Eine schmächtige Birke, nicht größer als Aruula, zog ihre Wurzeln aus der Erde und torkelte zur Wasserlinie.
    »Ich bin dein Schicksal«, wisperte ihr Blattwerk. »Und auch das seine… «
    Alles zerfloss zu einem mentalen Inferno. Wudan wuchs in der Gestalt eines Zwergs in roter Kutte vor ihr aus dem Boden.
    Hilf mir, flehte Aruulas Geist. Ich verglühe.
    »Egros hcid thcin, niem Dnik«, sagte Wudan und segnete sie, auf dass sie seine Sprache verstand. »Ich bin bei dir. Erinnere dich an die Tage deiner Kindheit! Habe ich dich nicht immer beschützt?«
    »O ja, das hast du«, stöhnte Aruula.
    »Dann geh dorthin zurück und halte die Erinnerung fest! So kannst du dem Schmerz der Gegenwart entgehen. Komm, ich leite dich. Folge mir…«
    ***
    Schmutzig braune Fontänen schossen hoch, als Daa’tan klatschend auf dem Wasser aufschlug. Gurgelnd und schäumend schloss sich die trübe Brühe über ihm, und er versank.
    Victorius hatte den Sturz beobachtet und war entsetzt. Der Ahne würde nicht erfreut darüber sein, dass Daa’tan geflohen war! Konnte er ihn zurückholen? Konnte er ihn retten?
    Wieder und wieder umrundete der Afraner den See, während Titana, dicht über dem Wasser flatternd, nach Lebenszeichen suchte. Doch sie fand keine, so tief sie auch ihre telepathischen Fühler ausstreckte. Schließlich kam Victorius zu dem Schluss, dass der junge Mann ertrunken war. Schweren Herzens rief er Titana zurück.
    Daa’tan hatte gewaltiges Glück gehabt, als er aus der Roziere sprang. Das brackige Wasser war nicht tief genug, und er hätte sich am steinigen Grund leicht die Beine brechen können.
    Doch sein Sturz wurde knapp über dem Boden des Sees von einem Kieselhaufen abgebremst, der innen weich zu sein schien und unter seinem Gewicht nachgab. Dann merkte Daa’tan, dass sich der Haufen bewegte. Er zerfiel nicht etwa, er wanderte davon!
    Im schwachen Restlicht der Sonne, das die veralgte Brühe durchdrang, war eine Art Seil zu erkennen. Es führte Richtung Ufer, und der Kieselhaufen folgte ihm. Zu langsam für Daa’tan; er brauchte Luft. Doch er wusste, dass Victorius und die PARIS noch da waren, und er wollte unentdeckt bleiben, deshalb tauchte er nicht auf.
    Stattdessen schwamm er über das wandernde Geröll hinweg und zog sich mit der Rechten das Seil entlang, während er mit der linken Hand sein Schwert umklammert hielt. Und wieder hatte er Glück, denn das Seil hing nicht ohne Grund im Wasser. Daa’tan spürte plötzlich von Algen bewachsenes Metall unter seinen tastenden Fingern und erkannte, dass er sich in einer eisernen Röhre befand.
    Im ersten Erschrecken wollte er umkehren, doch dann wurde ihm bewusst, dass das Rohr im leichten Winkel aufwärts führte, zur Oberfläche. Also biss er die Zähne zusammen und zog sich noch schneller vorwärts. Wenn er Victorius – und damit der ominösen Macht, die ihn lenkte – entkommen wollte, gab es nur diesen Weg! Bald versiegte das dämmrige Licht aus dem See, und es wurde dunkel. Daa’tan konnte sich nur noch blind vorantasten und fürchtete jede Sekunde, auf Widerstand zu stoßen, eine Mauer oder ein Gitter.
    Es wurde knapp. Erste Kreise drehten sich vor seinen Augen, und seine Lunge schien in Flammen zu stehen, als Daa’tan
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