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178 - Die vergessene Macht

178 - Die vergessene Macht

Titel: 178 - Die vergessene Macht
Autoren: Stephanie Seidel
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suchten, das angeblich magische Kräfte besaß.
    Hayes interessierte sich nur für die Kriegspläne der Deutschen. In letzter Zeit gingen beim MI6 vermehrt Hinweise auf einen möglichen Angriff ein (15.9.1940: Luftschlacht um England), und da zählte jede Quelle.
    Hayes war dankbar für alles, was The Volunteer ihm liefern konnte, denn auch die Dokumente ihrer Behörde enthielten manchmal nützliche Informationen. So auch dieser Aktenvermerk. Ein gewisser Herr Müller nannte darin die Koordinaten, an denen sich das Schwert Nuntimor befinden sollte, und bat darum, zwei Männer aus seiner Abteilung nach Cornwall mitreisen zu lassen.
    Ronald Hayes umkringelte den letzten Satz, griff zum Telefon und ließ sich mit der Admiralität in Plymouth verbinden. Müllers Bitte war an den Militärischen Geheimdienst adressiert, und da stand mitreisen , nicht reisen . Das konnte nur eines bedeuten: In den Gewässern vor Cornwall würde demnächst ein deutsches U-Boot kreuzen. Hayes kritzelte an den Rand des Aktenvermerkes: Hoffentlich bleibt M. lange im Amt!
    Dann schickte er das Papier zur Kenntnisnahme an seinen Stellvertreter Duncan Cavenaugh, von dem Hayes wusste, dass er eine gewisse Affinität für historische Schwerter hatte. Was Hayes nicht wusste, war, dass der junge Lord zu einer geheimen Bruderschaft gehörte, die sich Custoden nannte.
    Cavenaugh war erstaunt, als er das Dokument erhielt.
    Müllers Koordinaten zielten auf ein cornisches Küstendorf namens Portwrinkle. Dort hatten die Bellards ein Sommerhaus. Die Gewölbe unter den Grundmauern stammten noch aus römischer Zeit und dienten seit einigen Jahren als Versteck für Mordreds Schwert.
    Cavenaugh konnte sich nicht erklären, woher die Deutschen von Nuntimor wussten. Er suchte seinen Cousin Jonathan Bellard auf, den Leiter des Foreign Office, und zeigte ihm den Aktenvermerk. Sir Bellard zögerte nicht lange, rief in der Downing Street Nr. 10 an und bat um einen Termin beim Premierminister. Den bekam er auch, denn Lady Churchill war eine Freundin von Bellards zukünftiger Schwiegermutter, Prinzessin Eleonore von Kent.
    Es goss in Strömen, als Bellard die Downing Street erreichte. Ein Diener nahm ihm Mantel, Stock und Hut ab, kaum dass er die Eingangshalle betreten hatte.
    Dennoch hinterließ er kleine Pfützen auf dem schwarz und weiß gefliesten Boden, was recht peinlich war.
    Bellard wurde zu einem Salon geführt und bemühte sich unterwegs, nur auf schwarze Platten zu treten. Er wollte möglichst wenig Schmutzspuren hinterlassen, denn Churchill war cholerisch, und man wusste nie, was den Sechsundsechzigjährigen gerade in Rage brachte.
    Heute waren es eher Flieger als Fliesen. Irgendwo im ersten Stock knallte eine Tür, dann hörte man Churchill brüllen warum, zum Teufel, er eigentlich Aufklärungsflüge anordnen würde, wenn es in der Air Force nur blinde Piloten gäbe.
    »Schlechte Sicht, pah! Lahme Ausrede«, wetterte Churchill auf der Treppe weiter. »Die Krauts ziehen Truppenverbände an der Grenze zusammen (10.5.1940: Beginn der sog. Westoffensive: Einmarsch in Holland, Belgien und Luxemburg), und da muss erst einer in Holland auf einen Baum klettern, damit ich das erfahre?«
    »Es war kein Baum, Prime Minister. Es war eine einmotorige Propellermaschine«, verbesserte sein Persönlicher Assistent, was zur Folge hatte, dass Churchill rückwärts in den Salon kam.
    »Wenn Sie witzig sein wollen, Norrington, gehen Sie ins Cabaret! Sonst halten Sie die Klappe!« Er drehte sich um. »Morgen, Bellard.« Kurzer Blick durch den Raum, dann hielt er Norrington anklagend die Zigarre unter die Nase. »Warum steht hier kein Aschenbecher?«
    »Ich hole einen, Prime Minister.«
    »Das ist keine Antwort!« Schwer atmend ließ sich Sir Winston in einen Sessel fallen. Er musterte Norrington verächtlich, der zu einem Tisch eilte. Dann wandte er sich Sir Bellard zu.
    »Ein Schwert?«, fragte er übergangslos. »Der Spinner in Berlin tritt die Welt aus den Angeln, und Sie stören mich allen Ernstes wegen einer rostigen Antiquität?«
    Churchill trommelte auf der Sessellehne herum, als nicht gleich eine Antwort kam. So kannte ihn Bellard: ungeduldig, sprunghaft, anstrengend. Aber Churchill hatte auch einen brillanten Verstand und war, was in diesem Moment noch mehr zählte, der britische Premierminister. Er konnte helfen. Er allein hatte die Macht dazu.
    So weihte ihn Bellard in das Geheimnis der Custoden ein. Er schloss mit einer Bitte, und Churchill fragte ihn, ob er noch
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