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1771 - Der Tempel der Mondgoettin

Titel: 1771 - Der Tempel der Mondgoettin
Autoren: Unbekannt
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war, daß man Dan-Sandin in der Öffentlichkeit gesehen hatte, und es gab sogar Stimmen, die behaupteten, daß er gar nicht mehr lebte, sondern einer oder mehrere Priester das Regime im Bereich der Sandin-Crypers führten. Schon bald nach dem Besuch des Archivs wollte Michael sich mit seinem Vater treffen, der sich zur Zeit auf dem Planeten Schingo aufhielt, um sich unter anderem über Dan-Sandin zu unterhalten.
    Der Tod von Maschtar Kaiddan, der Dao-Lin-H'ay angelastet wurde, mußte Konsequenzen haben.
    Der Terraner war sicher, daß die Handelsfürsten darauf reagieren würden, und ihr Verhalten mußte zwangsläufig Auswirkungen auf die Pläne und Unternehmungen der Crypers haben. So griff ein Rad ins andere, und es war gut, sich so früh wie möglich über die Zusammenhänge zu informieren, damit man nicht überrascht wurde.
    An der Tür blieb er stehen und beobachtete Djouston, der so in die Betrachtung dargestellter, archäologischer Schätze vertieft war, daß er ihn nicht bemerkte.
    Er hatte von Djouston gehört, und er wußte, daß man ihn an Bord spöttisch SM nannte. Der kleine, blonde Mann mit den kurzen Haaren arbeitete irgendwo im Kommunikationsbereich. Obwohl er bereits seit einigen Jahren an Bord der MONTEGO BAY weilte, waren sie sich noch nie begegnet.
    Michael wußte jedoch, daß Djouston ein fähiger Mann war, der schon auf anderen Raumschiffen tätig geworden war. Unter anderem hatte er auf Raumern Coram-Tills technische Einrichtungen installiert.
    Michael beobachtete, wie Djouston sich einige Notizen machte, dann das beschriebene Blatt zur Seite legte und nach einem anderen griff, auf dem nur wenige Notizen standen. Endlich merkte der Kommunikationstechniker, daß er nicht mehr allein war. Unendlich langsam drehte sich sein Kopf, und er blickte Michael an. Seine Lippen lockerten sich und entblößten die blendend weißen Zähne. Er lächelte.
    „Hallo", sagte Michael Rhodan und ging zu einem Sessel am Ende der Monitorreihe. Als er dort ankam und sich setzte, antwortete Connemar Djouston.
    „Hallo!"
    Michael Rhodan konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. SM machte seinem Namen alle Ehre.
    Slow-Motion nannte man ihn, und Djouston bewegte sich tatsächlich so, als sei bei ihm alles extrem verlangsamt. Er kannte wohl keine schnellen oder gar hastigen Bewegungen. Wenn ein anderer nach einem Schreibstift griff, ihn aufnahm und zum Schreiben ansetzte, dann benötigte er dafür maximal zwei Sekunden. Bei SM dauerte es etwa zwanzig Sekunden, bis er den Stift soweit hatte.
    Seltsamerweise beeinträchtigte seine Art sich zu bewegen die Qualität seiner Arbeit nicht.
    Djouston schien die Ereignisse voraussehen zu können. Fiel etwas aus der Höhe auf ihn herab, so trat er schon zur Seite, bevor sich der Gegenstand über ihm gelöst hatte. Doch schneller hatte der Techniker sich deswegen nicht bewegt. Es schien, als kalkuliere er von vornherein für jede Bewegung mehr Zeit ein, so daß er gar nicht erst in die Verlegenheit kam, sich mit einem Sprung zur Seite zu retten.
    Ein Wunder, daß er nicht zwischendurch einschläft! dachte Michael, der Djouston für sich als Antizipator einstufte, einen Mann, der stets vorausahnte, was im nächsten Sekundenbruchteil geschehen würde, und der entsprechend darauf reagieren konnte. Diese Fähigkeit kam jedoch offensichtlich nur zur Geltung, wenn es um für ihn wichtige Ereignisse ging. Andere Ereignisse, die in seinen Augen von geringer Bedeutung waren, drangen nur sehr langsam an sein Bewußtsein vor.
    Michael wandte sich dem Monitor zu und teilte der Syntronik mit gedämpfter Stimme mit, was er wollte. Er hatte noch nicht ausgesprochen, als die ersten Informationen erschienen, und er begann zu lesen.
    „Ich hoffe, ich störe dich nicht?" fragte Connemar Djouston.
    Michael atmete tief durch. Er schätzte, daß etwa vier bis fünf Minuten vergangen waren, seitdem er an dem anderen vorbeigegangen war. Entsprechend spät kam die Frage.
    Er wunderte sich, daß ein solcher Mann auf der MONTEGO BAY überhaupt Dienst tun konnte.
    Mußte die Zusammenarbeit mit ihm nicht für jeden anderen ungeheuer anstrengend sein?
    „Keine Sorge", erwiderte er. „Ich habe es nicht eilig, und ob ich mir meine Infos jetzt oder später hole, ist eigentlich ziemlich egal."
    SM erhob sich in seiner langsamen Art und kam zu ihm. Michael beobachtete ihn, und er war fasziniert. Er hätte nicht gedacht, daß ein Mensch sich so langsam bewegen konnte, ohne daß es gekünstelt aussah.
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