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0444 - Ich, der Diamanten-Marder

0444 - Ich, der Diamanten-Marder

Titel: 0444 - Ich, der Diamanten-Marder
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Kein Muskel bewegte sich in Andy Andovers Gesicht, als die Handschellen einschnappten. Zwei Beamte flankierten ihn und führten ihn über den schmalen Gang des Zentralzuchthauses von Jersey City. Es schlug genau zwölf Uhr, als die drei schweigenden Gestalten am Hauptportal anlangten.
    »Hoffentlich sehen wir dich hier nie wieder«, knurrte der Wärter, als er dem Gefangenen die Fesseln abnahm. Es war eigentlich überflüssig, Häftlinge bei der Entlassung nur gefesselt zum Ausgang zu führen, aber es war Vorschrift.
    »Davon dürft ihr überzeugt sein«, brummte Andy und rieb sich die Handgelenke. Er hatte auf den Tag genau sechs Jahre abgesessen und kam sich in seinem alten Anzug reichlich mager vor. Ohne Hast nahm er den schmalen Pappkarton entgegen, in dem sich die Klamotten befanden, die man bei seiner Verhaftung bei ihm gefunden hatte. Achtlos steckte er den Entlassungsschein ein, dann sah er auf die Uhr.
    »Zwei Minuten zu spät«, stellte er fest.
    »Keine Angst, du kommst noch früh genug ’raus«, sagte der Wärter und zog den Riegel zurück. Ohne sich zu verabschieden, trat Andy auf die Seitenstraße hinaus und blinzelte kurz in die grelle Sonne. Mechanisch wandte er sich nach links und hielt sich dicht an der hohen Backsteinmauer. Genau einhundertelf Dollar hatte man ihm als Arbeitslohn ausgehändigt, den Rest hatte er verbraucht.
    Andy wußte, daß er damit höchstens zwei Tage reichte, aber um die Zukunft machte er sich keine Sorgen. Er hatte einen genauen Plan im Kopf.
    Andy verlangsamte seinen Schritt, als er an die nächste Kreuzung kam. Als eine halbe Minute später ein Taxi aufreizend langsam über den Asphalt kroch, winkte Andy. Er riß die hintere Tür auf, ließ sich in den Fondsitz fallen und gab dem Fahrer eine Adresse in Manhattan an.
    »Sie können sich Zeit lassen«, sagte Andy und räkelte sich im Sitz. Es war ein ungewohntes Gefühl für ihn, im Taxi kutschiert zu werden.
    Erst als sie den Holland Tunnel erreicht hatten, bekam sein Gesicht den verschlossenen Ausdruck wieder. Er saß jetzt zusammengesunken da und verbrannte sich fast die Finger an der Kippe.
    »Hier ist die Canal Street«, sagte der Driver und bog in die belebte Straße ein. »Wollen Sie bis zum Broadway?«
    »Weiter bis zur Manhattan Bridge«, gab Andy an. Gleichmütig wiederholte der Driver die Anweisung und legte den zweiten Gang ein. Das Yellow Cab schoß vorwärts und erwischte gerade noch die nächste Grünphase an der Verkehrsampel. Nach vier Minuten hatten sie den South Viaduct erreicht, gegenüber der Manhattan Bridge, die Manhattan mit Brooklyn verbindet.
    »Stop«, sagte Andy und packte seinen Karton fester. Mit quietschenden Reifen hielt das Taxi dicht am Bordstein. Andy bezahlte und stieg aus.
    Direkt neben mir stoppte ein Lieferwagen einer Wäscherei.
    Ich nahm die Sonnenbrille ab, schob mir die Taxifahrermütze ins Genick und blickte in den Lieferwagen. Mit einem Kopfnicken deutete ich auf Andy Andover, der fast auf der anderen Straßenseite angekommen war.
    Phil öffnete die Beifahrertür des Lieferwagens, rief dem Kollegen am Steuer noch ein paar Worte zu und übernahm die weitere Beschattung. Er schlenderte in seinem blauen Overall hinter Andy her und sah aus wie ein Monteur, der gerade Mittagspause macht.
    Ein paar Yard weiter stellte ich das Taxi auf dem. Parkstreifen ab, deponierte das erhaltene Geld im Handschuhfach und legte den Zündschlüssel daneben. Über Sprechfunk verständigte ich Jim, wo ich seinen Wagen abgestellt hatte, und wechselte in den wartenden Lieferwagen, der mit einem Kollegen vom FBI besetzt war.
    »Hat tadellos geklappt«, sagte er zufrieden.
    »Okay«, grinste ich. »Hoffentlich hat Andover keine Lunte gerochen. Er muß doch direkt annehmen, daß er nicht unbeobachtet bleibt. Bei einer halben Million Dollar würde sogar der Gouverneur eine Woche zu Fuß gehen.«
    »Im Gefängnis verliert man oft den Blick für die Realitäten. Wahrscheinlich nimmt Andover an, daß über die Geschichte längst Gras gewachsen ist. Sechs Jahre sind eine lange Zeit.«
    Ich gab ihm recht. Vor zwei Tagen erst hatte ich die ganzen Prozeßberichte noch einmal durchgelesen. Es war kein sensationeller Fall gewesen, dieser Diamantendiebstahl in Bronx. Andy hatte eine Menge Fehler gemacht, und Clark S. Bryan hatte den Diebstahl schon nach einer Stunde bemerkt.
    Vierundzwanzig Stunden später hatte Andy in Untersuchungshaft gesessen. Aber über den Verbleib der Schmuckstücke hatte er wie ein Grabstein
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