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178 - Die vergessene Macht

178 - Die vergessene Macht

Titel: 178 - Die vergessene Macht
Autoren: Stephanie Seidel
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unzufriedenen Sohnes lag: Mordred, Emrys Richard Löwenherz und viele andere auf der langen Liste seiner Besitzer hatten ihre Väter gehasst.
    Müde legte er die Chronik beiseite und stand auf. Es gab ein letztes Geheimnis um das Schwert, und Bellard fragte sich gähnend, ob er noch ein Kapitel schreiben und es darin preisgeben sollte.
    Auf dem Weg zu seinem Schlafgemach kam er an einer Gemäldegalerie vorbei. Aus golden schimmernden Barockrahmen starrten seine Ahnen auf ihn herab, kühl und distanziert. Neben jedem Bild hing die Waffe, die der Entsprechende zu Lebzeiten getragen hatte. Gewehre und Säbel machten den Anfang.
    Bellard blieb stehen, als er die Schwerter erreichte. Sie waren durchweg gut gepflegt; manche sahen sogar aus, als wären sie nie zum Einsatz gekommen. Bei den ältesten Modellen schien es sich jedoch um Nachbildungen zu handeln. Eine echte Antiquität hätte man hinter Glas gehängt und nicht an simple Messinghaken.
    Lord Bellard streckte die Hand aus. Er lächelte, als er fast zärtlich über eine der Klingen strich.
    Nuntimor hatte die Geschichte Englands mitgeprägt, und egal wohin es seine eigene Geschichte führte, irgendwie war das rätselhafte Schwert immer zurückgekehrt. Der alte Lord wandte sich ab und nickte versonnen. Diesmal würde es nicht anders sein.
    ***
    9. November 2522
    »Ich werde sterben!«, flüsterte Crologg, heiser vor Entsetzen. Er lag bäuchlings am Boden, in der Stille und Dunkelheit einer Todesfalle, aus der es kein Entrinnen gab. Seine Fackel war erloschen, die Luft wurde knapp.
    Hin und wieder knirschte es über ihm, was gellende Angstschreie auslöste. Crologg wusste, dass er nicht auf Rettung hoffen brauchte – es war niemand da, der helfen konnte.
    Nebenan hatten gläserne Splittergeschosse Jack und Haid zerschlitzt; Gill lag aufgespießt im Labyrinth der falschen Goldschätze, und Edward hing an einem Eisengitter unter Wasser fest. Alle waren aus demselben Grund gestorben.
    »Für ein Schwert! Dieses verfluchte Schwert!« Crologg hätte am liebsten ausgeholt und mit der Faust aufgeschlagen. Doch das ging nicht. Knapp über ihm schwebte eine tonnenschwere Steinplatte. Die Gewölbedecke war herunter gekommen, und sie hatte ihn in diesem Raum ohne Ausgang an den Boden genagelt.
    Dass er überhaupt noch lebte, verdankte Crologg dem hohen Alter der Anlage. Die Mechanik arbeitete fehlerhaft, etwas hatte sich verhakt und aus der fließenden Sinkbewegung ein sporadisches Rucken gemacht. Doch das wusste der Mann mit den roten Augen nicht. Es wäre ihm auch herzlich egal gewesen.
    »Grao!«, hörte er eine überraschte Stimme sagen.
    Crologg fuhr hoch, stieß sich den Kopf an und fluchte verhalten. Er hatte Daa’tan völlig vergessen! Er wollte auch nicht an ihn erinnert werden. Der Junge, der Antworten von sich gab, wenn niemand eine Frage stellte, war Crologg nicht geheuer. Daa’tan besaß eine merkwürdige Aura, die einem das Gefühl vermittelte, er sei… anders. Überlegen, irgendwie. Jetzt oder nimmer war der Moment, ihn klein zu kriegen.
    »Fang nicht an, nach deinem Onkel zu heulen, Daa’tan!«, sagte Crologg kühl. »Du hast die ganze Zeit nicht an Grao Sahib gedacht, und nun ist er tot.«
    »Ist er nicht!«
    »Doch, natürlich. Er war schon tot, als wir hörten, dass du Toms Piratenmesser gefunden hast!« Crologg lachte.
    »Unglaublicher Zufall, das! Wir hatten uns auf eine elend mühsame Suche im Borabundu eingestellt, und da kommt ein dummer Bengel daher und kennt die Wegweiser!«
    »Ich bin kein dummer Bengel!«, scholl es aus der Finsternis.
    »Selbstverständlich bist du das.« Crologg hielt den Atem an, als über ihm wieder dieses schreckliche Geräusch erscholl; Stein und Eisen, die sich irgendwo rieben. Da war ein Ruck, dann verstummte es wieder.
    Crologg stieß die Luft aus. Es ärgerte ihn, dass Daa’tan trotz der Todesgefahr keinen Mucks von sich gab. Er hätte schreien müssen, zappeln und weinen. Warum tat er das nicht?
    »Du bist sogar sehr dumm!«, behauptete Crologg.
    »Jeder vernünftige Junge hätte sich gewundert, wenn ein Kapitaan mit ihm spielt, statt sich um sein Schiff zu kümmern. Aber du nicht.«
    »Kapitaan Bell ist eben nett«, sagte Daa’tan.
    »Siehst du, ich sag’s ja: dumm, dumm, dumm!«
    Crologgs Stimme wurde kalt. »Roddy Bell ist nicht nett , er ist der Grandlord von Cornwall! Er braucht das Schwert, weil er Ausala erobern will – und er brauchte dein Vertrauen, damit du ihm Nuntimor beschaffst. Deshalb war er nett zu
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